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Quelle: dpa/Schoening

rbb-Krise

Teure Verträge aus alten Zeiten

Beim rbb sind nach Kontraste-Informationen unter der Intendantin Patricia Schlesinger zahlreiche Mitarbeiter in den Vorruhestand gegangen – mit teils hohen Bezügen. Zudem erhalten ehemalige Direktoren seit Jahren üppige Ruhegelder. Von Gabi Probst

Im Jahr 2021 beschäftigte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) 2.058 festangestellte Mitarbeiter. Nach Kontraste-Informationen sind in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 54 in den Vorruhestand gegangen. 29 Mitarbeiter waren dabei jünger als 62 Jahre. In vielen Fällen wird es dafür legitime Gründe gegeben haben. Aber unter den Vorruheständlern waren auch Führungskräfte, für die man offenbar keine Verwendung mehr hatte.

So ging im vergangenen Jahr etwa der ehemalige Kulturchef in den vorzeitigen Ruhestand. In der Presseerklärung vom rbb hieß es dazu: "…er wird sein Engagement als Buchautor verstärken." Tatsächlich sollte er wohl seinen Posten als Hauptabteilungsleiter abgeben.

Auf Anfrage schreibt er: "Die seinerzeit erwogene Alternative war im Sender zu bleiben und meine Stelle weiterhin zu besetzen bei dann zu findender Profilbeschreibung." Er habe sich dann entschieden, das Angebot, in den Vorruhestand zu gehen, anzunehmen. Seitdem bekommt er monatlich rund 7.800 Euro vom rbb.

Vorruhestandsgeld: 70 Prozent vom Brutto

Für einen Vorruhestand können Unternehmen Regelungen im Tarifvertrag schaffen. Im aktuellen rbb-Tarifvertrag gibt es eine solche Regelung indes nicht. Die Pressestelle teilt mit, dass man sich bei den Vorruhestandsregelungen auf den alten Vorruhestandstarifvertrag des Sender Freies Berlin (SFB) beziehe. Dieser habe zwar seit der Fusion vom Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) und SFB im Jahr 2003 keine Gültigkeit mehr, doch es gebe einen Beschluss der Geschäftsleitung von 2005 dazu.

Demnach "können Vorruhestände individuell" vereinbart werden. Das Vorruhestandsgeld orientiere sich an den Regelungen im alten Tarifvertrag, wonach dieses 70 Prozent des Bruttoeinkommens betrage. Allerdings erhalten Vorruheständler regelmäßig eine gekürzte Betriebsrente. Einen grundsätzlichen Anspruch auf Vorruhestand gibt es nicht für alle Mitarbeiter.

Um die alte SFB-Regelung beim ehemaligen Kulturchef anwenden zu können, musste dieser von seinen Bezahlungen außer Tarif (AT-Verträgen) rückgestuft werden. Denn die SFB-Vorruhestandsregelung gilt "nicht für Arbeitnehmer/innen, deren Gesamtvergütung die tarifliche Höchstgrundvergütung übersteigt". Der ehemalige Kulturchef schreibt dazu: "Ich habe im Rahmen des Aufhebungsvertrages eine Rückstufung zum tariflichen Mitarbeiter zugestimmt."

Manager, Projektleiter, Revisorin: gut versorgt im Vorruhestand

Es gibt weitere Fälle, die Fragen aufwerfen: So erhält ein ehemaliger Geschäftsführer einer Tochterfirma des rbb, der 2018 mit 57 Jahren aus dem Sender ausschied, jährlich rund 100.000 Euro – ohne für den Sender zu arbeiten. Das Vorruhestandsgeld der ehemaligen Revisorin des rbb beträgt derzeit rund 7.800 Euro monatlich. Sie ging, genau wie ein rbb-Projektleiter, bereits mit 59 Jahren in den Vorruhestand.

Brisant dürften diese Fälle deshalb sein, da das Vorruhestandsgeld laut der alten SFB-Regelung "frühestens 60 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt" gewährt wird, zu dem Anspruch auf Altersrente besteht. Ginge man von einem Renteneintritt mit 65 Jahren aus, wären alle drei Personen mit unter 60 Jahren dafür zu jung gewesen.

