Fragen und Antworten
Am 26. März wird abgestimmt: Ein Bündnis will mit einem Volksentscheid erreichen, dass Berlin bereits 2030 und nicht erst wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Abstimmung.
Gut 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner können am 26. März darüber abstimmen, ob die Stadt schon 15 Jahre früher als bisher geplant bereits 2030 klimaneutral sein soll. Am Volksentscheid darf teilnehmen, wer älter als 18 Jahre ist, die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und seit mindestens drei Monaten seinen Hauptwohnsitz in Berlin hat.
Damit das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz entsprechend geändert wird, reicht eine Mehrheit der Abstimmenden allein nicht aus: Ein Viertel der Berechtigten muss mit Ja stimmen, das sind knapp 613.000 Bürgerinnen und Bürger.
Anfang März sollten alle Stimmberechtigten die Abstimmungsbenachrichtigungen in ihren Briefkästen gehabt haben. Bis zum 24. März können die Verzeichnisse noch korrigiert werden. Wer am Volksentscheid per Brief teilnehmen möchte, kann sich wie bei einer Wahl die Unterlagen zuschicken lassen. Der Antrag dazu kann unter anderem auf der Internetseite des Landeswahlleiters gestellt werden.
Die Initiatoren halten die bisherige Selbstverpflichtung Berlins auf die Ziele des Pariser Abkommens zum Klimaschutz aus dem Jahr 2015 für unzureichend. Sie wollen dem Senat nur noch sieben statt 22 Jahre Zeit geben, um den Ausstoß von Treibhausgasen um 95 Prozent im Vergleich zum Ausgangsjahr 1990 zu senken. Außerdem fordern sie mehr Verbindlichkeit und wollen den Senat ausdrücklich verpflichten, die gesetzlich festgelegte Absenkung tatsächlich zu erreichen. Bislang werden in dem Gesetz lediglich Ziele formuliert.
Der Senat hält diese Vorgaben für unrealistisch. Vor allem, weil eine Großstadt wie Berlin bei der Energieversorgung von außen abhängig und darauf angewiesen ist, dass klimaneutrale Energiequellen außerhalb Berlins ausgebaut werden. Auch die technischen Entwicklungen zum Beispiel bei der Wasserstoff-Wirtschaft könne das Land Berlin nicht steuern. Und der Bund mache Vorgaben, die Berlin etwa bei Genehmigungen von Ölheizungen und Kraftwerken einhalten müsse.
Für das, was der Senat selbst in der Hand hat, wie zum Beispiel die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude, reiche die Zeit nicht aus. Schon wegen des Mangels an ausreichend Handwerkern, schreibt der Senat in seiner Stellungnahme zum Volksbegehren.
Bei der für jeden Volksentscheid vorgesehenen Kostenschätzung will der Senat keine Prognose vorlegen: Die Kosten für das Land Berlin ließen sich "nicht seriös beziffern". Einerseits müsse man mindestens mit einem zweistelligen Milliardenbetrag Gesamtkosten rechnen, die zum Teil durch den Landeshaushalt finanziert werden müssten. Andererseits könne es auch Arbeitsplatzeffekte geben, Energieeinsparungen, die Vermeidung von Klimaschäden – aber auch diese Faktoren ließen sich nicht unmittelbar beziffern.
Anders als beim letzten angenommen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen, über dessen konkrete Umsetzung immer noch gestritten wird, würde die Änderung des Energiewendegesetzes automatisch in Kraft treten und müsste durch den Senat unmittelbar umgesetzt werden. Allerdings hat das Abgeordnetenhaus das Recht, auch per Volksentscheid zustande gekommene Gesetze zu ändern.
Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg dürfte die Mobilisierung für den Abstimmungstermin werden. Die Initiatoren hatten ursprünglich verlangt, den Volksentscheid am selben Tag wie die Wiederholungswahl durchzuführen. Der Landeswahlleiter und der rot-grün-rote Senat hatten dies aber vor allem mit Blick auf eine pannenfreie Organisation der Wiederholungswahl abgelehnt. Bei Abstimmungen an Wahltagen ist die Beteiligung regelmäßig höher, an Tagen ohne parallele Wahl hatte nur ein einziger Volksentscheid das Quorum erreicht: Das war 2011 der zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe.
Unmittelbar würde nichts passieren, denn es sind keine Sanktionen für diesen Fall vorgesehen. Die Klimavolksentscheids-Initiative hatte darauf verzichtet, Sanktionen in den Gesetzestext zu schreiben, über den beim Volksentscheid abgestimmt wird. Sie begründete dies auf rbb Anfrage damit, dass dies rechtlich nicht ganz unkompliziert sei. Zudem hätte es viel Zeit gekostet, Sanktionen juristisch wasserdicht einzuarbeiten. Um mit dem Volksbegehren 2021 starten zu können, haben sie lediglich in der Begründung zu ihrem Gesetz dem Berliner Senat aufgetragen, Sanktionen zu erlassen.
Nur weil keine Sanktionen festgeschrieben sind, heißt das jedoch nicht, dass das Gesetz keine Wirkung erzielen kann. Denn immerhin ist in dem Gesetzestext der Klimainitiative (über den per Volksentscheid abgestimmt wird) die Klimaneutralität bis 2030 für Berlin vorgeschrieben. Sie ist keine Kann-Bestimmung. Sollte dieses Ziel 2030 nicht erreicht sein, könnte dagegen geklagt werden, bestätigte der Verwaltungsrechtsexperte Christian Pestalozza dem rbb.
Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2023, 10:10 Uhr
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