Filmkritik | "7 Days in Entebbe"
Daniel Brühl entführt als deutscher Kämpfer auf Seiten palästinensischer Terroristen ein Flugzeug. "7 Days in Entebbe" fußt auf einer wahren Begebenheit, bietet aber zu viele Erzählperspektiven - und stellt auf problematische Weise Kampf und Kunst nebeneinander. Von Fabian Wallmeier
Vier Terroristen entführten am 27. Juni 1976 ein Air-France-Flugzeug auf dem Weg von Tel Aviv - zwei Mitglieder der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) und zwei linksextremistische Deutsche. Ihr gemeinsames Ziel: die Freilassung palästinensischer Terroristen, die in Israel inhaftiert waren. Sie landeten in Entebbe, Uganda, wo sie Unterstützung vom dortigen Diktator Idi Amin erhielten. Sieben Tage lang hielten sie im Terminal die Geiseln gefangen - bis israelische Truppen der Geiselnahme gewaltsam ein Ende bereiteten.
José Padilha erzählt basierend auf den historischen Fakten die Geschichte der Geiselnahme aus mehreren Perspektiven, schwerpunktmäßig aus der Sicht der vier Entführer und aus der Sicht der israelischen Regierung, die schließlich den Militäreinsatz beschließt.
Daniel Brühl spielt den deutschen Terroristen, der von allen Bonni genannt wird, in Wahrheit aber passenderweise Wilfried Böse heißt. Bonni redet hitzig von der internationale Revolution gegen "den faschistischen zionistischen Staat Israel" und er sieht sich als Befreier. Es ist eine zwielichtige Arschloch-Rolle, die Brühl gut steht. Fast so gut, wie Rosamund Pike die 1970er-Jahre-Pornobrille, das fast akzentfreie Deutsch und das merkwürdigerweise nicht nach deutschem Akzent klingende Englisch stehen. Sie spielt die Terroristin Brigitte Kuhlmann recht eindringlich und ist die härtere Figur der beiden.
Die israelischen Regierungsmitglieder und Militärs, darunter Yitzhak Rabin und Shimon Peres, müssen bei Padilha verrückterweise Englisch mit hebräischem Akzent sprechen. Nur die israelischen Geiseln dürfen Hebräisch sprechen. Mehr Untertitelung ist dem Publikum dieser amerikanisch-britischen Coproduktion aus Sicht der Macher offenbar nicht zuzumuten.
Das Hin und Her zwischen den Perspektiven lähmt den Film: Nie ist man lange genug an einer Figur dran, um sie wirklich interessant zu finden oder gar mitzufiebern. Das ist schade, denn der rasante Schnitt ist zusammen mit der erdigen Farbgebung eigentlich der größte Trumpf des Films.
José Padilha, 2008 für "Tropa de Elite" mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet, stellt seinen neuen Film außer Konkurrenz vor. Das ist wohl auch ganz gut so - denn nicht mal in diesem bislang außerordentlich schwachen Wettbewerbsjahrgang hätte "7 Days in Entebbe" Chancen auf eine der Auszeichnungen gehabt.
"Ich kämpfe, damit du tanzen kannst", sagt einer der israelischen Soldaten zu seiner Freundin, in einer der vielen Rückblenden. Diese Nebeneinanderstellung strukturiert den Film. Er beginnt und endet mit einer Tanzaufführung. Höchst problematisch ist dabei die Parallelmontage vor allem am Ende: Während die Elite-Soldaten das Terminal von Entebbe stürmen, wird hin und her geschnitten zwischen den sich nach hinten werfenden Tänzern und den von Schüssen getroffenen Fallenden im Militäreinsatz. Diese unmittelbare logische Verknüpfung von Kampf und Kunst hat das Tanztheater nun wirklich nicht verdient.
Sendung: Inforadio, 19.02.2018, 9.55 Uhr
Beitrag von Von Fabian Wallmeier
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