CDU und SPD wollen Losverfahren und Probejahr für Gymnasien abschaffen
Beim Aufnahmeverfahren für die Gymnasien will sich die wahrscheinliche Berliner schwarz-rote Koalition an Brandenburg orientieren. Das Probejahr könnte abgeschafft werden. Auch beim Mittleren Schulabschluss sind Änderungen vorgesehen.
In den Berliner Koalitionsverhandlungen wollen sich die bildungspolitischen Fachleute von CDU und SPD beim Aufnahmeverfahren für Gymnasien an Brandenburg orientieren. Das erfuhr der rbb am Donnerstag exklusiv aus Verhandlungskreisen.
Demnach sollen in Berlin künftig das Losverfahren sowie das bisherige Probejahr am Gymnasium wegfallen. Das Brandenburger Verfahren beinhaltet stattdessen für Schüler, die aufs Gymnasium wollen, teils eine Eignungsprüfung. Bei einem eintägigen Probeunterricht erledigen sie unter anderem Aufgaben in Deutsch und Mathematik. Nicht nötig ist das, wenn eine Gymnasialempfehlung der Grundschule vorliegt und im Halbjahreszeugnis der sechsten Klasse die Noten in Mathe, Deutsch und der ersten Fremdsprache zusammen nicht über sieben liegen.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in Berlin laufen auf Hochtouren. Die Dachgruppe sendet Friedenssignale an die aufgebrachte SPD-Basis – und führt vor, wie man inhaltliche Differenzen einfach umschiffen kann. Von Christoph Reinhardt
Mittlerer Schulabschluss an Gymnasien soll verschwinden
Abgeschafft werden soll rbb-Informationen zufolge auch der Mittlere Schulabschluss an Gymnasien. Das hatte bereits die sozialdemokratische Bildungssenatorin Sandra Scheeres in der rot-rot-grünen Koalition 2021 vor, bekam aber nicht die Zustimmung von Grünen und Linken. Vorgesehen war, dass Zehntklässler an Gymnasien den Mittleren Schulabschluss durch ihre Versetzung in die gymnasiale Oberstufe erwerben, ohne Prüfungen.
Das geeinte Papier zum Thema Bildung aus den laufenden Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD enthält ein Bekenntnis zu starken Gymnasien. Grundständige Gymnasien – also ab Klasse 5 – sollen, wie aus Verhandlungskreisen zu hören ist, qualitativ ausgebaut werden. Das hieße allerdings auch, nicht mehr grundständige Gymnasien einzurichten. Zugleich sollen die Gemeinschaftsschulen als eigenständige Schulen gestärkt werden.
Noch im Wahlkampf lagen die Positionen weit auseinander. Die SPD wollte Schulen unterstützen, die Gemeinschaftsschulen werden wollen, die CDU die Gymnasien stärken.
Einführen wollen den Informationen zufolge nun beide ein elftes Pflichtschuljahr für Jugendliche, die nach der zehnten Klasse weder weiter zur Schule gehen noch in der Ausbildung sind.
300 Euro für Grundschüler, bis zu 850 Euro Euro für Oberschüler: Bei Klassenfahrten müssen Berliner Schulen jetzt bestimmte Preis-Obergrenzen einhalten. Ausnahmen soll es nur geben, wenn es pädagogisch sinnvoll ist, heißt es.
"Ein gutes Ergebnis"
Ein weiterer Aspekt: Ganztags-Gymnasien sollen den Verhandlungskreisen zufolge durch einen besseren Personalschlüssel gestärkt werden. Die verlässliche Halbtags-Grundschule solle bis 15:30 Uhr statt nur bis 14:30 Uhr reichen. Um die Schulen personell zu unterstützen, sollen laut den Informationen die multiprofessionellen Teams ausgebaut werden, insbesondere mit Gesundheitsfachkräften und Schulhelfern.
Geeinigt haben sich die Verhandler den Informationen zufolge darauf, dass Schulen freier Träger pro Kopf mehr Geld bekommen sollen, wenn sie heterogen und inklusiv arbeiten. Das heißt, wenn sie etwa auch Kinder aus Familien mit geringem Einkommen oder mit besonderem Förderbedarf aufnehmen.
"Ein gutes Ergebnis", lautet ein Fazit der Koalitionsverhandlungen zur Bildung. Insgesamt seien beide Seiten sehr kompromissbereit gewesen. Ein Kompromiss ist auch die angestrebte Orientierung an dem Brandenburger Modell für den Übergang auf das Gymnasium. Denn die Berliner CDU wollte schon lange das Losverfahren für die Aufnahme an Gymnasien streichen, aber Probeunterricht an allen Oberschulen einführen. Die SPD dagegen strebte an, das bisherige Probejahr abzuschaffen. Das so genannte Abschulen, sobald Kinder das Probejahr nicht bestehen, wolle sie einschränken.
Gymnasien sollen mit dem Brandenburger Modell inklusiver arbeiten
Mit der Orientierung an dem Brandenburger Modell, so Koalitionsverhandlungskreise, sei es hinfällig, Kinder, die das Probejahr nicht schaffen, vom Gymnasium auf eine Sekundarschule "abzuschulen". Dahinter steckt der Gedanke, dass auch Gymnasien inklusiver arbeiten sollen. Ein genauer Zeitpunkt für die Änderungen sei noch nicht vorgesehen, heißt es auf rbb-Nachfrage.
Einen weiteren Kompromiss gehen CDU und SPD laut Verhandlungskreisen ein, was die Wertevermittlung angeht. Das Fach Ethik soll demnach weiter bestehen. Künftig sollen Schülerinnen und Schüler im Wahlpflichtbereich auch Weltanschauung und Religion wählen können.