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"Ich bin ein Berliner"
Am 26. Juni 1963 wurde US-Präsident Kennedy von hunderttausenden Berlinern empfangen. Knapp acht Stunden dauerte sein Besuch. In Erinnerung blieb er dennoch mit einem kurzen Satz, der die Geschichte geprägt hat. Von Sebastian Hampf
Juni 1963. Knapp zwei Jahre nach dem Mauerbau besucht der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy die Bundesrepublik Deutschland. Sein viertägiger Besuch führt ihn nach Köln, Bonn, Frankfurt, Wiesbaden, Hanau und abschließend auch nach West-Berlin.
Am 26. Juni um 9:45 Uhr erreicht der Präsident den Flughafen Tegel, der 1948 für die Durchführung der Luftbrücke gebaut worden war. Empfangen wird der damals erst 46-Jährige von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU), Berlins Regierendem Bürgermeister Willy Brandt (SPD) sowie den französischen und britischen Kommandanten in Berlin.
Dann geht es im offenen Wagen zur Kongresshalle (heute "Haus der Kulturen der Welt"), vorbei an der Gedächtniskirche und Siegessäule. Dort hält der amerikanische Präsident eine erste Rede – drei werden es insgesamt.
Es ist die Zeit des Kalten Krieges, und die Visite von Präsident Kennedy keinesfalls eine Vergnügungsreise. Als Oberbefehlshaber der US-Truppen besucht er seine Soldaten in der Frontstadt. Die Reise von John F. Kennedy soll aber auch ein Signal an die Sowjetunion im Vorfeld der anlaufenden Entspannungsbemühungen sein. Ein Zeichen, dass die USA auch nach der Teilung der Stadt an der Seite West-Berlins stehen und die Stadt niemals aufgeben.
Auf dem Weg durch die Stadt hält John F. Kennedy an einer Aussichtsplattform mit Blick auf das Brandenburger Tor in Richtung Ost-Berlin. Danach führt die Route zum "Checkpoint Charlie", einen der wichtigsten Grenzübergänge zur Zeit des Kalten Krieges.
Am Mittag erreicht der US-amerikanische Präsident das Rathaus Schöneberg. Bereits am frühen Morgen haben sich die Berlinerinnen und Berliner auf dem Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus versammelt. Sie stehen auf den Dächern und Balkonen, winken aus den Fenstern. Rund 400.000 Menschen empfangen Kennedy jubelnd – zweifelsohne der Höhepunkt seines Besuchs.
Knapp zehn Minuten dauert seine Rede nur, sie bleibt dennoch im kollektiven Gedächtnis, nicht zuletzt durch seine legendären Worte am Ende. "Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin. Deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner", ruft Kennedy seinen Zuhörern zu. Den letzten Satz spricht er auf Deutsch. Per Lautschrift hatte er ihn sich von seinem Dolmetscher auf einem Karteikärtchen notieren lassen ("Ish bin ein Bearleener").
Kleine Randnotiz: Für den Ton der Filmaufnahme am Rathaus Schöneberg war damals ein Tontechniker namens Peter Lustig verantwortlich. Peter Lustig arbeitete zu dieser Zeit beim Sender Freies Berlin (SFB), später wurde er vor allem als Moderator und Hauptfigur der Kinderserie "Löwenzahn" bekannt, die 25 Jahre lang im ZDF ausgestrahlt wurde.
Unter Applaus geht es nach der Rede weiter im straffen Zeitplan: ein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt, kurze Gespräche mit Berliner Kabinettsmitgliedern und ein Besuch der Freien Universität Berlin in Dahlem, wo John F. Kennedy seine dritte und letzte Rede an diesem Tag halten wird. Sein Besuch endet im US-Hauptquartier, wo er eine Stunde mit Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte verbringt.
Gegen 17:15 Uhr verlässt Kennedy Berlin wieder und reist von Tegel aus in Richtung Istanbul.
Organisatorisch und auch technisch war der Besuch von John F. Kennedy eine herausfordernde Aufgabe. Mit 34 Kameras übertrug der SFB (Sender Freies Berlin) für ARD und ZDF die gesamte Fahrt durch die Stadt, sowie die berühmte Rede vor dem Schöneberger Rathaus. Minutiös sollte der Besuch von der Ankunft bis zum Abflug abgebildet werden. Da es so ein Fernsehaufgebot zuvor nicht gegeben hatte, wurde der gesamte Besuch auch vom Fernsehen in einer Generalprobe durchgespielt. Ein Mitarbeiter des SFB ist dafür als "Mr. President" für die Kameras Wegstrecken abgelaufen. Das Medieninteresse war nicht nur in Deutschland groß: Insgesamt waren 1.700 Journalisten von der internationalen Presse akkreditiert.
Der Besuch von John F. Kennedy blieb den Berlinerinnen und Berlinern stark im Gedächtnis und hatte eine hohe Symbolkraft: eine Solidaritätsbekundung an die West-Berliner, ein Zeichen gegen die Teilung Deutschlands und für den Wert der Freiheit.
Drei Tage nach der Ermordung John. F. Kennedys am 22. November 1963 wurde der Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus Schöneberg ihm zu Ehren umbenannt. Gedenktafeln vor dem Rathaus erinnern an John F. Kennedy.
Sendung: rbb24 Abendschau, 26.06.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Sebastian Hampf
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