Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 15.02.2023 | Michael Schon + Interview mit Bildungsministerin Ernst | Quelle: Caroline Seidel/dpa
Lehrer fehlen
Brandenburg erwägt mehr Selbstunterricht und Einsatz von Hilfslehrern
Einzelne Aktionen, um den Lehrermangel in Brandenburg zu kompensieren, reichen offenbar nicht mehr aus: Bildungsministerin Ernst will jetzt ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringen - mit gravierenden Folgen für Schüler und Lehrkräfte.
In Brandenburg fehlen Lehrkräfte
Das Bildungsministerium plant deshalb eine Reihe Maßnahmen, wie damit umgegangen werden soll
Ziel ist, dass sich beispielsweise ältere Kinder öfter Wissen selbst aneignen, Lehrkräfte später in Ruhestand oder seltener in Teilzeit gehen
Brandenburg prüft drastische Maßnahmen, um den Auswirkungen des Lehrermangels entgegenzuwirken. Das geht aus einem Maßnahmenpapier hervor, das das Bildungsministerium Mittwochnachmittag auf einem Treffen mit Lehrerverbänden diskutieren wollte.
Der Lehrkräftemangel ist ein Dauerthema in der Bildungspolitik - auch in Berlin und Brandenburg. Die Kultusministerkonferenz geht davon aus, dass es noch zwei Jahrezehnte so bleiben wird - und schlägt Gegenmaßnahmen vor.
Es gebe von den Lehrerinnen und Lehrern seit langer Zeit die Forderung, entlastet zu werden - unter anderem von Organisationsaufgaben und Verwaltungsaufgaben. Den Forderungen komme man mit dem Maßnahmenpapier entgegen, sagte Ernst bei rbb24 Brandenburg aktuell.
Unter anderem soll die Selbstarbeit von Schülern ausgeweitet werden. Ältere Schüler sollen dann verstärkt selbständig lernen oder in hybriden Schulstunden unterrichtet werden. Ob auch ganze Schultage im Selbststudium verbracht werden sollen, wie in anderen Bundesländern bereits vereinzelt praktiziert, lässt das Papier offen.
"Es ist nicht die Rückkehr zu tageweisem Online-Unterricht geplant", stellte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) in diesem Zusammenhang klar. In der Zeit der Corona-Pandemie habe sich aber gezeigt, dass sich ältere Schüler bestimmte Inhalte gut selbstständig aneignen könnten.
Ernst zufolge gibt es vor allem von den Berufsschulen den Wunsch, diesen Weg zu gehen. Allerdings müsste die von der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission vorgeschlagene Maßnahme auch von Eltern und Schülern akzeptiert werden, sagte Ernst, weshalb eine Umsetzung schon im neuen Schuljahr für sie nicht vorstellbar sei.
Das Ministerium will außerdem die bestehenden Rahmenbedingungen für Unterricht und Klassengrößen so weit ausreizen, dass 200 Stellen nicht mit Lehrkräften, sondern mit Assistenzen für Verwaltungsarbeiten oder mit Schulsozialarbeitern besetzt werden. Lehrkräfte sollen gezielt nur für den Unterricht eingesetzt und von anderen Aufgaben entlastet werden. Allerdings werden an diesen Schulen dann auch die Klassen etwas mehr Schüler haben.
Auf seiten der Lehrkräfte sollen, wie bereits angekündigt, Seiteneinsteiger mit Bachelorabschluss verbeamtet werden können. Vorrausetzung dafür sei eine 18-monatige Weiterbildung neben der Lehrtätigkeit.
Des Weiteren sollen Lehrkräfte von bürokratischen Aufgaben entlastet und Anreize geschaffen werden, um ältere Lehrkräfte länger an Schulen zu halten.
Nach Angaben der Gewerkschaft GEW nutzt derzeit ein Großteil der Lehrkräfte die Möglichkeit, mit 63 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Nach Ministeriumsangaben betrifft das 70 Prozent der Lehrkräfte. Bei dem Punkt späterer Ruhestand wolle man im Ministerium zunächst mit den Gewerkschaften ins Gespräch kommen, heißt es in der Erklärung.
"Wir möchte dafür werben, vielleicht ein, zwei Jahre mit weniger Stunden länger zu machen. Das würde uns sehr helfen", erklärte Ernst bei rbb24 Brandenburg aktuell. Auch über die Einschränkung von Teilzeitangeboten für Lehrer solle verhandelt werden. Derzeit nähmen laut Ministerium 27 Prozent der Lehrkräfte eine Teilzeitregelung in Anspruch.
Der Mangel an Lehrkräften im Land wird von Jahr zu Jahr größer. Ende Januar hatte die Lehrergewerkschaft GEW den Bedarf auf 1.800 neue Pädagogen für Schuljahr 2023/24 geschätzt.
Für das laufende Schuljahr war die unbefristete Neueinstellung von gut 1.300 Lehrern notwendig, im kommenden Schuljahr sind es auch wegen knapp 6.000 Schülern aus der Ukraine eben noch 500 mehr. "Da bundesweit Lehrermangel herrscht, werden diese nicht einfach auf dem Arbeitsmarkt zu finden sein", sagte Bildungsministerin Ernst. Schon für dieses Jahr konnte der Bedarf nur mit 30 Prozent Seiteneinsteigern gedeckt werden.