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Audio: rbb24 Inforadio | 10.03.2023 | Nachrichten | Quelle: imago images/R.Klar

Landrat berichtet von "nervöser Stimmung"

Ärger und Kritik nach Absage des Brandenburger Flüchtlingsgipfels

Von langer Hand geplant - doch dann kurzfristig abgesagt: Am Freitag wollte die Landesregierung mit den Kommunen über die Unterbringung von Geflüchteten diskutieren. Doch die Koalition ist uneins - und die Kommunen machen nun Druck.

Die kurzfristige Absage des Flüchtlingsgipfels in Brandenburg hat in der Koalition und in den Landkreisen Verärgerung und Kritik ausgelöst. Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte das Treffen am Donnerstag verschoben, weil sich die rot-schwarz-grüne Landesregierung nicht auf ein Maßnahmenpaket einigen konnte.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist im Kabinett vor allem strittig, wie die geplanten zusätzlichen Plätze für Flüchtlinge in der Erstaufnahme finanziert werden und wo genau sie geschaffen werden.

Geplatzte Konferenz in Brandenburg

Koalition streitet über Unterbringung von Geflüchteten und Hilfe für Kommunen

Wie können die Brandenburger Kommunen die Versorgung von Flüchtlingen stemmen? Am Freitag sollte es dazu eine Konferenz mit der Landesregierung geben. Sie wurde kurzfristig abgesagt. Innerhalb der Koalition wird gestritten. Von Andreas Hewel

Stübgen will MPK abwarten

Die Grünen-Innenexpertin Marie Schäffer sagte am Freitag im rbb24 Inforadio, Integration funktioniere nicht, wenn man viele Menschen an einem Ort konzentriere. Sie betonte, die Absage des Gipfels habe sie überrascht; man sei auf einem guten Weg gewesen. Es sei jetzt mehr Unterstützung in der sozialen Infrastruktur in den Kommunen nötig. Wohnraum sei knapp und es gebe zu wenig Lehrkräfte.

SPD und Grüne kritisieren außerdem, dass Flüchtlinge ohne absehbare Bleibeperspektive in eine neue Landesobhuteinrichtung kommen sollen.

Stübgen betonte derweil, er wolle zunächst die Ministerpräsidentenkonferenz in der nächsten Woche abwarten. "Wir müssen erstmal sehen, wie weit sich der Bund bewegt oder ob wir uns dann auch vorher einigen", sagte Stübgen am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Wir arbeiten auf jeden Fall im Kabinett mit Hochdruck an einer Einigung." Er betonte, die Vorlage der Landesregierung müsse substanziell sein.

Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der 16 Bundesländer treffen sich am Donnerstag nächster Woche.

Landrat fordert schnellen neuen Termin

Auch Vertreter der Kommunen reagierten enttäuscht darauf, dass die Konferenz verschoben wurde. Der Landrat des Kreises Oder-Spree, Rolf Lindemann (SPD), sagte am Freitag bei Antenne Brandenburg vom rbb, spätestens in ein bis zwei Wochen müsse das Treffen nachgeholt werden. Er müsse wissen, wann wie viele Flüchtlinge zu erwarten seien. Man brauche Planungssicherheit für Verträge mit den Anbietern von Unterkünften.

Lindemann sprach von einer nervösen Stimmung vor Ort. Er habe den Eindruck, dass die Landesregierung die Brisanz des Themas verkenne. Es gebe keinen ausreichenden Wohnraum im Landkreis. Er müsse an Neubau denken und an Wohncontainer oder Notunterbringungen, so der Landrat.

Streit in der Koalition

Brandenburger Aktionsplan für Flüchtlinge soll in vier Wochen stehen

In der Brandenburger Koalition herrscht Uneinigkeit, wie Geflüchtete im Land untergebracht werden sollen. Am Dienstag diskutierte das Kabinett Vorschläge von CDU, SPD und Grünen - mit dem Ergebnis: Diskussion vertagt.

Unterbringung in Turnhallen droht

Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte am Freitag auf Radioeins, man brauche schnell Planungssicherheit und finanzielle Unterstützung von der Landesregierung, um die Menschen anständig unterbringen zu können.

Ähnlich äußerte sich der Landrat von Ostprignitz-Ruppin, Ralf Reinhardt (SPD). Die Probleme würden sich nun weiter verschärfen. Man stehe kurz davor, Geflüchtete in Turnhallen unterbringen zu müssen, sagte Reinhardt am Freitag Antenne Brandenburg vom rbb. Davor hatte Stübgen erst vergangene Woche gewarnt.

Vorsitzender des Landkreistages sieht Situation wie 2015/16 kommen

Die Unterbringungsmöglichkeiten in Brandenburg gingen dem Ende entgegen, sagte auch der Vorsitzende des Landkreistages, Siegurd Heinze (parteilos) am Freitag dem rbb24 Inforadio. Es nähere sich eine Situation wie 2015/16. Wenn die Zahl der Erstaufnahmeplätze nicht erhöht werde, müssten noch im ersten Halbjahr Menschen in Hallen oder Zelten untergebracht werden. In seinem Landkreis, Oberspreewald-Lausitz, komme man nur noch bis April/Mai hin.

Heinze begrüßt den Plan von Landesinnenminister Stübgen, Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen zu verteilen. Wenn sie dort erst angekommen sind, seien die Abschiebungsverfahren unendlich lang und faktisch fast unmöglich.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 10.03.23, 19:30 Uhr

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