Berliner Justizsenatorin prüft Bewertung "Letzter Generation" als kriminelle Vereinigung
Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht bislang keine Anhaltspunkte, dass es sich bei der "Letzten Generation" um eine kriminelle Vereinigung handelt. Das will Justizsenatorin Badenberg nicht so stehen lassen - und prüfen, ob doch ein Verdacht besteht.
Nachdem die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" in der vergangenen Woche wieder mit zahlreichen Aktionen zahlreiche Hauptstraßen blockiert haben, prüft die neue Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) ein härteres Vorgehen. Es gelte alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, erklärte Badenberg gegenüber dem rbb. "Dazu gehört eben auch die Frage, ob es sich bei der Gruppierung um eine 'kriminelle Vereinigung' handelt."
Das Leben und der Alltag der Menschen in Berlin seien durch die Aktivitäten der Klima-Demonstranten erheblich beeinträchtigt und mitunter auch gefährdet, sagte Badenberg der Deutschen Presse-Agentur.
Die Aktionen der "Letzten Generation" sind durchorganisiert - weitere Straftaten werden angekündigt. Eine kriminelle Vereinigung sieht die Berliner Staatsanwaltschaft aber nicht. Bei aller Wut der Autofahrer fehle noch immer eine gewisse "Erheblichkeit".
In Brandenburg laufen bereits Ermittlungen
Hingegen laufen im benachbarten Brandenburg gegen die Klimagruppe Ermittlungen wegen des Verdachtes der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Hintergrund des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin sind unter anderem Attacken von Aktivisten seit April 2022 auf Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt. Das Landgericht Potsdam hatte zuletzt ebenfalls einen Anfangsverdacht gesehen, dass es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte.
Badenberg hat nun die Juristen ihrer Verwaltung beauftragt, sich mit der Potsdamer Gerichtsentscheidung zu befassen. Dieser Schritt ist nach Auffassung von Beobachtern ungewöhnlich und könnte Folgen für die Ermittlungsbehörden haben.
Jarasch: "Politisch motivierte Strafverfolgung schadet dem Rechtstaat"
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Bettina Jarasch, betonte, Strafverfolgung sei Sache von Staatsanwaltschaft und Gerichten. "Politisch motivierte Strafverfolgung schadet dem Rechtstaat. Gerade die Justizsenatorin sollte diese Grenze kennen und sehr klar einhalten", sagte Jarasch dem rbb.
Rein rechtlich gesehen hat die Justizverwaltung die Möglichkeit, der Staatsanwaltschaft Weisungen zu erteilen. Ein solches Vorgehen wäre aber politisch hochgradig heikel. Badenbergs Vorgänger als Justizsenatoren haben peinlich darauf geachtet, dass nicht der Eindruck einer politischen Einflussnahme auf die Justiz entsteht.
Auch deshalb betont Badenberg in ihrer schriftlichen Mitteilung ausdrücklich die Unabhängigkeit der Justiz als Grundpfeiler der Demokratie: "Das Anklagemonopol liegt bei der Staatsanwaltschaft und Recht sprechen können nur die Gerichte."
Das Landgericht Potsdam hat erstmalig den Anfangsverdacht einer kriminellen Vereinigung bei der "Letzten Generation" bestätigt. Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht diesen hingegen nicht. Welche Konsequenzen könnten den Aktivisten drohen? Von Jenny Barke
Linke: bisher Konsens unter Parteien
Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg, zeigt sich dennoch alarmiert. "Ich habe Vertrauen in die Staatsanwaltschaft und ihre objektive Arbeit", sagte Schlüsselburg dem rbb. Staatsanwaltschaft und Gerichte würden die Protestaktionen der "Letzten Generation" professionell bearbeiten.
Er verwies darauf, dass es bisher Konsens unter den Parteien gewesen sei, dass es keine politischen Überprüfungen oder gar Weisungen an die Staatsanwaltschaft geben dürfe. "Die wortreichen Erklärungen der Justizsenatorin erwecken den Eindruck, dass sie – von wem auch immer – politisch unter Druck gesetzt wird. Das darf nicht passieren", warnte der Rechtspolitiker.
Die "Letzte Generation" macht seit 2022 regelmäßig mit Sitzblockaden auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam. In den vergangenen Wochen haben die Klimaaktivisten ihren Protest auf Berlins Straßen intensiviert. Hunderte Polizisten sind regelmäßig im Einsatz, um Blockaden aufzulösen.