Zukunft der Karstadt-Warenhäuser
In der rot-grün-roten Koalition wächst der Unmut über das Agieren des österreichischen Signa-Konzerns in Berlin. Nach Berichten über nicht eingehaltene Zusagen des Mutterkonzerns der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt-Kaufhof fordern Fachpolitiker Konsequenzen - bis hin zur Aufkündigung der Zusammenarbeit.
Nach Angaben des Betriebsrats am Standort Wilmersdorfer Straße soll das Karstadt-Warenhaus dort in einem Jahr geschlossen werden, ohne dass es für die etwa 110 Mitarbeitenden eine Weiterbeschäftigungs-Perspektive gebe. In einer Absichtserklärung („Letter of Intent“/LOI) mit dem Senat hatte Signa 2020 für die Wilmersdorfer Straße erklärt, angestrebt werde eine Standortsicherung "für mindestens zehn Jahre". Allerdings ist Signa nicht Eigentümerin des Geländes und der Mietvertrag soll nicht verlängert werden.
Die Linke wirft Signa vor, nie daran interessiert gewesen zu sein, Standort- und Arbeitsplatzversprechen in der Wilmersdorfer Straße und anderen Berliner Warenhäusern einzuhalten. Es sei Signa-Gründer René Benko nur darum gegangen, sich mit "Erpressung" die Unterstützung des Senats für große Signa-Bauprojekte am Alexanderplatz, am Kurfürstendamm und am Hermannplatz zu sichern. Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linkspartei, fordert deshalb, "die Zusammenarbeit mit Signa einzustellen". Die Bauvorhaben sollten sofort gestoppt werden.
Skepsis auch bei der SPD, deren Stadtentwicklungssprecher Mathias Schulz betont: "Der Letter of Intent ist ein Gesamtpaket mit vielen Standorten, wo alle Zusagen eingehalten werden müssen, weil sich natürlich nur dann auch der Senat an die Zusagen zu halten hat."
In der Absichtserklärung hatte Signa 2020 zudem Investitionen von 45 Millionen Euro in vier Berliner Standorte versprochen. Julian Schwarze, Sprecher der Grünen-Fraktion für Stadtentwicklung, sagt, diese Investitionen seien bisher nicht getätigt worden: "Dementsprechend ist der Letter of Intent durch Signa gebrochen." Deshalb gehörten jetzt alle Projekte auf den Prüfstand, so Schwarze.
Wirtschaftssenator Stefan Schwarz (parteilos, für SPD) reagierte kühl auf diese Forderungen. Er ließ seine Verwaltung mitteilen: "Signa Real Estate hat uns gegenüber versichert, dass sie die Zusagen aus dem LOI einhalten wollen. Wir gehen davon aus, dass der Letter of Intent weiterhin Gültigkeit hat." Gleiches hatte Stadtentwicklungs- und Bausenator Andreas Geisel (SPD) am Vormittag im Abgeordnetenhaus gesagt.
Die Gewerkschaft Verdi appelliert bei aller Kritik an Signa daran, die Zusammenarbeit nicht aufzukündigen. "Wenn der Senat sich jetzt zurückzieht, sinken die Chancen auf Arbeitsplatzerhalt für die Beschäftigten dramatisch", warnt Ralph Thomas vom ver.di Fachbereich Handel. Es sei unbedingt notwendig, eine Zusammenarbeit und Diskussion mit allen Beteiligten weiterzuführen, um sicher zu stellen, dass die Zusagen aus dem Letter of Intent eingehalten werden.
Bausenator Geisel sagte in der rbb24 Abendschau auf die Frage, ob er an eine Vertragstreue von Signa glaube, er hätte noch keine gegenteiligen Informationen. Er werde insofern nicht einseitig den LOI infrage stellen.
Galeria Kaufhof und die Warenhäuser insgesamt seien sicherlich in Schwierigkeiten, so Geisel weiter. Dies liege auch an einem veränderten Konsumverhalten. Der Onlinehandel hätte auch durch die Corona-Pandemie nochmals einen Schub erhalten, sie müssten sich daher umstellen. Geisel sagt aber auch: "Berlin hat Zusagen gemacht und wir erwarten, dass sich Signa auch an seine Zusagen hält."
Er sehe ein Bemühen von Signa, zum Beispiel am Alexanderplatz, dort werde bei Galeria Kaufhof gebaut. Auch bei Karstadt am Hermannplatz fände eine Entwicklung statt. Berlin habe auch ein Interesse, diese Entwicklung fortzusetzen, betonte Geisel auf die Frage nach möglichen Konsequenzen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 16.01.23, 19:30 Uhr
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