Die "dicken Bretter" des Berliner Senats 2023
Das neue Jahr beginnt für den Berliner Senat, wie das alte aufgehört hat: im Krisenmodus. Tausende Flüchtlinge müssen untergebracht werden, der Platz wird knapp. Die Stadt braucht dringend Wohnungen. Und im Februar wird nochmal gewählt. Von Sebastian Schöbel
Dass er das Ziel von 20.000 neuen Wohnungen wohl auch 2023 verfehlen wird, hat Bausenator Andreas Geisel (SPD) schon angekündigt. Die Gründe liegen auf der Hand: Steigende Kosten durch hohe Energiepreise und Inflation machen es vielen Unternehmen am Markt schwer, da ist der Bausektor keine Ausnahme. Zudem fehlt das Fachpersonal, in den Unternehmen selbst und auch in den Genehmigungsbehörden - wobei das schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine der Fall war. Der Bedarf wird also weiterhin nicht gedeckt.
Im neuen Jahr muss Franziska Giffeys Wohnungsbau-Strategie Ergebnisse liefern. Angeblich hat die extra eingerichtete Senatskommission Wohnungsbau bereits die Planung von fast 19.000 Wohnungen beschleunigt - einige davon sollten 2023 fertig werden.
Außerdem ist da noch das Wohnungsbündnis, das die Regierende Bürgermeisterin mit der Wohnungswirtschaft geschmiedet hat. Hier sollte man endlich verbindliche Zusagen der Immobilienunternehmen erwarten, sonst bleibt das Bündnis eine Luftnummer.
Und schließlich wird das Ergebnis der Kommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen" erwartet. Sollte das Gremium wirklich einen Weg zur Vergesellschaftung von Wohnraum aufzeigen, steht der Landesregierung eine historische Entscheidung ins Haus.
Ende 2022 kamen laut Landesamt für Flüchtlinge im Schnitt 6.000 Menschen pro Monat nach Berlin, nicht nur aus der Ukraine, sondern vor allem auch aus Syrien, Afghanistan oder Moldau. Die Unterkünfte waren so voll, dass Sozialverwaltung und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) erneut Massenunterkünfte in Leichtbauhallen und Containerdörfern in den beiden Ex-Flughäfen Tegel und Tempelhof einrichten musste.
Dass sich die Lage kurzfristig entspannt, erwartet niemand. Damit bleibt die Unterbringung und Integration von tausenden Geflüchteten auch 2023 eine der zentralen Aufgaben von Senat und Bezirken. Das Land Berlin wird im Bund auf schnelle Hilfe durch die anderen Bundesländer drängen müssen - und Geld brauchen.
Kann die Stadt noch Wahlen? Diese Frage könnte man als grobe Beleidigung abtun, wenn es da nicht die Pannen-Wahl von 2021 gegeben hätte. Nach dem historischen Urteil das Landesverfassungsgerichtshofs muss Berlin nun am 12. Februar beweisen, dass Landes- und Bezirksebene in der Bundeshauptstadt eine der zentralsten Aufgaben der Demokratie erfüllen können.
Die Vorbereitungen laufen bislang noch ohne große Probleme, auch wenn es weiterhin etliche Unwägbarkeiten gibt: von Kandidat:innen, die gar nicht mehr antreten können, zu Parteien, die für einen erneuten Wahlkampf keine Ressourcen haben, bis hin zur Frage, wie sich der Senat mitten in der laufenden Legislaturperiode politisch neu zusammensetzt. Alles Neuland.
Dabei ist immer noch nicht hunderprozentig sicher, ob der der Wahltag im Februar überhaupt stattfinden wird: Mitte Januar könnte das Bundesverfassungsgericht nach zahlreichen Beschwerden entscheiden, die komplette Wiederholungswahl nochmal zu prüfen - und das Wahl-Chaos in Berlin endgültig perfekt machen.
Beitrag von Sebastian Schöbel
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