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Video: rbb24 | 02.11.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: dpa/Kay Nietfeld

Beratungen zu strittigen Finanzfragen

Bund und Länder einigen sich bei Gas- und Strompreisbremse

Bund und Länder haben am Mittwoch mehrere strittige Finanzfragen geklärt. Neben der Finanzierung des 49-Euro-Tickets wurden Details zu gedeckelten Energiekosten beschlossen, sowie höhere Bundeshilfen für die Versorgung von Flüchtlingen.

Bund und Länder haben sich am Mittwoch auf eine Gas- und Strompreisbremse verständigt. Beim Gaspreis soll die Deckelung bei zwölf Cent pro Kilowattstunde liegen, beim Strompreis bei 40 Cent, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin nach den Beratungen im Kanzleramt mit den Ministerpräsidenten und -präsidentinnen der Länder.

Offen bleibt, ab wann die geplante Gaspreisbremse greifen wird. Laut Bund-Länder-Beschluss soll sie zum 1. März 2023 eingeführt werden, doch eine Rückwirkung zum 1. Februar "wird angestrebt". Der Gaspreis für Privatkunden soll dabei auf 12 Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs gedeckelt werden, der für Fernwärme auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde.

Nach Angaben der Staatskanzlei soll die Abschlagszahlung für Gas im Dezember für die Haushalte und kleine sowie mittlere Unternehmen vollständig vom Staat übernommen werden. Möglichst rückwirkend zum 1. Februar solle ein Grundverbrauch beim Gas für diese Abnehmer gedeckelt werden.

Eine Strompreisbremse soll den Angaben nach ab Januar für Haushalte und Unternehmen gelten und den Strompreis bei 40 Cent pro Kilowattstunde deckeln. Finanziert werden soll das laut Scholz unter anderem durch die Abschöpfung von Zufallsgewinnen der Energiekonzerne.

Weitere Entlastungen soll es für Industrieunternehmen geben. Für Härtefallregelungen stünden weitere 12 Milliarden Euro bereit, davon allein 8 Milliarden für die Sicherung von Kliniken und Pflegeeinrichtungen, so die Staatskanzlei.

Über den Fonds sollen Bund und Ländern zufolge zudem "gezielte Hilfen" für Kultureinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sprach von einer Milliarde Euro.

Auch für kleine und mittlere Unternehmen könnte es eine Härtefallregelung geben, die aber noch gesondert ausgehandelt werden soll. Der Bund will dafür ebenfalls eine Milliarde Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds bereitstellen.

Finanziert werde dies aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes mit 200 Milliarden Euro, erklärte die Staatskanzlei. "Ein Teil der erheblichen öffentlichen Kosten soll durch Abschöpfen der sogenannten Zufallsgewinne zum Beispiel bei Stromerzeugern finanziert werden." Von Zufallsgewinn spricht man, wenn ein unvorhergesehener, nicht eingeplanter bzw. nicht einplanbarer Gewinn entsteht.

Finanzielle Hilfen in der Energiekrise

Was Studierende und Rentner vom Entlastungspaket bekommen

Bei den ersten Hilfspaketen vom Bund sind Studierende, Auszubildende und Rentner kaum oder nicht berücksichtigt worden. Dafür gab es viel Kritik. Mit dem dritten Entlastungspaket soll sich das nun ändern. Wer was bekommt und was zu beachten ist.

Laut Beschluss wollen sich Bund und Länder auch die Kosten für die geplante Reform beim Wohngeld teilen. Es bleibe dabei, dass die staatliche Hilfe für Geringverdiener zur Hälfte von den Ländern finanziert werde, hieß es. Eigentlich wollten die Länder das Wohngeld finanziell nicht mehr mittragen. Damit ist auch diese Hürde aus dem Weg und der staatliche Mietzuschuss für Menschen mit geringen Einkommen kann wie geplant zum 1. Januar reformiert werden. Er soll dann um durchschnittlich 190 Euro pro Monat steigen. Außerdem soll er an 1,4 Millionen Bürger mehr gezahlt werden als bisher. Es geht um Kosten von 5,1 Milliarden Euro.

