rbb exklusiv: Papier der Kultusminister
Bis 2030 sollen die Regeln für das Abitur deutschlandweit gleich sein. Die Kultusminister haben sich jetzt auf Eckpunkte zu Bewertungen und Anzahl von Kursen geeinigt. Viele Bundesländer müssen sich erheblich anpassen.
Die Bundesländer planen spätestens 2030 ein Abitur nach einheitlichen Regeln. Ziel ist, das Abitur deutschlandweit vergleichbarer zu machen. Auf die neuen Regeln haben sich die Kultusminister nun laut einem Papier verständigt, das dem rbb exklusiv vorliegt.
Eine Einigung gibt es den Unterlagen nach dazu, wie die Leistungen in der Oberstufe bewertet werden sollen. Schülerinnen und Schüler müssen demnach in den ersten anderthalb Oberstufenjahren ein bis zwei Leistungskursklausuren pro Halbjahr schreiben. Ein bis zwei Grundkursklausuren sind in den Prüfungsfächern sowie in Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen vorgesehen. Bisher war das in den Bundesländern nicht einheitlich festgelegt und demnach unterschiedlich geregelt.
Im letzten Halbjahr vor dem Abitur soll jeweils eine Klausur möglich sein, diese wäre dann demnach nicht verpflichtend.
Ein weiterer Aspekt, bei dem offenbar Einigkeit besteht: Zwei bis drei Fächer sollen auf Leistungskursniveau unterrichtet werden, bisher sollten es zwei bis vier sein. Leistungskurse sollen für die Abiturnote doppelt gewichtet werden. In Bundesländern, die sich dafür entscheiden, drei Leistungskurse zuzulassen, können sie auch einfach gewichtet werden.
Festgezurrt wird dem KMK-Papier zufolge auch die Zahl der Kurse, die die Schülerinnen und Schüler belegen müssen. In den vier Halbjahren der gymnasialen Oberstufe sind es demnach künftig insgesamt 40, wobei als Kompromiss unter Umständen um einen Kurs pro Schulhalbjahr davon abgewichen werden kann. Das gilt ebenso für die Kurse, die den Plänen zufolge in die Gesamtnote eingebracht werden müssen, nämlich 36.
Für die Berliner Schulen wäre das eine teilweise Neuerung. Denn an Berliner Gymnasien müssen die Schülerinnen und Schüler bereits insgesamt 40 Kurse belegen, an den übrigen Schularten wie etwa den Sekundarschulen dagegen nur 34. In die Abiturnotenberechnung eingebracht werden derzeit jeweils 32 Kurse.
Die Kultusminister wollen am 16. März über die künftigen Abiturregeln sprechen. Kritiker monieren, das geschehe hinter verschlossenen Türen, anstatt sich mit den Verbänden zu beraten.
Die GEW Berlin sieht die Änderungen kritisch und fordert stattdessen andere Anpassungen. "Wir wünschen uns, dass das Abitur im eigenen Takt möglich ist", sagte der Vorsitzende Tom Erdmann. "Das heißt: Für die letzten drei Jahre - meist die Klassen 11, 12 und 13 - sollen die Schülerinnen und Schüler nicht drei, sondern fünf Jahre Zeit haben", erklärte Erdmann. Wenn sich eine Schülerin oder ein Schüler in einem Fach bereits sicher fühle, solle eine Prüfungsablegung auch außerhalb des eigentlichen Prüfungszeitraums stattfinden können. Damit würde den eigenen Leistungen mehr Rechnung getragen, als das reine Fokussieren auf einen Prüfungszeitraum von Anfang April bis Ende Mai.
Außerdem stellte Erdmann in Frage, ob durch eine Vereinheitlichung der Abiturprüfungen die Quoten der jeweiligen Bundesländer eingehalten werden könnten. "Bayern rühmt sich damit, das anspruchsvollste Abitur zu haben. Da machen nur 20 Prozent eines Jahrgangs Abitur - in Berlin sind wir bei fast 50 Prozent. Ob man diese Quoten bei einheitlichen Anforderungen halten kann, wage ich stark zu bezweifeln", sagte Erdmann. Änderungen dürften nicht dazu führen, dass man im Abitur zu einer "Testeritis" käme.
Notwendig geworden sind Änderungen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017. Dieses hatte angemahnt, dass das Abitur vergleichbarer sein müsse, um mehr Chancengleichheit bei der Studienplatzbewerbung zu schaffen.
Laut dem Entwurf, der dem rbb vorliegt, sollen die Länder die Neuerungen so umsetzen, dass sie spätestens für die Abiturprüfungen 2030 greifen. Den langen Übergangszeitrum begründet die KMK in ihrem Entwurf mit dem "erheblichen Anpassungsbedarf zahlreicher Länder".
Sendung: rbb24 Inforadio, 07.03.2023, 12:20 Uhr
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