Senat will Bezirke stärken und einheitliche Standards schaffen
Der rot-grün-rote Senat will die Behördenstrukturen in Berlin grundlegend verändern. Dafür hat er eine Linie für eine Verwaltungsreform beschlossen. Durch die Neuregelung bekämen die Bezirke in kommunalen Fragen mehr Handlungsspielraum.
Senat will Aufgaben von Land und Bezirken klarer verteilen
In den Bürgerämtern sollen berlinweit gleiche Standards gelten
Reformschritte sollen in zwei Stufen erfolgen
Der Berliner Senat hat am Dienstag Eckpunkte für eine großangelegte Verwaltungsreform beschlossen. Nachdem es zwischen SPD und Grünen zunächst Streit darüber gegeben hatte, ob die Pläne noch vor der Wiederholungswahl auf die Tagesordnung sollten, wurden sie am Dienstag ohne größere Debatten verabschiedet.
Es könnte der letzte gemeinsame Erfolg der rot-grün-roten Koalition werden: Kurz vor der Wahl haben sich SPD, Grüne und Linke in Berlin auf Eckpunkte einer Verwaltungsreform geeinigt. Allerdings: Ein strittiger Punkt ist noch offen. Von Sebastian Schöbel
"Starke Bezirke" und Digitalisierung
Um die Grundlage für eine bessere Verwaltung zu schaffen, sollen die Aufgaben zwischen Landes- und Bezirksebene klarer verteilt werden. Behörden-Ping-Pong, weil sich keiner zuständig fühlt, soll dann der Vergangenheit angehören.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) stellte das entsprechende Reformkonzept am Dienstag vor. Demnach soll es künftig klare Zuständigkeiten mit Blick auf Land und Bezirke geben, eine gesamtstädtische Steuerung der Verwaltung, während die Bezirke gleichzeitig gestärkt werden sollen.
Zum Bereich gesamtstädtische Steuerung gehört unter anderem, einheitliche Standards in den Bürgerämtern berlinweit durchzusetzen, Genehmigungsverfahren insgesamt zu vereinfachen, die Digitalisierung der Verwaltung voranzubringen und sich für die gesamte Verwaltung mehr und besser als bisher um die Personalgewinnung zu kümmern.
Für die einen geht es um die "funktionierende Stadt", für die anderen um ein "besseres Berlin" oder einfach nur Bürokratieabbau. In einem sind sich alle einig: Die Balance zwischen dem Senat und den Bezirken muss neu austariert werden. Von Christoph Reinhardt
Reformen in zwei Stufen
"Wir sind uns einig, dass wir nicht für eine Abschaffung der Bezirke plädieren", sagte Giffey. FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja hatte für radikale Reformen und eine Abschaffung der Bezirksämter geworben. Es sei aber notwendig, grundlegende Änderungen anzuschieben, sagte Giffey. Ganz neu ist diese Einsicht nicht, und die Umsetzung nicht ganz einfach. Deshalb hat sich Rot-Grün-Rot auf ein zweistufiges Verfahren geeinigt.
Die erste Stufe ist laut Giffey der leichtere Teil. Dabei geht es darum, ein neues "Gesetz über die Aufgaben der Berliner Verwaltung" vorzulegen, das regeln soll, wofür das Land und wofür die Bezirke zuständig sind. Rot-Grün-Rot würde das gerne noch in diesem Jahr unter Dach und Fach bringen - wenn die Wiederholungswahl nicht ganz neue Mehrheitsverhältnisse im Landesparlament und einen anderen Senat zur Folge hat.
Stufe zwei ist nach Giffeys Einschätzung die schwierigere und steht nicht vor 2024 auf der Agenda. Dabei geht es um Reformschritte, für die eine Änderung der Landesverfassung notwendig wäre und damit auch eine Zweidrittel-Zustimmung im Abgeordnetenhaus. Dazu gehört zum Beispiel die Einführung politischer Bezirksämter. In dem Fall würden die Bezirksbürgermeister und Stadträte ähnlich wie der Senat mit der politischen Mehrheit in den Bezirksparlamenten gewählt.
Bisher ist das nicht so. Stattdessen entsenden Parteien nach einem Proporzverfahren Vertreter ins Bezirksamt, unabhängig davon, welche in den Bezirksverordnetenversammlung Zählgemeinschaft genannte Koalition sich dort zusammengefunden hat. Ob das ein guter Beitrag zur Lösung der Probleme in der Verwaltung ist, will Rot-Grün-Rot aber erst noch prüfen - noch hat sich die Koalition nicht darauf festgelegt.