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Planstellen teilweise gesperrt

Dazu kommt: Offenbar können teilweise keine neuen Mitarbeiter auf manche Stellen gesetzt werden. Dazu erklärt der rbb-Sprecher: "Wird eine Planstelle ganz oder teilweise zur Finanzierung eines Vorruhestands herangezogen, steht sie in diesem Umfang nicht zur Besetzung zur Verfügung und wird 'nicht anders vergeben'. (…) In 34 Fällen sind bzw. waren die Planstellen ganz oder teilweise zur Finanzierung gesperrt."

Die Personalratsvorsitzende des rbb, Sabine Jauer, kennt den Beschluss der Geschäftsleitung aus dem Jahr 2005 zur Anwendung des alten SFB-Vertrages nicht. Der Personalrat würde nur vereinzelt informiert, wenn Mitarbeiter verabschiedet würden, sagt Jauer.

Ähnliches Modell beim WDR

Die rbb-Regelung ist nicht die Regel in der ARD. So wurden beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und bei Radio Bremen in den vergangenen fünf Jahren keine Mitarbeiter in den vorzeitigen Ruhestand geschickt; es gebe keine derartige Vorruhestandsregel, heißt es auf Anfrage. Bei MDR, Radio Bremen, dem Saarländischen Rundfunk, dem Hessischen Rundfunk und dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) bevorzugt man unter anderem das Altersteilzeitmodell.

Beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) gibt es eine ähnliche Regelung wie beim rbb, aber verankert im Tarifvertrag - und vorerst nur noch bis 2022, um Planstellen abzubauen, so eine WDR-Sprecherin. In den vergangen fünf Jahren seien so 71 Vorruheständler verabschiedet worden. Beim Südwestrundfunk (SWR) gibt es ein derartiges Vorruhestandsmodell nur für Mitglieder des hauseigenen Symphonieorchesters, darüber wurden bislang 19 Stellen abgebaut. Zwei Orchester müssten zusammengelegt werden, heißt es vom SWR dazu.

Ruhegeld plus Hochschuljob

Dass so genannte Ruhegelder für ehemalige Direktoren von ARD und ZDF die Sender Millionen kosten, ist bereits bekannt. Nach Kontraste-Recherchen bekommt auch eine ehemalige Programmdirektorin des rbb dieses Ruhegeld. Sie war 2016 als neue Intendantin gehandelt worden; den Posten erhielt im Juli 2016 aber Patricia Schlesinger.

Seit ihrem Ausscheiden Anfang 2017 mit damals 53 Jahren bekommt die ehemalige Direktorin Ruhegeld. Unterlagen bestätigen, dass sie derzeit rund 8.200 Euro monatlich erhält. Insgesamt zahlte der rbb für sie bisher rund 500.000 Euro. Gleichzeitig arbeitet sie seit Oktober 2017 als Dozentin an einer Hochschule. Seit 2018 besitzt sie eine ordentliche Professur.

Auf Anfrage will sie sich dazu nicht äußern und schreibt: "Wir haben bei meinem Weggang vom rbb Verschwiegenheit vereinbart, daran halte ich mich."

9.500 Euro monatlich an Witwe

Die rbb-Dienstverträge der heutigen und Ex-Direktoren mit Ruhegeld sind keine Erfindung des rbb. Nach Kontraste-Informationen wurden diese im Jahr 2003 vom SFB übernommen. Schon in den 1980er Jahren hatten Intendanten und Direktoren des SFB also derartige Dienstverträge, für dessen Leistungen der rbb bis heute aufkommen muss. Auch unter der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger übernahm man ähnliche Dienstverträge.

Mindestens in einem Fall ist es so, dass das Ruhegeld sogar über der Summe des damaligen Gehaltes liegt. So zahlt der rbb einem ehemaligen SFB-Intendanten derzeit gut 13.100 Euro Ruhegeld monatlich, das sind rund 157.600 Euro im Jahr. Als Intendant hatte er ein Gehalt von rund 135.000 Euro jährlich. Die Witwe eines anderen ehemaligen SFB-Intendanten erhält derzeit monatlich rund 9.500 Euro, jährlich sind das rund 110.000 Euro.

Beitrag von Gabi Probst

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