2.400 Ehrenamtliche gesucht
In Brandenburg werden derzeit 2.400 Menschen gesucht, die Richterinnen und Richter ehrenamtlich bei der Urteilsfindung unterstützen. Wer dieses Amt übernehmen will, muss einige Voraussetzungen erfüllen. Gibt es nicht genug Freiwillige, kann man auch verpflichtet werden. Von Katrin Neumann
Im Dezember endet die laufende fünfjährige Amtszeit für ehrenamtliche Schöffinen und Schöffen in Brandenburg. Deshalb werden zum 1. Januar kommenden Jahres 2.400 Menschen gesucht, die an Amts- und Landgerichten als Laien über Urteile für Angeklagte mitentscheiden.
Ehrenamtliche Schöffinnen und Schöffen in Brandenburg können sich freiwillig bewerben oder werden von ihren Kommunen angeschrieben und somit verpflichtet. Eine Quote, wieviele durch Eigeninitiative und wieviele durch Anordnung ins Schöffenamt kommen, gibt es nicht. Das entscheiden die Kommunen.
Laut dem Branderburger Justizministerium kommt es nur selten zu Engpässen bei der Neugewinnung von Schöffenpersonal. Das liege zum einen daran, dass sich viele Menschen für das Amt interessieren und sich selbst bewerben. Zum anderen passiere es nicht häufig, dass Bürgerinnen und Bürger angeschrieben werden und sich dann weigern würden.
Grundsätzlich kann jeder Brandenburger und jede Brandenburgerin zwischen 25 und 70 Jahren das Amt übernehmen.
Wichtig sei, so Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU), dass alle Bevölkerungsgruppen repräsentiert werden. So werden mögliche Schöffen auf Basis der im Einwohnermelderegister hinterlegten Daten, wie Geschlecht, Religion und Familienstand von den Kreisen und kreisfreien Städten ausgewählt. Zusammen mit den Freiwilligen soll die Bevölkerungsstruktur auf diese Weise widergespiegelt werden.
Jeweils zwei Schöffen, egal ob freiwillige oder verpflichtete, sitzen gleichberechtigt mit ein bis drei Berufsrichtern auf der Richterbank und entscheiden in den Beratungszimmern gemeinsam über ein Urteil für die Angeklagten.
Weil ehrenamtliche Schöffen in der Regel juristische Laien sind, absolvieren sie zu Beginn ihrer Amtszeit einen Einführungskurs und werden während ihrer Amtszeit von den Berufsrichtern über machbare Urteilsrahmen beraten. Es sei jedoch genau der Sinn von ehrenamtlichen Schöffen, dass sie Gerichtsverfahren aus Sicht der Bürger begleiten, um "Akzeptanz und Verständnis" für das Rechtswesen zu schaffen, sagt Hoffmann.
Das Schöffenamt ist ein Pflichtehrenamt. Jeder deutsche Staatsbürger, der bei Amtsbeginn zwischen 25 und 70 Jahren alt und gesundheitlich in der Lage ist sowie seinen Wohnsitz in der jeweiligen Kommune hat, kann verpflichtet werden. Ablehnen geht nur bei persönlichen, beruflichen oder wirtschaftlichen Härtefällen. Wenn man also glaubhaft machen kann, dass die familiäre Fürsorge nicht geleistet werden kann oder sich die wirtschaftliche Situation durch Ausübung des Schöffenamtes erheblich verschlechtert, stimmen Kommunen der Ablehnung in der Regel zu.
Ohne weitere Begründung können Mitglieder der Bundes- oder Landesregierung, Notare, Rechtsanwälte sowie Polizisten und Ärzte das Schöffenamt ablehnen. Im Einwohnermeldeamt sind Berufe nicht erfasst, so dass theoretisch Menschen in allen Berufsgruppen aufgefordert werden können. Selbst hauptberufliche Richter. Es sei in jedem Fall notwendig, den Beruf an die Kommune als Ablehnungsgrund weiterzugeben, damit er dort vermerkt werden kann, so Norman Uhlmann vom Bundesverband ehrenamtlicher Richter und Richterinnen.
Allein die Tatsache, dass jemand keine Lust auf das Schöffenamt hat, gelte nicht als Ablehnungsgrund. Allerdings, betont Justizministerin Hoffmann, sei es "nicht sinnvoll, jemanden gegen seinen Willen zu verpflichten". Daher besteht im praktischen Verfahren ein gewisser Spielraum für Kommunen bei der Verpflichtung von Bürgern, solange insgesamt genügend Kandidaten zur Verfügung stehen.
Amtierende Schöffen müssen von ihren Arbeitgebern für das Ehrenamt freigestellt werden. Durchschnittlich kommt es pro Schöffe zu ein bis drei Verhandlungstagen im Monat. Es dürfen nicht mehr als 24 Gerichtssitzungen im Jahr sein.
Angestellte unterliegen in den fünf Jahren einem Kündigungsschutz. Entstehen Schöffen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Spesen und Verdienstausfall, werden diese Kosten erstattet.
Schöffen werden für eine Amtszeit von fünf Jahren vereidigt, das ist in einem Bundesgesetz festgelegt und kann nur aus triftigem Grund verkürzt werden. Zieht ein Schöffe beispielsweise aus der Kommune weg, erkrankt oder gerät in erschwerende Lebensumstände, kann das Amt niedergelegt werden. So kann auch die Pflege eines Angehörigen als triftiger Grund gelten, ebenso emotionale und psychische Ausnahmezustände. Die fünfjährige Laufzeit sei aber bewusst gewählt worden, erklärt Hoffmann. Eine ständiger Wechsel bei Schöffen vor allem bei längeren Verfahren soll verhindert werden. Außerdem erlangen so auch Schöffen mehr Erfahrung und Sicherheit bei der Urteilsfindung.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 19.02.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Katrin Neumann
Artikel im mobilen Angebot lesen