Polizeigewerkschaft, Händler, Sportschützen
Wer darf eine Waffe besitzen? Und welche? Die Silvester-Krawalle in Berlin haben eine Diskussion über das Waffenrecht angefacht, gefordert wird eine Verschärfung. Experten aus Brandenburg zeigen sich skeptisch. Von Josefine Jahn und Jonas Pospesch
Der vereitelte Putschversuch von einer Gruppe sogenannter Reichsbürger - und Silvester hallen nach. Nach den Krawallen in Berlin wird nicht nur diskutiert, warum junge Menschen Rettungskräfte angreifen, sondern verstärkt auch darüber, wer privat eine Waffe haben darf - und welche Waffe.
In einem Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist laut Medienberichten von Verschärfungen unter anderem bei Schreckschusswaffen die Rede, außerdem von einem Verbot "kriegswaffenähnlicher halbautomatischer Waffen" [tagesschau.de]. Zuvor hatte Faeser allerdings davon gesprochen, halbautomatische Waffen insgesamt verbieten zu wollen.
Das sei aber schwierig, sagt Thomas Buchholz, der in Kolkwitz (Spree-Neiße) im Süden Brandenburgs ein Jagd- und Waffengeschäft führt. Denn wenn es um halbautomatische Waffen geht, rede man auch über Kurzwaffen. "Das heißt: Alles, was Jäger oder Sicherheitsdienste oder Sportschützen an Pistolen [haben], fällt unter halbautomatische Waffen. Das wäre aus unserer Sicht nicht umsetzbar."
Der Präsident des Brandenburgischen Schützenbundes, Gert-Dieter Andreas, bleibt mit Blick auf Faesers Äußerungen zurückhaltend, welche Auswirkungen für Sportschützen zu erwarten sind. "Das sind olympische Disziplinen, die weltweit geschossen werden", betont Andreas. "Hier kann ich sicher nicht so einfach als Deutschland aus einem weltweiten Kanon ausscheren." Es gebe auch europaweite Regelungen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so ohne weiteres verboten werden kann." Er wartet nun auf eine klare Aussage von Innenministerin Nancy Faeser.
Ob ein Verbot von kriegswaffenähnlichen halbautomatischen Waffen oder von halbautomatischen Waffen insgesamt - Waffenhändler Thomas Buchholz hält beide Möglichkeiten für falsch. Das Gewehr des Typs AR-15 könnte als kriegswaffenähnlich möglicherweise verboten werden, mutmaßt er, ein halbautomatisches Jagdgewehr aus Holz aber nicht. Die eine sehe aus wie eine Kriegswaffe, die andere nicht. "Gefährlich sind sie, technisch gesehen, alle gleich", so Buchholz. "Und nur nach dem Anschein einer Waffe zu gehen und dadurch ein Verbot zu projizieren, ist, denke ich, nicht zielführend.“
Auch die Vorsitzende der Brandenburger Gewerkschaft der Polizei, Anita Kirsten, ist von Faesers Vorschlägen nicht überzeugt. Die träfen vor allem Besitzer legaler Waffen. "Das, was wir ja eigentlich wollen, illegale Waffen und Waffenbenutzung in kriminellen Handlungen zu verhindern, oder eben Waffen im öffentlichen Raum zu haben, das werden wir mit diesem Gesetz, oder mit einer Verschärfung des Gesetzes in erster Linie nicht lösen.“
Neben den halbautomatischen Waffen will Innenministerin Faeser auch Schreckschusswaffen strenger regulieren. Der Kauf soll nur noch mit einem Kleinen Waffenschein möglich sein, was Thomas Buchholz gar nicht schlecht findet. Für ihn als Waffenfachhändler gebe es dann mehr Rechtssicherheit, sagt er, "weil wir wissen, dass derjenige, der den Kleinen Waffenschein hat, ordentlich belehrt ist und sich über die Folgen desselbigen bewusst ist." Den Missbrauch der Waffen an Silvester in Berlin hätte das aber auch nicht verhindert, meint Buchholz.
In dieselbe Richtung geht auch die Kritik von Anita Kirsten von der Polizeigewerkschaft. Das Problem müsse ihrer Aussage nach an anderer Stelle angepackt werden. Schaue man sich die Ausgaben in den Bundesländern an, zeige sich, dass im Bereich der Prävention und Sozialfürsorge immer mehr gestrichen werde, sagt sie. "Das ist ein wichtiger Teil, der natürlich uns Polizistinnen und Polizisten am Ende viel mehr helfen würde als noch schärfere Gesetze."
Mit Informationen von Josefine Jahn und Jonas Pospesch.
Sendung: Antenne Brandenburg, 12.01.2023, 14:10 Uhr
Beitrag von Josefine Jahn und Jonas Pospesch
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