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Video: rbb|24 | 16.04.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Quelle: dpa/H. Schmidt

Zehn Jahre AfD in Brandenburg

Vom "gärigen Haufen" zur parlamentarischen Fundamentalopposition

Die Brandenburger AfD wird am 28. April zehn Jahre alt. Die Partei hat sich seither deutlich gewandelt und wird mittlerweile vom Verfassungsschutz als extremer Verdachtsfall eingestuft. 2024 will sie die Machtfrage stellen. Von Thomas Bittner

Mit einer Euro-Münze und einer D-Mark fing es an. Alexander Gauland hielt beide 2013 in eine rbb-Kamera. Es war Wahlkampf. Der Potsdamer Publizist gehörte zu den Gründungsvätern der "Alternative für Deutschland". Er wollte in den Bundestag.

Kritik an der Eurorettungspolitik stand am Anfang dieser Alternativpartei. Schnell wurde sie als "Professorenpartei" verspottet, den Einzug in den Bundestag verpasste sie 2013 noch knapp mit 4,7 Prozent der Stimmen. Heute, zehn Jahre danach, ist die Partei fest im Politikbetrieb etabliert. Viele Professoren sind längst weg, Gauland ist noch da. Er ist, inzwischen 82 Jahre alt, Ehrenvorsitzender der Partei.

Die Themen haben gewechselt. Nach dem Euro kam die Migration, später die Kritik an rigiden Corona-Maßnahmen. Heute machen einzelne AfD-Politiker mit Russland-Positionen zum Ukraine-Krieg Schlagzeilen. Und die Migrationsdebatte nimmt wieder Fahrt auf. Was ist geblieben, was ist der Kern der AfD-Positionen? Alexander Gauland spricht von "deutschen Interessen, die wir vertreten, hier im Land und draußen in der Welt".

"Damit müssen wir umgehen"

AfD initiiert gleich vier Untersuchungsausschüsse im Brandenburger Landtag

Der Landtag in Brandenburg hat viel zu tun: Gleich vier Untersuchungsausschüsse laufen parallel, alle initiiert von der AfD-Fraktion. Die Landtagspräsidentin spricht von einer "großen Belastung", die Stimmung kippe deshalb aber nicht.

AfD spricht von "Überfremdung"

Als Hunderttausende Flüchtlinge von draußen aus der Welt kamen, hatte die AfD ihr Thema gefunden: Kritik an der Migrationspolitik, Angst vor Fremden. Damit schaffte sie es in die Parlamente. Seit 2014 sitzt sie im Brandenburger Landtag, seit 2017 im Bundestag. René Springer aus Eberswalde, der 2014 zur Partei stieß und heute Bundestagabgeordneter ist, sagt: "Wir wollen die ungesteuerte Migration begrenzen. Wir wollen dafür sorgen, dass man durch unsere Städte gehen kann und nicht das Gefühl hat, auf einem afrikanischen Basar zu sein."

Selbst in seiner Heimatstadt Eberswalde sehe er eine "Form der Überfremdung". Mit der Haltung gegen Minderheiten und Migranten, mit der Verächtlichmachung des politischen Systems und ihrer Vertreter hat die Partei die Verfassungsschützer auf den Plan gerufen. Sie stufen die Partei inzwischen als rechtsextremen Verdachtsfall ein.

Pöbeleien gegen Kollegin bei Weihnachtsfeier

Kalbitz bleibt AfD-Fraktionsmitglied

Andreas Kalbitz soll eine Abgeordneten-Kollegin im Rausch beleidigt haben. Die AfD-Fraktion spricht eine Missbilligung aus und ändert ihre Geschäftsordnung. Was nach einer milden Strafe aussieht, könnte Kalbitz gefährlich werden. Von Michael Schon

AfD hat vier Untersuchungsausschüsse einsetzen lassen

Seit die AfD mit ihrer Fundamentalopposition im Landesparlament sitzt, hat sich manches geändert. Sie nutzt ihre Oppositionsrechte, ließ seit 2019 vier Untersuchungsausschüsse einsetzen, zur Corona-Politik, dem BER-Flughafenbau und zur rbb-Krise. Sie stellt ein Fünftel der Abgeordneten und kann deshalb zu diesem Mittel greifen. Die Fraktion hält mit detaillierten Anfragen die Regierung auf Trab.

