Berlin kaufte 2022 rund 11.500 asbestverseuchte Wohnungen
Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin haben im vergangenen Jahr rund 11.500 asbestbelastete Wohnungen angekauft oder übernommen. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Grünen hervor, die dem rbb vorliegt.
Demnach hat die Howoge im vergangenen Jahr fast 7.000 asbestbelastete Wohnungen in ihren Bestand übernommen, mehr als jede andere landeseigene Gesellschaft. Bei der Berlinovo waren es rund 2.700 Wohnungen, bei der Degewo knapp 2.000. Zuerst hatte die "Berliner Morgenpost" berichtet.
Jede dritte Schule in Berlin ist mit schwach gebundenem Asbest belastet, der schon durch Alterung der Gebäude Fasern freisetzen kann. Die Asbestrichtlinie schreibt in solchen Fällen regelmäßige Prüfungen vor. Nicht alle Bezirke halten sich daran. Von Roberto Jurkschat und Ute Barthel
55.000 asbestbelastete Wohnungen
Insgesamt haben die sechs Unternehmen etwa 55.000 Wohnungen in ihren Beständen, in denen der krebserregende Stoff Asbest verbaut ist. Betroffen sind vor allem die Bezirke Neukölln, Spandau und Tempelhof-Schöneberg. Knapp 4.800 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr asbestsaniert.
Zur Asbestbelastung im privaten Wohnungsbestand habe man dagegen keine Informationen, teilte der Senat auf Anfrage der Grünen mit.
Grünen-Abgeordneter vermutet hohe Dunkelziffer
Andreas Otto, der baupolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, kritisierte das Informationsdefizit. Er rechne mit einer Dunkelziffer im sechsstelligen Bereich. "Berlin kann seinen Asbeststaub gegenüber den Bewohnerinnen nicht einfach verschweigen."
Seit Jahren wird in Berlin über eine Schadstoffbelastung von Wohnungen privater Immobilienkonzerne diskutiert, die das Land aufkauft. Die Sorge ist, dass Berlin vor allem sanierungsbedürftigen Wohnraum in das Portfolio seiner Unternehmen holt und die Kosten für deren Instandsetzung übernehmen muss. Dennoch wollen auch CDU und SPD weiter auf den Wohnungsankauf setzen: Laut Koalitionsvertrag soll der öffentliche Wohnungsbestand auf 500.000 erhöht werden, unter anderem durch "strategische Ankäufe".
Krebserregender Asbest seit 1993 verboten
Asbest wurde bis in die 1970er-Jahre in vielen Wohnungen in sogenannten Vinyl-Bodenbelägen verarbeitet. Längst werden die Beläge porös, brechen und setzen Asbestfasern frei. Seit 1993 ist die Verwendung von Asbest in Deutschland verboten.
Auch zahlreiche Schulen in Berlin sind mit schwach gebundenem Asbest belastet, der schon durch Alterung der Gebäude Fasern freisetzen kann. Die Asbestrichtlinie schreibt in solchen Fällen regelmäßige Prüfungen vor. Nicht alle Bezirke halten sich daran. Es sind mehr Schulen in den West-Bezirken der Stadt betroffen, als im Osten.