Interview | Staatssekretär Bundesinnenministerium
Mit der Bund-ID will Deutschland seine Verwaltung digitalisieren. Aber bei der Online-Beantragung von Hilfsgeldern für Studierende lief nicht alles glatt. Markus Richter vom Bundesinnenministerium ist dennoch optimistisch.
Studierende konnten am Mittwoch zum ersten Mal eine Einmalzahlung beantragen und dafür die Bund-ID benutzen. Ist das jetzt der große Belastungstest für die Bund-ID?
Markus Richter: Die Bund-ID gibt es schon länger und sie wird auch schon fleißig genutzt. Aber klar: In je mehr Fachverfahren und Services der Verwaltung die Bund-ID eingebaut ist, umso mehr Last kommt auf das System.
Bei den Einmalzahlungen für Studierende gab es schon Warteschlangen online. Wie lief das ab?
Zunächst einmal ist es sehr erfreulich, dass das System wie erwartet auf großes Interesse stößt. In der Tat gab es bei dem Dienstleister dadurch auch "Skalierungsbedarfe", die kurzfristig ergriffen worden sind. Deswegen hat es noch etwas gewackelt. Aber die Systeme laufen, es gehen fleißig Einträge ein und das ist aus meiner Sicht ein gutes Zeichen.
Wir sind darauf angewiesen, dass wir uns im Internet elektronisch ausweisen können, wenn wir Services der Verwaltung nutzen wollen. Dafür ist das eine ganz wichtige Infrastruktur.
Können Sie etwas zu den aktuellen Zahlen sagen? Wie viele Menschen haben bereits eine Bund-ID? Und mit wie vielen rechnen sie in den nächsten Tagen?
Aktuell haben 840.000 Menschen eine Bund-ID. Die besteht ja aus zwei Komponenten, einem Konto und einer Identifizierung. Das ist das weltweit sicherste und gleichzeitig das modernste System, das für Identifizierung im Netz genutzt werden kann.
Was schwebt Ihnen dabei vor? Ist das ein Schritt hin zu einer digitalisierten Zukunft?
"Digitale Identitäten" ist das wichtigste Digitalisierungsprojekt der Bundesregierung, weil es der Eingangskanal in die digitale Welt ist. Wir kommen da deutlich voran und haben schon viele Services digitalisiert. Viele davon setzen die Kommunen derzeit noch um.
Voraussetzung für die Nutzung ist eine zweifelsfreie Identifizierung und auch die Eröffnung des Rückkanals. Wenn ich einen Bescheid empfangen will, brauche ich ein Konto mit diesen Sicherheitsmerkmalen.
Wir schreiben hierbei Gründlichkeit und Nutzerfreundlichkeit groß. Deswegen haben wir diese Infrastruktur nicht nur mit Sicherheitsexpert:innen sondern auch mit Nutzer:innen entwickelt. Wir arbeiten täglich daran, die Struktur weiterzuentwickeln und vor allem zu skalieren, also mehr Serverkapazität zur Verfügung zu stellen, damit die Bedarfe abgedeckt werden können.
Einige Services sind mit der Bund-ID schon möglich, zum Beispiel Bafög oder Elterngeld beantragen. Wie funktioniert dabei die Zusammenarbeit mit den Ländern? Sind die da alle gleich aufgestellt?
Es gibt eine gewisse Diversität. Wir werden in einem Gesetzgebungsverfahren vorsehen, dass die Bund-ID flächendeckend auch auf den anderen föderalen Ebenen genutzt werden muss. Es ist aber so, dass die Bund-ID schon heute in den meisten Verwaltungsservices mit verbaut ist. Ich bin froh, dass wir da mit den Ländern und Kommunen einen Schulterschluss haben. Nur wenn man gemeinsam solche Lösungen einbindet, sorgen wir dafür, dass Skalierungseffekte stattfinden und eine Marktdurchdringung erfolgt.
Ganz wichtig ist, dass Menschen und Unternehmen sich nicht jedes Mal neu auf eine andere Identifizierung einstellen müssen, sondern mit einem einheitlichen Eingangskanal reinkommen. Das schaffen wir über die Bund-ID und über das Bundesportal, auf dem die Verwaltungsleistungen aufrufbar sind.
Nutzer:innen müssen sich damit einige wenige Minuten beschäftigen. Aber viele Menschen sind es heute schon gewohnt, solche Konten einzurichten. Und wenn man es dann einmal gemacht hat, kann man viele Services nutzen. Schon heute integrieren zum Beispiel Banken diese Lösung, sodass auch der Privatsektor auf diese hochsichere, skalierungs- und nutzerfreundliche Lösungen setzt.
Wie sieht es in anderen Ländern aus? Sind die bei dem Thema weiter als Deutschland?
Andere Länder setzen oft auf softwarebasierte Lösung. Die sind vielleicht leichter einzusetzen, bieten aber nicht das hohe Schutzniveau wie bei uns. Da muss ich mir als Nutzender in anderen Ländern hin und wieder Gedanken machen. Wir haben eine Lösung die nutzerfreundlich ist und gleichzeitig auch so sicher, dass ich alle Anwendungen damit nutzen kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Helena Daehler, rbb. Dieses Interview ist eine gekürzte, redigierte Fassung.
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.03.23, 17:30 Uhr
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