In puncto Holzpellets und Ölheizungen sind noch keine Regelungen beschlossen worden. Es seien aber Entlastungen geplant, heißt es im gemeinsamen Beschluss.

Woidke und Giffey äußern sich positiv

Die Konferenz hat aus Sicht des Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) deutliche Fortschritte bei Entlastungen wegen der hohen Energiepreise gebracht. "Das Gesamtpaket wird eine starke Wirkung haben und viele entlasten", sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur. Auch soziale Aspekte würden berücksichtigt. "Wichtig ist mir auch, dass diejenigen, die in der Krise viel verdienen, an den Kosten beteiligt werden." Die Brandenburger Landesregierung will mit einem eigenen Rettungsschirm in Höhe von zwei Milliarden Euro weitere Entlastungen finanzieren.

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey wertete die Ergebnisse der Bund-Länder-Runde zum Umgang mit den Folgen der Energiekrise als "großen Erfolg für Deutschland". "Bund und Länder haben sich auf einen Weg geeinigt, der die Menschen bundesweit gut und sicher durch diese Krise bringen wird", erklärte die SPD-Politikerin nach den Beratungen.

Beschlossen wurde bei den Beratungen am Mittwoch auch, dass sich der Bund mit zusätzlichen Mitteln in Milliardenhöhe bei der Unterbringung von Flüchtlingen beteiligt. Für das laufende Jahr wolle der Bund zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung von Geflüchteten unter anderem aus der Ukraine zur Verfügung stellen, sagte Kanzler Scholz.

Bisher hatte der Bund den Ländern für das laufende Jahr zwei Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen aus der Ukraine zugesagt. Für das kommende Jahr wolle der Bund noch einmal 1,5 Milliarden Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen, sagte Scholz. Für Menschen aus anderen Ländern als der Ukraine, die in Deutschland Schutz suchten, will der Bund laut Beschluss eine jährliche Pauschale von 1,25 Milliarden Euro geben.

"Diese Pauschale löst die bisherigen Pauschalen, insbesondere für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, ab. Die finanzielle Unterstützung des Bundes soll auch den Kommunen zugutekommen", heißt es in dem Papier.

"Deutschlandticket" kommt

Bund und Länder einig über Finanzierung des 49-Euro-Tickets

Bund und Länder haben sich am Mittwoch auf die Finanzierung eines Nachfolgers für das Neun-Euro-Ticket aus dem Sommer verständigt. "Deutschlandticket" soll es heißen. Ab wann ist allerdings noch unklar.

"Das ist eine gute Verständigung, die uns in die Lage versetzt, die Aufgaben zu bewältigen, vor denen wir alle in dieser Hinsicht stehen", sagte Scholz. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schilderte die Schwierigkeiten bei der Aufnahme Geflüchteter. "Die Kommunen haben allergrößte Mühe, überhaupt einigermaßen menschenwürdige Unterkünfte bereitzustellen", sagte er. NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) betonte, die Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine sei eine große Aufgabe. Anders als 2015 kämen viele Frauen und Kinder, deshalb gehe es auch um Schul- und Kitaplätze. Im Zusammenhang mit den Finanzzusagen des Bundes sprach er von einem Kompromiss. "Mehr geht immer, die Wünsche kennen keine Grenzen, aber da haben wir heute, glaube ich, was geschafft."

Auch beim geplanten 49-Euro-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr wurden am Mittwoch strittige Finanzierungsfragen geklärt. Laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) soll das Ticket nun "so schnell wie technisch möglich" kommen. Ob es zum Jahresbeginn schon gelingt, ließ er offen.

Im Oktober waren viele Fragen offen geblieben

"Wir haken uns unter und wir lösen die Probleme unseres Landes gemeinsam", sagte Scholz nach den Beratungen. Die Verständigung zur Finanzierung von Entlastungsmaßnahmen sei sehr sorgfältig vorbereitet und dann zügig gefunden worden. Bei der vorherigen Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober waren viele Fragen offen geblieben. Bund und Länder standen diesmal unter Einigungsdruck.

Sendung: rbb24 Abendschau, 02.11.2022, 19:30 Uhr

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