Amri-Untersuchungsausschuss
Zwei Polizisten, zwei unterschiedliche Aussagen: Wegen möglicher Falschaussagen zweier Beamter im Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags hat der Anwalt der Hinterbliebenen jetzt Anzeige gestellt.
Nach der Gegenüberstellung von zwei Polizisten im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz am Donnerstag steht Aussage gegen Aussage. Das bedeutet, dass mindestens einer der beiden Beamten als Zeuge im Ausschuss die Unwahrheit gesagt hat.
Da nicht geklärt wurde, wer die Wahrheit gesagt hat, stellte Andreas Schulz, Anwalt der Hinterbliebenen, am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage. Wörtlich heißt es zur Begründung: "Im Kernbereich der gestrigen Aussagen – die unter Wahrheitspflicht von beiden (…) erfolgten – sind eklatante Widersprüche feststellbar, welche Grund zu der Annahme geben, dass einer der Zeugen nicht wahrheitsgemäß ausgesagt hat."
Konkret geht es um die Frage, warum das Bundeskriminalamt (BKA) zehn Monate vor dem Anschlag Hinweise auf Terrorpläne des späteren Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri nicht ernst genommen hat.
In der Ausschusssitzung am 14.11.2019 hatte Kriminalhauptkommissar M., leitender Beamter des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen, behauptet, dass der Beamte K. des Bundeskriminalamtes ihm gegenüber im Februar 2016 geäußert hätte, es gäbe eine Anweisung führender Vertreter des BMI bzw. BKA, eine Vertrauensperson im Fall Amri "mundtot" zu machen. Dies sei im Rahmen eines Vier-Augen-Gesprächs gesagt worden. Gestützt werden die Angaben des NRW-Ermittlers von einem Oberstaatsanwalt am Bundesgerichtshof. Er sagte, der Polizist habe ihm damals von der Unterredung mit dem BKA-Beamten berichtet.
In einer dienstlichen Erklärung hatte der betreffende BKA-Beamte Philipp K. diesen Vorwurf unverzüglich zurückgewiesen. In der gestrigen Vernehmung im Bundestagsuntersuchungsausschuss blieben beide Zeugen bei ihrer Darstellung des Inhalts des Gesprächs.
Für Zeugen des Untersuchungsausschusses gilt, dass sie dazu verpflichtet sind, die Wahrheit zu sagen. Sie werden vorab belehrt, dass uneidliche Falschaussagen mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden können.
Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte gegenüber rbb24 Recherche, dies sei ein absehbarer und im Sinne der Opfer und Hinterbliebenen konsequenter Schritt. Sehr viel mehr aber als an der Strafverfolgung, sei er an der genauen Klärung der Hintergründe und der Motivlage des Bundeskriminalamtes beim Umgang mit dem Informanten im Fall Amri interessiert.
Sendung: Abendschau, 13.12.2019, 19:30 Uhr
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