Lehramtsstudium startet in Senftenberg
An der BTU in Senftenberg werden ab Herbst die ersten neuen Grundschullehrer ausgebildet. Bildungsministerin Britta Ernst setzt darauf, dass möglichst viele der Studierenden später in der Lausitz bleiben. Von Michael Schon
Als Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) von Senftenberg spricht, klingt sie fast ein bisschen wie die Chefin des Stadtmarketings: Wassersport, ein Landestheater, günstige Wohnungen – ideale Bedingungen für angehende Grundschullehrer seien das. Ab Herbst gibt es dann auch den passenden Studiengang dazu: Lehramt Primarstufe, oder etwas weltläufiger: Bachelor of Education.
Zum Start gibt es 50 Studienplätze. Die Kapazitäten sollen schrittweise auf mehrere Hundert erhöht und die Fächerkombinationen ausgebaut werden, denn im ersten Semester wird eine Ausbildung lediglich in den Mangelfächern Mathematik und Deutsch angeboten. Später kommen Englisch, Kunst, Musik, Sachunterricht und Sport dazu. "In sehr schneller Folge", so BTU-Vizepräsident Peer Schmidt, werde man nun den anschießenden Master-Studiengang aufsetzen. Nur so werden in Senftenberg voll ausgebildete Lehrkräfte die Uni verlassen können.
An der BTU ist man stolz darauf, den neuen Studiengang in Rekordzeit aus dem Boden gestampft zu haben. Ende November erst hatte der Landtag die nötigen Mittel frei gemacht. Innerhalb von drei Monaten seien die nötigen Voraussetzungen geschaffen worden, um im Wintersemester zu starten, sagt Schmidt. Studien- und Prüfungsordnung liegen vor. Sie wurden mit Unterstützung des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung an der Universität Potsdam erstellt. In den nächsten Wochen sollen die ersten Professorinnen und Mitarbeiter eingestellt werden.
Das Besondere am Studium in Senftenberg soll die starke Praxisorientierung sein: Bereits im ersten Semester startet das erste Schulpraktikum, die Anwendung von theoretisch erlerntem Wissen in der Schule soll sich durch das ganze Studium ziehen. "Wir haben die Rufe vernommen", sagt Schmidt. Immer wieder hatten Interessenvertretungen wie Pädagogenverband und Lehrergewerkschaft GEW moniert, dass angehenden Lehrkräften der Realitätscheck fehle. Auch Fachdidaktik – also die Wissensvermittlung an Schülerinnen und Schüler – soll eine zentrale Rolle im Studium einnehmen.
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) verbindet mit dem Studium eine klare Vorstellung: "Wir hoffen, dass die Lehrer, die hier ausgebildet werden, auch in der Region bleiben." Bislang bildet in Brandenburg nur die Universität Potsdam Lehrkräfte aus. Es habe sich herausgestellt, dass Potsdamer Lehramtsanwärter nicht so einfach für einen Job in der Lausitz begeistert werden könnten, so Ernst.
Was der neue Studiengang allerdings nicht kann: Den Lehrermangel in Brandenburg schnell lindern. Bis die erste voll ausgebildete Lehrkraft die Universität in Senftenberg verlässt, vergehen mindestens sechs Jahre. Dabei werden eigentlich schon im Schuljahr 2023/24 mehr als 600 neue Grundschullehrer gebraucht, wie aus der aktuellen Lehrermodellrechnung des Bildungsministeriums hervorgeht, die rbb24 vorliegt. In Potsdam werden nach Angaben des Pädagogenverbandes derzeit gerade einmal 200 Grundschullehrerinnen und -lehrer pro Jahr ausgebildet.
Die Lehrergewerkschaft GEW sieht den neuen Studiengang in Senftenberg grundsätzlich positiv. "Wir begrüßen es sehr, dass es neben der Universität Potsdam nun einen zweiten Standort gibt", sagt GEW-Chef Günther Fuchs. Wichtig sei auch, dass in Senftenberg Reformansätze für mehr Praxisorientierung diskutiert würden. Man werde sich das Konzept der BTU aber genau anschauen, vor allem mit Blick auf die Betreuung der Studenten und Studentinnen: Angesichts der hohen Abbrecherquote unter Lehramtsstudierenden von rund 30 Prozent sei eine intensive Begleitung im Studium unabdingbar. "Dafür braucht es nicht nur Professoren, sondern auch einen akademischen Mittelbau", so Fuchs - also wissenschaftliche Mitarbeiter als Ansprechpartner.
Weil die Zahl der Studenten im ersten Jahr auf 50 begrenzt ist, startet der neue Studiengang mit Zulassungsbeschränkung. Das Bewerbungsverfahren beginnt am 20. April. Wer einen der Plätze in Senftenberg ergattert, dürfte allerdings mit Jobgarantie studieren: Brandenburg rechnet damit, dass auch in Zukunft jedes Jahr zwischen 300 und 400 neue Grundschullehrer gebraucht werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 13.03.2023, 19:30 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen