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Audio: rbb24 Inforadio | 09.03.2023 | Nachrichten | Quelle: dpa/P.Pleul

Geplatzte Konferenz in Brandenburg

Koalition streitet über Unterbringung von Geflüchteten und Hilfe für Kommunen

Wie können die Brandenburger Kommunen die Versorgung von Flüchtlingen stemmen? Am Freitag sollte es dazu eine Konferenz mit der Landesregierung geben. Sie wurde kurzfristig abgesagt. Innerhalb der Koalition wird gestritten. Von Andreas Hewel

Für Jens Graf, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes in Brandenburg, sprechen die Zahlen für sich. 39.000 geflüchtete Personen sind im vergangenen Jahr in Brandenburg aufgenommen worden. 29.000 von ihnen kamen aus der Ukraine, rund 10.000 waren Migrantinnen und Migranten aus anderen Ländern. Unter ihnen sind auch viele Kinder, die schulpflichtig sind oder in die Kita sollen.

Allein dafür, so Graf, brauchten die Städte und Gemeinden rund 5.000 zusätzliche Schulplätze und ebenso viele neue Kitaplätze. Die Kosten hierfür gehen schnell in den dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Ohne Hilfe vom Land, so Graf, sei das von den Kommunen nicht zu stemmen.

Streit in der Koalition

Brandenburger Aktionsplan für Flüchtlinge soll in vier Wochen stehen

In der Brandenburger Koalition herrscht Uneinigkeit, wie Geflüchtete im Land untergebracht werden sollen. Am Dienstag diskutierte das Kabinett Vorschläge von CDU, SPD und Grünen - mit dem Ergebnis: Diskussion vertagt.

Flüchtlingskonferenz abgeblasen

Umso dringlicher wäre eine Konferenz der Landräte mit den betroffenen Fachministerinnen und -ministern gewesen. Doch dazu kommt es erstmal nicht. Das für diesen Freitag anberaumte Treffen wurde am Donnerstag kurzfristig abgesagt. Der Grund: Uneinigkeit in der Koalition, wie den Kommunen geholfen werden soll und wie Flüchtlinge in Zukunft untergebracht werden sollen.

Es bestehe noch Beratungsbedarf, heißt es vieldeutig in einer schriftlichen Mitteilung des Innenministeriums. Das ist auch für Kommunen zuständig und hatte zu dem Treffen geladen. Es habe kein "greifbares Ergebnis" gegeben, erklärte Innenminister Michael Stübgen (CDU). Ein Treffen zu einem späteren Zeitpunkt sei zielführender. "Die Kommunen erwarten vollkommen zu Recht, dass sich die Landesregierung einig ist bei der Frage, wie sie die kommunale Ebene bei der Verteilung und Integration von Flüchtlingen nachhaltig entlastet", so Stübgen weiter.

Streit zwischen Innen- und Sozialministerium

Der Streit innerhalb der Landesregierung geht offenbar vor allem zwischen dem unionsgeführten Innenministerium und dem Sozialministerium, geführt von Grünen. Die zeigen sich verärgert über die Verschiebung des Treffens. "Die heutige Absage des Ministers [Stübgen, Anm.d.Red.] des Landrätetreffens war für uns wie auch für die Landkreise äußerst überraschend", monierte Petra Budke, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. "Die Verschiebung einer Debatte hilft niemandem, weder den Kommunen noch den Geflüchteten."

Im Ziel, das betonen alle Parteien in der Landesregierung, sei man sich einig, dass den Kommunen geholfen werden soll. Nur wie und in welchem Umfang das Land helfen soll, darüber wird gestritten. Unter anderem geht es dabei auch darum, ab wann Flüchtlinge von der Erstaufnahme, für die das Land zuständig ist, an die Landkreise und Kommunen weitergeleitet werden.

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Zankapfel sind Unionspläne zu Landesobhut-Einrichtungen

Für die Opposition ist das geplatzte Treffen ein schlechtes Zeugnis für die Landesregierung. So bezeichnete die innenpolitische Sprecherin der Linken, Andrea Johlige, die Absage als "notwendige Konsequenz der unausgegorenen Vorschläge des Innenministers und der Uneinigkeit der Koalition". Der Innenminister habe sich in den vergangenen Wochen mit seiner "Das Boot ist voll"-Rhetorik keinen Gefallen getan.

Am zurückliegenden Wochenende waren Pläne des Innenministeriums öffentlich geworden, wonach die Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes erweitert werden sollten. Strittig ist vor allem das Verfahren, wie und wann Geflüchtete auf die Kommunen verteilt werden. Nach den Plänen des Innenministeriums sollen Geflüchtete ohne sichere Bleibeperspektive bis zu 24 Monate in der Erstaufnahme verbleiben können.

So weit würden SPD und Grüne in der Koalition noch mitgehen. Doch nach diesen 24 Monaten will der Innenminister Flüchtlinge ohne sichere Bleibeperspektive noch weiter in sogenannten "Landesobhut-Einrichtungen" unterbringen, insgesamt bis zu vier Jahre. Die Koalitionspartner von SPD und Bündnis'90/Die Grünen lehnen Stübgens Pläne vehement ab. Für eine so lange Zeit in einer Landesobhut gäbe es "keine gesetzliche Regelung", klagt SPD-Fraktionschef Daniel Keller. Für ihn liegt der Ball beim Innenminister. Stübgen, so Keller, sei in dieser Sache "völlig konzeptlos" und habe seine "Hausaufgaben nicht gemacht".

Millionenhilfe für Flüchtlinge beschlossen

Einen neuen Termin für ein Treffen der Landesregierung mit den Landräten gibt es noch nicht. Möglichst bald will den die SPD haben. Doch es scheint, als sei ein Treffen erst nach Ostern möglich. Es ist unübersehbar, in Koalitionskreisen wächst die Kritik am Alleingang des Innenministers.

In diesem Jahr rechnet Brandenburg mit 26.000 Geflüchteten. Die Kommunen fordern mehr Unterstützung vom Land und vom Bund, um ausreichend Kapazitäten in Kitas, Schulen aber auch beim Wohnraum schaffen zu können.

Die Landesregierung hat zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von rund 150 Millionen Euro aus dem sogenannten Brandenburg-Paket angekündigt, 98 Millionen davon für die Unterbringung von 14.000 Geflüchteten. Für 57 Millionen gab der Haushaltsausschuss des Landtages am Donnerstag grünes Licht. Daraus sollen kurzfristig gestiegene Kosten für Energie und Personal ebenso finanziert werden wie Migrationssozialarbeit für Geflüchtete aus der Ukraine und Unterkünfte für die Erstunterbringung.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.03.23, 13:23 Uhr

Beitrag von Andreas Hewel

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