Fragen und Antworten
Momentan stimmen die Berliner über den Volksentscheid zu Klimaneutralität ab. Gleichzeitig bringt die CDU zwei Befragungen ins Spiel: zur A100 und zum Tempelhofer Feld. Klingt erstmal nach einem immer gleichen Mechanismus - tatsächlich gibt es aber große Unterschiede.
Wer kann bislang einen Volksentscheid initiieren?
Im Berliner Abstimmungsgesetz heißt es dazu: "Trägerin […] können eine natürliche Person, eine Mehrheit von Personen, eine Personenvereinigung oder eine Partei sein." Der Staat selbst - also Senat oder Abgeordnetenhauses - ist hier explizit nicht als Initiator einer Abstimmung vorgesehen.
Nur in einem Fall sieht die Berliner Landesverfassung den Staat als initiator einer Abstimmung vor: Wenn die Artikel 62 und 63 der Verfassung geändert werden sollen. In diesen beiden Artikel sind Volksbegehren und Volksentscheide selbst geregelt. Diese Artikel dürfen nur verändert werden, wenn auch eine Volksabstimmung darüber abgehalten wurde und sich eine Mehrheit für die Änderung ausgesprochen hat.
Was müsste sich ändern, damit auch eine "Volksbefragung von oben" möglich wäre?
Dafür müsste - siehe oben - das Abstimmungsgesetz geändert werden.
Wo ist der Unterschied zwischen einem "von oben" initiierten Volksentscheid und einem "regulären" Volksentscheid?
Ein Volksentscheid kommt nur im Rahmen eines dreistufigen Verfahrens zustande. Wenn eine Initiative ein Gesetz oder eine politische Forderung zur Abstimmung stellen will, muss es zunächst Unterschriften für einen Antrag auf ein Volksbegehren sammeln. Im nächsten Schritt werden Unterschriften für das eigentliche Volksbegehren gesammelt. Erst wenn das erfolgreich ist, kann es zum Volksentscheid kommen – wenn das Abgeordnetenhaus nicht vorher entscheidet, den zur Abstimmung gestellten Gesetzentwurf oder die aufgestellte Forderung selbst zu übernehmen.
Bei einer "Abstimmung von oben" gäbe es nur eine Stufe. Es müssten keine Unterschriften gesammelt werden, es kommt direkt zur Abstimmung.
Ja. Ein Gesetz, das durch einen Volksentscheid zustande gekommen ist, kann genauso wie jedes andere Gesetz vom Parlament jederzeit mit einfacher Mehrheit geändert werden. Rein rechtlich braucht es keine zweite Abstimmung durch die Bürger.
Im Raum steht aber die Idee, dass ein Gesetz, dass durch einen Volksentscheid zustande gekommen ist, nur geändert werden kann, wenn sich dafür bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit findet - nach einer Frist von beispielsweise fünf Jahren (analog zu einer Wahlperiode).
Inwieweit wäre das Ergebnis einer "Volksbefragung von oben" anschließend bindend?
Das müsste gesetzlich geregelt werden. Aber: Wenn eine solche Art der Befragung gesetzlich verankert würde, dann ergäbe sie auch nur Sinn, wenn das Ergebnis auch am Ende auch rechtlich bindend ist.
Nein, das Thema kommt immer wieder aufs Parkett. 2014 entschieden die Berlinerinnen und Berliner per Volksentscheid, dass das Tempelhofer Feld nicht angetastet werden darf - dies wird durch den Volksentscheid gesetzlich verankert. Aber schon ab 2016 schlug der Senat unter dem Regierenden Michael Müller (SPD) vor, das Gesetz ändern, um neben dem Flughafenvorfeld Flüchtlinge unterbringen zu können. Das sorgte für breiten Protest. CDU und FDP sprachen sich dafür aus, dass Gesetze, die per Volksentscheid zustande kamen, nur nach einer zweiten Volksabstimmung geändert werden dürfen. Inzwischen ist auch die SPD auf diese Linie eingeschwenkt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.03.23, 15:05 Uhr
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