Abhöraktion bayerischer Behörden löst gemischtes Echo in Berliner Politik aus
Die "Letzte Generation" ist vom bayerischen LKA abgehört worden, darunter auch deren Pressekontakt. Die Berliner Politik ist sich über die Bewertung uneinig. Einige fordern Konsequenzen, andere verbitten sich eine Einmischung in die Justiz.
Bayerischen Behörden hörten monatelang Telefone der "Letzten Generation" ab
Gespräche mit Journalisten mitgehört
Berliner Politiker reagieren auf Vorgehen der Behörden
Die Parteien der Berliner Innenpolitik haben unterschiedlich auf die Abhöraktion der bayerischen Behörden reagiert. Dabei wurden neben Klimaaktivisten auch Medienvertreter aus Berlin über Monate abgehört. Der Deutsche Journalistenverband DJV kritisiert das Vorgehen der Behörden und bezweifelt, dass das Grundrecht der Pressefreiheit sorgsam abgewogen wurde.
Der innenpolitische Sprecher der CDU, Burkhard Dregger, hält die richterliche Entscheidung aus Bayern für in Ordnung. Er lehne es ab, Entscheidungen der Justiz politisch zu beeinflussen. "Wenn wir anfangen, Entscheidungen der Gerichte politisch zu beeinflussen, verlieren wir die Freiheit unseres Landes", sagte er dem rbb.
Wenn Richter nach Prüfung eines Sachverhalts entscheiden würden, dass die Voraussetzungen für eine Telefonüberwachung gegeben sind, dann würden sie richtig entscheiden. Wer sich dagegen wenden wolle, dem stünden Rechtsmittel zur Verfügung und der könne zu Gerichten gehen.
Monatelang hat das bayrische LKA Telefonate von Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" mit Journalisten abgehört. Der Deutsche Journalisten-Verband sieht die Pressefreiheit nicht gewahrt und fordert eine politische Aufarbeitung.
AfD pro, Linke contra Überwachung
Ähnlich sieht es der AfD-Abgeordnete Marc Vallendar. In einem schriftlichen Statement teilte er dem rbb mit, dass Journalisten Bürger wie alle anderen auch seien. "Sie genießen also keine Sonderrechte. Ob die Abhörmaßnahme im konkreten Einzelfall zulässig war, das zu entscheiden ist Aufgabe staatlicher Gerichte."
Kritik an der Abhöraktion kam hingegen von Linken-Abgeordneten Niklas Schrader. Er sieht Aufklärungsbedarf nach der Entscheidung der bayerischen Behörden, Journalistinnen und Journalisten und die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" abzuhören. "Ich sehe das nicht nur als bayerische Entwicklung, sondern bundesweit gibt es immer mehr Stimmen, die die 'Letzte Generation' behandeln will wie eine terroristische Bedrohung", sagte er dem rbb. Für ihn stehe die Überwachung "außer jedem Verhältnis".
Die "Letzte Generation" hat am Montag mit einer neuen Protestform auf sich aufmerksam gemacht. Dabei wurde der Autoverkehr behindert, Klebstoff war diesmal aber nicht im Spiel.
Grüne und DJV üben Kritik
Auch Grünen-Abgeordneter Vasili Franco hält die Abhöraktion für "vollkommen überzogen". Man müsse sich Gedanken über die Rechtsstaatlichkeit machen. "Was Bayern da gerade macht, mutet eher an Verfolgung von Klimaaktivismus an", sagte er dem rbb. Innensenatorin Iris Spranger und Justizsenatorin Felor Badenberg sollten "sich durchaus Gedanken machen, ob man sich weiter von den bayerischen Kollegen auf der Nase herumtanzen will." Er habe Zweifel daran, dass das, was in Bayern passiere, mit dem Rechtsverständnis Deutschlands und insbesondere Berlin in Einklang zu bringen ist.
Bereits zuvor kritisierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die Überwachung. Gespräche mit Journalisten unterlägen einem besonderen Schutz, sagte Steffen Grimberg vom DJV Berlin zu rbb|24. Er rate dringend dazu nachzuprüfen, ob tatsächlich ein übergeordnetes Interesse bei den Strafverfolgungsbehörden bestehe.
DJV hält Aufklärung für politische Aufgabe
Auch DJV-Bundesvorstand Frank Überall bezweifelt, dass das Grundrecht der Pressefreiheit sorgsam genug abgewägt wurde. Die Presse sei Berufsgeheimnisträger, erklärte Überall gegenüber rbb|24. Demnach komme ein Abhören nur infrage bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, sagte er unter Verweis auf §160a der Strafprozessordnung. Er könne sich nicht vorstellen, dass das, was der "Letzten Generation" zur Last gelegt werde, so übergeordnet sei, dass das Grundrecht der Pressefreiheit eingeschränkt werden könne. "Das muss aufgearbeitet werden. Das ist jetzt eine politische Aufgabe", forderte Überall.
Auch den Anfangsverdacht wegen Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung sieht der DJV kritisch. "Ist das Besetzen von Straßen wirklich geeignet, dieses hohe Maß 'kriminelle Vereinigung' anzunehmen?", fragt Überall. Und Grimberg erklärte, der DJV beobachte mit Sorge, dass Strafverfolgungsbehörden schnell von einer kriminellen Vereinigung sprächen.