Neuköllner Anschlagsserie
Einer der Hauptangeklagten im Zusammenhang mit der Anschlagsserie in Neukölln ist freigesprochen worden. Dabei ging es um den Vorwurf der Brandstiftung. Der Rechtsextremist wurde lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt.
Im Prozess nach einer Serie rechtsextremer Straftaten in Berlin-Neukölln hat das Amtsgericht Tiergarten einen der beiden Hauptangeklagten vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen. Das Gericht habe sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit von der Schuld Tilo P.s überzeugen können, sagte Richterin Ulrike Hauser am Donnerstag.
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte P. sowie Sebastian T., gegen den separat weiter verhandelt wird, vorgeworfen, Anfang Februar 2018 zuerst das Autos eines Neuköllner Buchhändlers sowie anschließend das des Linken-Politikers Ferat Kocak gemeinschaftlich angezündet zu haben. Sie hätten damit Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, einschüchtern wollen.
T. habe dabei die Autos angezündet, P. Schmiere gestanden, fassten die Staatsanwältinnen in ihrem Plädoyer zusammen. Sie beriefen sich dabei unter anderem auf abgehörte Telefongespräche und abgefangene Handynachrichten. Wegen der Beihilfe zur Brandstiftung plädierten sie für P. auf dreieinhalb Jahre Haft.
Dieser Einschätzung folgte das Gericht nicht: Zwar habe P. Kocak ausgespäht, dies reiche jedoch nicht für eine Verurteilung wegen Brandstiftung aus, sagte Richterin Hauser. Sie verurteilte den 39-Jährigen stattdessen für das mitangeklagte Anbringen von rechtsextremen Schmierereien und Aufklebern wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.
Nebenkläger Kocak zeigte sich vom Urteil enttäuscht: "Wir Betroffene bewerten diesen Freispruch als Freifahrtschein für Menschen, die weiterhin rechtsterroristisch agieren", sagte er dem rbb.
Das Berliner Landeskriminalamt rechnet der Anschlagsserie rund 70 Straftaten zu, darunter mindestens 14 Brandstiftungen und 35 Sachbeschädigungen. Sie wurden überwiegend zwischen Juni 2016 und März 2019 in Neukölln verübt.
Die Generalstaatsanwaltschaft zog 2020 die Ermittlungen zu den Anschlägen an sich - wegen des Verdachts, dass ein Staatsanwalt mit der AfD sympathisieren könnte. Mit Versäumnissen bei der Aufklärung der Anschlagsserie befasst sich seit Mai zudem ein Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.
Sendung: rbb24 Abendschau, 15.12.2022, 19:30 Uhr
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