Sebastian Walter, als linker Fraktions- und Landesvorsitzender selbst in der Opposition, sagte dem rbb, er habe nie wirkliche Lösungsvorschläge von der AfD erlebt. Die Untersuchungsausschüsse nutze die AfD vor allem dafür, Mittel zu bekommen, um ihre eignen Strukturen zu finanzieren. Es gehe immer darum, die Gesellschaft zu spalten und Einzelne für große gesellschaftliche Probleme verantwortlich zu machen. Die AfD sei nicht wirklich für Meinungsfreiheit. "Es geht ihr darum, immer recht zu haben. In der Demokratie geht es aber darum, dass es verschiedene Meinungen gibt. Und man muss mit Widerspruch leben", so Walter.

Machtkämpfe gehören bis heute zum Alltag

Ein "gäriger Haufen" sei die Partei, so wie alle jungen Parteien. Das sagte Gauland einst. Parteien seien eben kein Kindergeburtstag, sagt auch René Springer. Bis 2009 war er in der SPD. Er habe einen Eindruck, was Parteien eigentlich ausmache: "der ständige Konflikt, das ständige Ringen um gute Lösungen". Nichts anderes geschehe hier.

In der AfD gehören Machtkämpfe bis heute zum Alltag. Die ehemaligen Vorsitzenden Bernd Lucke, Frauke Petry und Jörg Meuthen sind nicht mehr in der Partei. In Brandenburgs Landesverband hat sich 2022 bei der Wahl der Parteispitze vor allem das Lager um Birgit Bessin durchgesetzt, sie wurde Landesvorsitzende.

Landesvorsitzende wünscht sich Kalbitz zurück in der AfD

Die 45-jährige gilt als Vertraute von Andreas Kalbitz. Die Causa Kalbitz gehört zur Brandenburger AfD-Geschichte. Der ehemalige Berufssoldat war Fraktions- und Landeschef. Weil er über vergangene Mitgliedschaften in rechtsextremen Organisationen nicht informiert hatte, wurde ihm vom Bundesvorstand die Mitgliedschaft entzogen. Beim Verfassungsschutz sieht man in Kalbitz einen Mann, der tief im organisierten Rechtsextremismus verwurzelt sei.

In der AfD-Landtagsfraktion durfte er aber auch als Parteiloser bleiben. Ein Teil der Fraktion steht weiter zu ihm. Im Gespräch mit dem rbb sagte die Landesvorsitzende Birgit Bessin: "Ich persönlich würde es gut finden, wenn Herr Kalbitz wieder den Weg in die Partei zurückfinden würde, weil ich die Art und Weise, wie er ausgeschlossen wurde, falsch finde."

Die AfD will 2024 die Machtfrage stellen. In Brandenburg will die Partei bei der Landtagswahl die stärkste Kraft werden. Eine INSA-Umfrage Anfang April sah die AfD bereits vorn. "Und wir werden aus der Kraft der Stärke mit den anderen Parteien ins Gespräch gehen. Und werden schauen, wie insbesondere die CDU in der Lage ist, sich zu wenden und mit uns zusammenzuarbeiten", sagt René Springer. Es sei Aufgabe der CDU, die Brandmauer niederzureißen.

Auch Alexander Gauland sieht die Christdemokraten am Zug. "Wenn die CDU nicht mehr in der Lage ist, Macht zu gewinnen, weil sie keine Partner mehr findet außer uns, dann entsteht ein Druck der Basis. Und darauf hoffe ich." Der Brandenburger CDU-Landesvorsitzender Jan Redmann hat eine Zusammenarbeit mit der AfD stets abgelehnt. In der AfD aber hofft man, dass ihm in der Partei nicht alle folgen. In anderen CDU-Landesverbänden – vor allem in Thüringen und in Sachsen – sei die Mauer gegen die rechte Partei nicht so hoch wie in Brandenburg. Im Sommer und Herbst 2024 werden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landesparlamente gewählt.

Sendung: Brandenburg aktuell, 14.04.2023, 19:30 Uhr

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Beitrag von Thomas Bittner

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