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Audio: rbb24 Inforadio | 26.06.2023 | Ute Schuhmacher | Quelle: IMAGO/Zoonar.com

"Deutsche Wohnen und Co enteignen"

Kommission macht Weg frei für Enteignung großer Wohnungsunternehmen

Die Enteignungen großer Wohnungskonzerne in Berlin sind gesetzeskonform. Zu diesem Schluss kommt zumindest die Expertenkommission in ihrem Bericht. Auch wie Genossenschaften betroffen sind, ist geklärt.

Die Expertenkommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" sieht mehrheitlich keine rechtlichen Hürden für die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen in Berlin. Laut ihres Abschlussberichts, der dem rbb vorliegt, hat das Land Berlin einerseits nach dem Grundgesetz die Kompetenz für eine entsprechende Gesetzgebung. Der Bericht soll offiziell am Mittwoch vorgestellt werden. Zuerst berichtete am Wochenende der Tagesspiegel (tagesspiegel.de, Bezahlinhalt).

Demnach ist es Konsens in der Kommission, dass sich der Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes auf "die anvisierten Immobilien" beziehen lässt, "sofern die gemeinnützige Bewirtschaftung für die Zukunft gesetzlich gesichert ist", heißt es in dem Papier. Artikel 15 des Grundgesetzes regelt Vergesellschaftungen (gesetze-im-internet.de).

Entwurf eines Zwischenberichts

Expertenkommission hält Vergesellschaftung von Grundstücken für rechtlich möglich

Aus der Expertenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" ist der Entwurf eines Zwischenberichts nach außen gedrungen, der den Befürwortern Vorschub geben dürfte. Noch sind aber viele Fragen offen.

Keine Schranken durch Berliner Länderrecht

Zudem steht nach Auffassung der Mehrheit der Kommissionsmitglieder auch die Berliner Landesverfassung einer Vergesellschaftung nicht entgegen. Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen", die den Volksentscheid vorangetrieben hatte, sieht die schwarz-rote Koalition jetzt in der Pflicht, bei der Vergesellschaftung voranzukommen.

Die Frage, ob die Berliner Landesverfassung eine Vergesellschaftung aktuell nicht erlaubt, war bei der Vorstellung des Zwischenberichts im Dezember 2022 innerhalb der Kommission noch ungeklärt. Nun heißt es im Abschlussbericht, die Regelungen des Grundgesetzes hätten Vorrang und damit sei eine Vergesellschaftung möglich. Was das Grundgesetz angeht, habe der Bund von seiner Kompetenz für eine Vergesellschaftung bisher keinen Gebrauch gemacht, auch nicht mit seiner Gesetzgebung im Bereich des Mieterschutzes, also der Mietpreisbremse.

Genossenschaften sind ausgenommen

Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder ist zudem überzeugt, dass eine Vergesellschaftung verhältnismäßig wäre, obwohl beispielsweise Rechte der betroffenen Unternehmen eingeschränkt werden würden.

Wie hoch die Entschädigung der Unternehmen ausfallen muss, ist laut Abschlussbericht innerhalb der Kommission umstritten. Einig sind sich die Expertinnen und Experten dagegen darin, dass Genossenschaften aus der Vergesellschaftung ausgenommen werden können. Auch die Festlegung auf Wohnungsunternehmen ab 3.000 Wohnungen ist laut dem Abschlussbericht zulässig.

Zu vielen der beschriebenen Mehrheitsauffassungen gibt es allerdings abweichende Minderheitenpositionen. So sind beispielsweise zwei Kommissionsmitglieder entgegen der Mehrheitsmeinung überzeugt, dass die Berliner Landesverfassung geändert werden müsste, um eine Vergesellschaftung zu ermöglichen.

Initiative: "Wir dulden keine weitere Verschleppung"

In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU und SPD vereinbart, nach dem Abschlussbericht der Expertenkommission zunächst ein Rahmengesetz zu erarbeiten. Es soll zwei Jahre nach der Verabschiedung in Kraft treten und in der Zwischenzeit durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden.

Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" kritisiert diesen Plan. "Der Senat wird versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen und hinter seinem sinnlosen Rahmengesetz verstecken", so Achim Lindemann, Sprecher der Initiative, zum rbb. "Wir dulden aber keine weitere Verschleppung mehr. Die Regierung muss sofort ein echtes Vergesellschaftungsgesetz vorlegen, in dem konkret steht, wann und wie die großen Wohnungskonzerne enteignet werden", sagte Lindemann dem rbb.

CDU-Sprecher für Stadtentwicklung: "Lassen uns nicht unter Druck setzen"

Für den Sprecher für Bauen und Stadtentwicklung der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Gräff, habe sich diese Tendenz der Kommission schon seit einer Weile abgezeichnet. Folgen für die Wohnungspolitik der schwarz-roten Koalition werde sie nicht haben, kündigte er im rbb am Samstag an. "Schön ist anders. Wir müssen leben mit dem, was die Kommission da vorgelegt hat und damit umgehen. Aber wir lassen uns überhaupt nicht unter Druck setzen."

Gräff verwies auf den schwarz-roten Koalitionsvertrag. CDU und SPD haben vereinbart, nach dem Abschlussbericht der Expertenkommission zunächst ein Rahmengesetz zu erarbeiten. Es soll zwei Jahre nach der Verabschiedung in Kraft treten und in der Zwischenzeit durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden. "An dieser Vereinbarung halten wir fest", so Gräff. Maßgeblich für mögliche Enteignungen sei dann die Antwort aus Karlsruhe, nicht der Bericht der Kommission.

Deutsche Wohnen & Co. enteignen

Expertenkommission zu Enteignungen will Bericht vorlegen

Kann Berlin enteignen, und wenn ja, wie? Die Expertenkommission zum Thema Enteignung hat vor deutlich mehr als einem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Bald will sie ihren Abschlussbericht vorlegen, und dann ist der Senat gefragt.

Linke: Gesetz könnte in einem Jahr fertig sein

Der Wohnungspolitiker Niklas Schenker (Linke) dagegen forderte die Koalition auf, nun unverzüglich den Volksentscheid umzusetzen. Der Expertenbericht gebe der Initiative "auf ganzer Linie" Recht, so Schenker gegenüber dem rbb. Ein Gesetz auf dieser Grundlage könne spätestens in einem Jahr fertig sein.

Das von der schwarz-roten Koalition vereinbarte Rahmengesetz sei als Ablenkungsmanöver zu verstehen. "Franziska Giffey und Kai Wegner haben ja schon immer gesagt, dass sie gegen dieses Vorhaben sind."

Auch die Sprecherin der Grünen für Wohnen und Stadtentwicklung, Katrin Schmidberger, forderte den Senat auf, zumindest parallel zum Rahmengesetz auch an einem Umsetzungsgesetz zu arbeiten. "Wenn der Senat sagt, bei öffentlicher Daseinsvorsorge wie Energie sollte die Vergesellschaftung möglich gemacht werden, muss das ja erst recht beim Wohnen gelten".

Der enorme Druck auf die Mieterinnen und Mieter sei nur durch eine Neuausrichtung des Wohnungsmarktes hin auf Gemeinnützigkeit zu verringern. "Die Vergesellschaftung ist dafür ein ganz zentrales Instrument."

Vollständiger Bericht soll Mittwoch veröffentlicht werden

Der vollständige Bericht soll voraussichtlich am Mittwoch veröffentlicht werden. Die Opposition fordert, über die politischen Folgen in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag öffentlich zu debattieren.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.06.2023, 18:00 Uhr

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