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Material: Brandenburg Aktuell | Quelle: dpa/J. Schmitz

Koalitionsvertrag

Berliner Mieterverein sieht bei Schwarz-Rot zu starken Fokus auf Neubau

Fallen sozial schwache Menschen bei den Wohnungsbau-Plänen von SPD und CDU hinten runter? Diese Sorge hegt der Berliner Mieterverein. Neubau sei zwar wichtig, doch die neu geschaffenen Wohnungen müssten sich die Menschen auch leisten können.

Der Berliner Mieterverein sieht die Ankündigung der CDU und der SPD, den Schwerpunkt auf den Neubau von Wohnungen legen zu wollen, kritisch. "Wir brauchen Neubau. Das Problem ist, dass man genau hingucken muss, in welchem Preissegment gebaut wird", sagte Wibke Werner, Geschäftsführerin des Mietervereins, am Mittwoch im rbb24 Inforadio.

Auch für Haushalte mit geringem Einkommen müsse Wohnraum zur Verfügung stehen. Daher sei es vielmehr wichtig, den Wohnungsbestand, besonders den günstigen Wohnraum, noch besser zu schützen, statt den Fokus zu stark auf den Wohnungsneubau zu legen, sagte Werner.

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Wohnungsbau soll vereinfacht werden

Im Koalitionsvertrag lautet das Vorhaben, pro Jahr 20.000 neue Wohnungen zu bauen, 5.000 davon sollen Sozialwohnungen sein. Damit dies gelingt, möchten CDU und SPD das Bauen grundsätzlich vereinfachen und beschleunigen: entschlackte Bauordnung, schnellere Verfahren, verkürzte Fristen, mehr Typenbaugenehmigungen.

Die Pläne für den sozialen Wohnungsbau sieht Werner kritisch, da Änderungen bei den Quoten und ein weiteres Förderprogramm für mittlere Einkommen geplant seien. "Das sind so Punkte, da haben wir ein bisschen Sorge, dass der soziale Wohnungsbau künftig mehr für die mittlere Einkommensschicht zur Verfügung gestellt wird und die Haushalte mit den geringeren Einkommen hinten runterfallen könnten."

Um Mieter zu schützen, planen CDU und SPD ein digitales Mieten- und Wohnungskataster auf Landesebene, das die Mietenentwicklung transparenter machen soll. Außerdem soll es eine Prüfstelle geben, die die Einhaltung der Mietpreisbremse überwacht. Die kostenfreie Mieterberatung in den Bezirken soll bei Bedarf ausgebaut werden.

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Auf die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften kommt laut den Plänen der Koalition einiges zu: Sie sollen nicht nur etwa ein Drittel der 20.000 neuen Wohnungen bauen, sondern auch 15.000 Wohnungen ankaufen. Dafür sollen sie vier Milliarden Euro erhalten, die kreditfinanziert sein sollen. CDU-Chef Kai Wegner legt Wert darauf, dass das Land Berlin mehr Einfluss auf dem Mietwohnungsmarkt hat und dort auch mehr Steuerungsfunktion haben sollte.

Mehr landeseigene Wohnungen zu schaffen, sieht Weber grundsätzlich als richtigen Weg, "um insgesamt das gemeinwohlorientierte Segment zu stärken", sagte die Mietervereins-Geschäftsführerin. "Allerdings muss man auch sehen, dass die Idee dahintersteht, der
Enteignungsinitiative und der Vergesellschaftung von Wohnungen den Wind aus den Segeln zu nehmen."

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Kritik auch vom BUND

Bei der Frage der Vergesellschaftung großer Wohnungsbauunternehmen kündigten CDU und SPD ein Rahmengesetz an, falls die zuständige Expertenkommission eine rechtssichere Umsetzung des Volksentscheids für möglich hält. In Kraft treten würde es zwei Jahre nach seiner Verkündung, heißt es im Vertragstext. Das kritisierte die Enteignungs-Initiative: Der Volksentscheid solle untergraben werden – das sei antidemokratisch, hieß es.

Kritik an den Bauplänen im Koalitionsvertrag kommt vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Zwar kündige Schwarz-Rot an, versiegelte Flächen besser zu nutzen, gleichzeitig aber auch, unversiegelte Flächen wie die Elisabethaue oder Teile des Tempelhofer Felds bebauen zu wollen.

Neue Stadtquartiere will Schwarz-Rot in Zukunft schneller entwickeln. Der zentrale Festplatz soll nur dann als Baustandort in Betracht kommen, wenn es einen gleichwertigen Ausweichstandort für die Schausteller gibt. Wie die Friedrichstraße in Zukunft aussieht, darüber wollen CDU und SPD gemeinsam mit Anwohnern und Gewerbetreibenden verhandeln. Für die Berliner Mitte insgesamt wird ein städtebaulicher Masterplan angekündigt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.04.2023, 09:00 Uhr

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