Ideenwettbewerb zur A104
Mitten durch das Rheingauviertel in Berlin-Steglitz verläuft eine Autobahn. Die A104 teilt den Breitenbachplatz und sorgt für Unmut unter Anwohnenden. Ein Ideenwettbewerb hat nun nachhaltige Lösungen für eine Umwidmung prämiert.
In Berlin-Steglitz verläuft seit mehr als 40 Jahren mitten durch ein Wohnviertel ein Autobahnabzweig. Die Brückenüberführung der A104 teilt den Breitenbachplatz in zwei Hälften und lässt ihn zu einer "großen Verkehrsinsel" werden, beklagt die "Bürgerinitiative Breitenbachplatz" [breitenbachplatz.de]. Sie fordert einen Abriss der Autobahnbrücke sowie eine Rückgewinnung des Platzes als Naherholungsort – und ist mit dieser Forderung nicht allein.
Im vergangenen Dezember stellte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) die Ergebnisse einer entsprechenden Machbarkeitsstudie vor, die zu dem Ergebnis kam, dass ein Rückbau sowohl technisch als auch verkehrsplanerisch möglich sei. Der Vorschlag wurde in den Berliner Senat eingebracht. Noch hat das Abgeordnetenhaus aber weder einen Rückbau, eine Umwidmung oder ein "Weiter so" beschlossen.
Der Architektur- und Ingenieurverein zu Berlin und Brandenburg (AIV) unterstützt die Forderungen der Bürgerinitiative und fordert seit zwei Jahren "die politischen Gremien auf, über den zukünftigen Umgang mit den überdimensionierten Verkehrsbauwerken der A 104 nachzudenken", wie es auf der Webseite heißt. Der AIV hat daher den Förderwettbewerb "Stadt statt A104" [aiv-berlin-brandenburg.de] ausgerufen, bei dem innerhalb eines Jahres mehr als 100 Beiträge eingegangen sind. Ab Montag, den 13. März, sind die 13 preisgekrönten Arbeiten junger Planerinnen und Planer aus unterschiedlichen Nationen nun zwei Wochen lang in der Universität der Künste ausgestellt. Der Ideenwettstreit findet seit 1855 unter dem Namen Schinkel-Wettbewerb statt und zeichnet besonders kreative stadtplanerische Zukunftslösungen aus.
Hauptpreisträger in diesem Jahr in der Kategorie "Architektur" ist ein Quartett der Universität Edinburgh, das ein Baukastensystem namens "Berlin's Urban Bio-Loop" entwickelt hat. Es setzt die Erzeugung, Verarbeitung und Verwertung von Lebensmitteln in den Mittelpunkt und bietet unter anderem großzügige horizontale und vertikale Anbauflächen. Bauliche Elemente können dabei variabel hinzukommen oder weggenommen werden.
In der Kategorie "Landschaftsarchitektur" hat ein Entwurf von Studierenden der Technischen Universität Berlin gewonnen, der den Fokus auf Wasser setzt und eine Kläranlage integriert, die den Prozess der Wasserwiederaufbereitung sichtbar machen soll. Allen Entwürfen gemeinsam ist die Fokussierung auf Pflanzen und Tiere sowie natürliche Kreisläufe und Wasser. Ebenso wichtig ist aber auch das Leben in der Gemeinschaft. So sehen viele Ideen Gemeinschaftsbereiche oder Sportstätten vor, an denen Bewohnende zusammenkommen können. Berücksichtigt wird unter anderem aber auch die Nähe zur Freien Universität Berlin, indem Wohnheime für Studierende oder Forschungsplätze geplant sind. Alle Schinkel-Preise sind mit jeweils 3.000 Euro dotiert.
Der Autobahnabschnitt 104 verbindet die Stadtautobahn 100 und die A103 zwischen Wilmersdorf und der Steglitzer Schildhornstraße und schlängelt sich rund drei Kilometer lang durch das Rheingauviertel, wobei schlängeln wörtlich gemeint ist. Denn auf einem besonderen Teilstück, der sogenannten "Schlange", führt die A104 etwa 600 Meter lang unterirdisch durch einen Wohnblock. Seit die Schildhornstraße zur Tempo-30-Zone erklärt wurde, hat die A104 zudem an Bedeutung verloren.
Zwar sollen laut den Wettbewerbsplanungen mehrere tausend Wohnungen neu entstehen, die jetzigen Bewohnenden der Schlangenbader Straße lehnen die Pläne zum teilweisen oder kompletten Abriss aber größtenteils ab. "Das ist absoluter Quatsch", sagt ein Anwohner rbb|24 Inforadio."Ich wohne zwei Etagen über der Autobahn und man hört überhaupt nichts", stimmt eine andere Anwohnerin zu.
Ob, wie und in welchem Umfang der Senat und der Bezirk die Pläne möglicherweise umsetzen, ist noch unklar. Laut der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz zeigen die Wettbewerbsbeiträge lediglich "das Potenzial für eine Aufwertung des Straßenraums", sind aber nicht bindend. Demnach sei die Machbarkeitsstudie von 2022 "die wichtige Basis für die städtebauliche Aufwertung des Breitenbachplatzes", so Sprecher Jan Thomsen zu rbb|24. Zudem gibt er zu bedenken, dass ein Erhalt der Brücken nicht möglich sei. Diese "müssen schon aus statischen Gründen in den kommenden Jahren vollständig zurückgebaut werden." Eine Weiternutzung der bisherigen Bauwerke sei daher ausgeschlossen. Zur Diskussion steht aber auch, nur Teile der A104 umzuwidmen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 13.03.2023, 15:30 Uhr
Beitrag von Lisa Schwesig
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