Koalitionsvertrag vorgestellt
Gut drei Wochen nach dem Start ihrer Koalitionsverhandlungen haben CDU und SPD in Berlin ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Schwerpunkte sind unter anderem der Ausbau des Nahverkehrs, bezahlbares Wohnen und eine Reform der Verwaltung.
Sieben Wochen nach der Wiederholungswahl in Berlin haben CDU und die SPD am Montag ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Man habe 25 Tage "fair und auf Augenhöhe" verhandelt, sagte der mögliche neue Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Der Koalitionsvertrag stehe unter dem Motto "Das Beste für Berlin" und richte sich an alle Berlinerinnen und Berliner. Der Koalitionsvertrag umfasst 24 Kapitel mit 135 Seiten.
Wegner sagte, es gehe darum, einen Aufbruch und eine Erneuerung für die Stadt zu schaffen. Wegner nannte als Erstes die Mobilitätswende, die mit Angeboten und nicht mit Verboten gelingen solle. Konkret soll der ÖPNV ausgebaut werden, mit engeren Takten und neuen Schienenstrecken. Auch neue Radwege werde es geben. "Wir wollen aber auch dafür sorgen, dass Menschen mit dem Auto auch noch in dieser Stadt ihren Platz haben", sagte Wegner.
Um den Wohnungsbau zu beschleunigen, sollten die Genehmigungsverfahren entschlackt werden.
Überhaupt sei die Digitalisierung der Verwaltung eines der Hauptziele. Es gehe darum, die Digitalisierung voranzutreiben, auch um bei Entscheidungen schneller zu werden. Die Einrichtung eines Zebrastreifens soll also künftig nicht mehr Jahre dauern und diverse Behörden und Arbeitsgruppen in 18 Verfahrensschritten beschäftigen. Die Bürger sollen schneller Termine beim Bürgeramt bekommen. Nötig seien auch klare Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken. Bei der Bezahlung sei das Ziel, innerhalb von fünf Jahren Bundesniveau zu erreichen.
Im Bildungsbereich sollten Chancen für alle Kinder geschaffen werde, dafür sei unter anderem Sprachförderung in den Kitas nötig. Ein Paradigmenwechsel deutet sich auch beim Religionsunterricht an. Nach Jahrzehnten als freiwilliges Angebot der Religionsgemeinschaften in den Randstunden will die Koalition ein Wahlpflichtfach Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach einführen. Das 2006 eingeführte Fach Ethik bleibt in seiner bisherigen Form bestehen.
Polizei und Rettungskräfte sollten mit moderner Technik ausgestattet werden. An bestimmten Orten mit überdurchschnittlich viel Kriminalität soll es "anlassbezogen" Videoüberwachung geben.
In Bezug auf die Friedrichstraße, die zum Teil für den Autoverkehr gesperrt ist, sagte Wegner im rbb24 Inforadio, dass der jetzige Zustand nicht bleiben könne. Das stehe auch im Koalitionsvertrag. Man werde zusammen mit Anrainern und den Gewerbetreibenden schauen, wie die Friedrichstraße künftig gestaltet wird.
Die noch amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte, bei der Wiederholungswahl sei deutlich geworden, dass Veränderungen notwendig seien. Der Koalitionsvertrag führe verschiedene Gruppen der Bevölkerung zusammen.
Die großen Zukunftsfragen für Berlin seien der Klimaschutz und die des bezahlbaren Wohnens. Berlin brauche einen bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr und beschleunigte Wohnungsbauprozesse. Das neue 29-Euro-Ticket solle unbefristet fortgesetzt werden. Für den Klimaschutz wird ein Sondervermögen von zunächst fünf Milliarden Euro aufgesetzt.
Nötig sei außerdem eine Ausbildungsoffensive und möglicherweise auch eine Ausbildungsumlage.
Für das Tempelhofer Feld sei eine "behutsame Bebauung" geplant, ergänzte der SPD-Co-Vorsitzende Raed Saleh. Nach einem Wettbewerb sollen die Berliner dazu befragt werden.
Beide Parteien kündigten an, Innenstadt und Außenbezirke zusammenführen zu wollen. "Berlin wird nur dann eine attraktive und lebenswerte Metropole sein, wenn in der gesamten Stadt wohnortnahe Infrastruktur, klimagerechte Lösungen, Versorgungsangebote, und Grün- und Erholungsflächen vorhanden sind."
Das Ziel sei außerdem, im Bereich Mobilität die Interessen aller Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. "Berlin wird nur dann eine sichere und hochmobile Metropole sein, wenn Interessen ausgeglichen und nicht gegeneinander ausgespielt werden."
Ab Dienstag stimmen SPD-Mitglieder über das Dokument ab, das Ergebnis soll am 23. April feststehen. Die CDU entscheidet über das Regierungsprogramm auf einem Parteitag, der voraussichtlich am 24. April stattfinden soll. Erst danach soll bekanntgegeben werden, wer welchen Senatsposten übernimmt. Über die Aufteilung der Ressorts hatten sich beide Parteien am Sonntag geeinigt.
Stimmen beide Parteien dem Koalitionsvertrag zu, müsste in einer neuen Landesregierung Franziska Giffey (SPD) ihr Amt als Regierende Bürgermeisterin an den CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner abgeben. CDU und SPD sollen jeweils fünf Senatsressorts bekommen.
Kommt von beiden Seiten Zustimmung, sei am Mittwoch, 26. April, die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags geplant, kündigte Giffey an. Einen Tag später könnte dann Wegner vom Abgeordnetenhaus zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt werden. Er wäre der erste Christdemokrat in diesem Amt seit 2001.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.04.2023, 6:20 Uhr
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