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Quelle: dpa/J.Krick

Zoff im Berliner Senat

Gote und Spranger streiten um Organisation von Krankentransporten

Neuer Ärger zwischen Gesundheits- und Innensenatorin: Es geht um die Frage, wer für die Organisation von Krankentransporten in Berlin zuständig sein soll. Der Ton ist rau, wie Schreiben zeigen, die dem rbb exklusiv vorliegen. Von Angela Ulrich

Iris Spranger ist genervt. Die SPD-lnnensenatorin beschwert sich über ein "krudes Durcheinander", "unterschiedliche, voneinander unabhängige Aspekte", die "vermengt" würden, und meint damit ein Schreiben ihrer Gesundheitskollegin Ulrike Gote (Grüne). Der Brief an sie verkenne zudem "grob die Rechtslage".

Was ist passiert? Gote hat sich schriftlich bei Spranger beschwert. Es geht um die Zukunft von Krankentransporten in Berlin. Bisher vermittelt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin solche Transport-Anfragen, wenn sie über die zentrale Rufnummer 116117 einlaufen oder vor Ort durch den ärztlichen Bereitschaftsdienst beauftragt werden.

Doch die KV kündigte schon im vergangenen Dezember an, diesen Vermittlungs-Dienst einzustellen. "Es ist immer mehr geworden, wir können das nicht mehr stemmen", heißt es bei der KV, ohne dass konkrete Zahlen genannt werden. Ende Januar soll Schluss sein.

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"Ungesteuerte" Beanspruchung der 112?

Was kommt aber stattdessen? Gesundheitssenatorin Gote sorgt sich nun, laut Schreiben, dass dann "ungesteuert" der ohnehin überlastete Berliner Rettungsdienst auch für Krankentransportfahrten in Anspruch genommen würde, also die Notruf-Nummer 112 angerufen würde. Das "sollte unbedingt verhindert werden", schreibt die Gesundheitssenatorin und wirft ihrer Ressort-Kollegin Spranger vor, sich nicht tatkräftig genug für eine Lösung einzusetzen.

In Sprangers Haus wird gerade noch an der endgültigen Antwort gearbeitet, doch der Entwurf des Schreibens liegt dem rbb vor. Darin schreibt die Innensenatorin, dass sie sehr wohl "an einer schnellen und tragfähigen Lösung" für einen funktionsfähigen Krankentransport interessiert sei - aber dass ihr Haus dafür schlicht nicht zuständig sei.

Streit um Zuständigkeiten

Das sieht die Gesundheitsverwaltung anders und verweist auf das Berliner Rettungsdienstgesetz (RDG). In § 1 Absatz 1 ist da zu lesen: "Der Rettungsdienst umfasst die Notfallrettung und den Krankentransport". Und der Rettungsdienst liege nun mal in der Zuständigkeit der Senatsinnenverwaltung. Daher bitte man, schreibt Gote, "die bedarfs- und fachgerechte Versorgung mit Leistungen des Krankentransportes" sicherzustellen.

Spranger kontert, dass ihr Haus eben nicht zuständig sei für den Betrieb einer Krankentransportleitstelle. Dies müssten die privaten Transportunternehmen sowie die Kostenträger, wie zum Beispiel die Krankenkassen, selbst organisieren. Dafür findet sich ebenfalls ein Beleg im Rettungsdienstgesetz, unter § 5: Die Berliner Feuerwehr müsse nur einspringen, wenn die privaten Unternehmen zu Krankentransporten "nicht bereit oder in der Lage sind". Dies gelte, so Spranger, aber gerade nicht, wenn die Kassenärztliche Vereinigung die bisher freiwillige und unentgeltliche Vermittlung einstelle. Dann müssten sich die Versicherten selbst ein geeignetes Transportunternehmen suchen.

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Es gab Gespräche, aber keine Lösung

Eine koordinierte Vermittlung sei aber besser, sind sich die Senatorinnen eigentlich einig. Und Gespräche über die Zukunft von Krankentransporten hat es bereits gegeben - zwischen den Senatsverwaltungen Gesundheit und Inneres sowie Hilfsorganisationen. Ende Dezember und im Januar gab es Treffen. Dort hat der Landesverband Berlin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) angeboten, gemeinsam mit anderen Organisationen eine neue Leitstelle für die Vermittlung von Krankentransporten einzurichten – allerdings gegen Bezahlung. Die KV Berlin hat bisher kostenlos vermittelt. Und da ist die Frage: Wer zahlt? Woher soll das Geld kommen?

Laut DRK Berlin geht es aktuell um rund 80 bis 100 Krankentransportfahrten am Tag, die vermittelt werden müssen. 96 private Transportunternehmen stehen laut DRK dafür in Berlin bereit. Dabei geht es beispielweise um Fahrten von Patienten, die gehbehindert sind, aber eine Praxis erreichen müssen. Oder die nach Operationen Unterstützung brauchen – planbar und ohne Notfall.

Sollte das DRK die Koordinierung solcher Fahrten übernehmen, rechnet Sprecher Karsten Hintzmann damit, dass allein sechs bis acht Mitarbeitende nötig sind, um in der Kernzeit von 6 bis 22 Uhr telefonisch ansprechbar zu sein. Einen konkreten Kostenrahmen will Hintzmann nicht nennen. Im Rettungsdienstgesetz ist keine Bezahlung solcher Tätigkeit vorgesehen. Sollte sich das ändern, stellen sich auch vergaberechtliche Fragen, betont die Innenverwaltung.

Wie soll es weitergehen?

Klar ist: Die Zeit drängt. Auch wenn die Kassenärztliche Vereinigung zunächst weiter Krankentransportfahrten vermitteln wird. "Wir warten jetzt, ob die nächsten Gespräche Ergebnisse haben", heißt es von der KV. Aber bei dem angekündigten Ausstieg aus der Vermittlung bleibe es auf jeden Fall. Und damit bleibt auch der Druck auf Innen- und Gesundheitsverwaltung, eine Lösung zu finden, damit sich künftig Berlinerinnen und Berliner nicht tatsächlich selbst um Krankentransporte kümmern müssen.

Was zu zusätzlichen Spannungen zwischen den beiden Häusern führt: In ihrem Schreiben an Spranger holt Gote einen alten Vorschlag heraus, mit dem sie vorher schon abgeblitzt ist. Sie will den Rettungsdienst in die Gesundheitsverwaltung holen – bisher ist die Feuerwehr, und damit die Innenverwaltung, zuständig. Damit könne man "den Themenkomplex ambulante, rettungsdienstliche und stationäre Notfallversorgung in die Zuständigkeit und Verantwortung der Gesundheitsverwaltung" überführen, schreibt Gote.

Spranger lehnt postwendend ab und entgegnet harsch: Das "pauschale Angebot" zeuge von "Unkenntnis der Strukturen und Abläufe der Berliner Feuerwehr einschließlich ihres Rettungsdienstes". Und die Innensenatorin wird noch deutlicher: Da eines der Probleme die überlasteten Rettungsstellen sind, die im Zuständigkeitsbereich der Gesundheitsverwaltung liegen, "würde ich mir wünschen, dass die Gesundheitssenatorin sich um solche Probleme in ihrer eigenen Zuständigkeit kümmert".

Beitrag von Angela Ulrich

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