Zahl politisch motivierter Straftaten in Brandenburg erreicht neuen Höchststand
Rechtsextremismus, Corona, Krieg in der Ukraine: Im vergangenen Jahr ist politisch motivierte Kriminalität in Brandenburg davon geprägt gewesen. Auffällig bei diesen Delikten ist zudem eine zunehmende Gewaltbereitschaft. Von Andreas B. Hewel
Die meisten Straftaten werden rechtem Spektrum zugeordnet
Straftaten aus linkem Milieu rückläufig
Corona-Pandemie spielte eine große Rolle bei Zunahme
Deutlich mehr Gewalttaten
Die Zahl der von den Behörden registrierten politisch motivierten Straftaten ist im vergangenen Jahr in Brandenburg im Vergleich zum Vorjahr um knapp 20 Prozent angestiegen. Die aktuelle Statistik stellte das Innenministerium am Donnerstag in Potsdam vor [mik.brandenburg.de/PDF].
Demnach wurden im vergangenen Jahr insgesamt 4.384 solcher Straftaten gezählt. Damit wurde der Höchststand aus dem Jahr 2021 - damals waren es 3.661 Delikte - noch einmal deutlich übertroffen. Die Statistik wird seit 20 Jahren erhoben.
Damit setzt sich ein langjähriger Trend bei der Entwicklung politisch motivierter Straftaten in dem Bundesland fort. 2013 lag die Zahl solcher Straftaten noch bei 1.786. Seither stieg sie stetig an. Nur in den Jahren 2018 und 2020 gingen die Straftaten kurzzeitig zurück, um danach nur umso deutlicher wieder anzusteigen.
Rechte Kriminalität nach wie vor dominierend
Die meisten politisch motivierten Straftaten werden seit Jahren mit Abstand dem rechten Spektrum zugeordnet. 2.046 Fälle waren es 2022, ein Anstieg von 13 Prozent zum Vorjahr.
Anders als in den Jahren zuvor allerdings schließt eine andere Gruppe von politisch motivierten Straftaten zu denen des rechten Spektrums nahezu auf: Es sind sogenannte politisch nicht zuordenbare Straftaten, die dennoch als politisch motiviert gelten. Es waren 2022 vor allem Straftaten, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begangen wurden. Insgesamt kamen diese auf 1.992 Fälle.
Straftaten, die dem linken Milieu zugeordnet werden, sind dagegen auf 232 Fälle gesunken, ein deutliches Minus von 40 Prozent zum Vorjahr.
Krieg in der Ukraine hat Einfluss auf Anstieg
Deutlich angestiegen sind wiederum Fälle, die einer ausländischen Ideologie zugeordnet werden. Sie sprangen 2022 von sechs auf 89 Straftaten. Die meisten davon sind im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu sehen. Oft handelte es sich dabei um das Zeigen des verbotenen Z-Zeichens, das in Russland als Symbol für die Befürwortung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine steht."
Die wenigsten politisch motivierten Straftaten werden mit 25 Fällen einer religiösen Ideologie zugeordnet.
Gewalttaten ebenfalls auf Höchststand
Schaut man sich unter diesen Straftaten nur die politisch motivierten Gewalttaten an, dann erreichen auch diese 2022 einen neuen Höchststand in Brandenburg: Auf 300 Fälle sind diese Art von Gewaltdelikten gestiegen. 2021 waren es noch 179.
Hauptgrund für den rasanten Anstieg sind Gewaltdelikte, die zu der Gruppe der politisch nicht zuzuordnenden Fälle gehören, also Gewalttaten, die vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begangen wurden. Hier stieg die Zahl auf 174 Gewaltvergehen. Im Jahr zuvor waren es noch 49. Damit übertrafen sie erstmals die Zahl der Gewalttaten, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden. Diese sank 2022 auf 90 Fälle. Die Zahl der linken Gewalttaten dagegen stieg zwar deutlich, aber auf wesentlich geringerem Niveau. Sie betrug 29 Fälle.
Besorgniserregend sind zudem zwei weitere Entwicklungen: So haben sich fremdenfeindliche Gewaltdelikte im Jahr 2022 fast verdoppelt auf 143 Fälle. Und die gewaltsame Auseinandersetzung mit dem jeweiligen politischen Gegner stieg von 102 auf 151 Straftaten.
Aufklärungsquote sinkt
Die Aufklärungsquote ist dagegen leicht gesunken von 52,5 Prozent im Jahr 2021 auf 48,2 Prozent im vergangenen Jahr. Das Innenministerium erklärt dies mit der hohen Zahl der Straftaten, die bei Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen verübt wurden.
Gesunken ist die Aufklärungsquote allerdings auch bei der Gewaltkriminalität: Sie sank von 81 Prozent auf 79,1 Prozent. Dabei führte das Innenministerium in der Vergangenheit bereits an, dass die Aufklärungsquote in diesem Bereich in Brandenburg immer über dem Bundesdurchschnitt lag. Das, so das Innenministerium, sei auch in diesem Jahr zu erwarten. Die Zahlen des Bundes aber liegen noch nicht vor.