Autoverkehr soll nicht reduziert werden
Rot-Grün-Rot wollte mit dem Mobilitätsgesetz unter anderem den motorisierten Individualverkehr reduzieren. Diesen Plan ändert jetzt die schwarz-rote Regierung - und weicht auch in anderen Punkten teils erheblich vom ursprünglichen Konzept ab.
Der schwarz-rote Senat will das Berliner Mobilitätsgesetz zunächst nur um ein Kapitel zum Wirtschaftsverkehr erweitern. Das geht aus einem Entwurf hervor, der dem rbb vorliegt. Zuerst hatte die "Berliner Morgenpost" berichtet.
Das neue Gesetz weicht dabei zum Teil erheblich von den Plänen der rot-grün-roten Vorgängerregierung ab.
So wurde unter anderem das Ziel, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, erstmal wieder gestrichen. Vor allem die Grünen wollten damit durchsetzen, dass der Autoverkehr in Berlin eingeschränkt werden kann, zu Gunsten des öffentlichen Personennahverkehrs und der Radverkehrs. Die CDU, die inzwischen die Verkehrsverwaltung führt, hatte das im Wahlkampf als autofeindlich abgelehnt. Auch der Absatz zur Parkraumbewirtschaftung wurde zunächst gestrichen. Darin sollte unter anderem geregelt werden, dass die Zahl der Parkplätze für Autos reduziert werden.
Genauso sind die Regelungen für neue Mobilitätsformen, also zum Beispiel Sharing-Fahrzeuge wie E-Scooter oder Leihwagen, vorerst nicht mehr im Gesetz enthalten. Gestrichen wurde auch die kontrovers diskutierte Vorgabe für Handwerker, möglichst den ÖPNV statt das eigene Auto für Dienstfahrten zu nutzen.
Im Herbst will sich die Koalition mit diesen Aspekten noch einmal befassen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte zu möglichen Änderungen allerdings bereits: "Es gibt eine neue Koalition. Rot-grün-rot ist nicht mehr im Amt. Wir haben eine schwarz-rote Koalition und selbstverständlich gibt es in vielen Bereichen dieser Stadt einen Kurswechsel."
Weitgehend unverändert übernimmt der schwarz-rote Senat die Gesetzesabschnitte zum Wirtschaftsverkehr. So sollen Liefer- und Ladezonen besonders berücksichtigt werden bei der Stadtplanung, besonders wenn neue Quartiere entstehen. Außerdem soll ein Konzept für Schwerlasttransporte entwickelt werden, inklusive eines Routennetzes für große Lkw. Innovative Konzepte wie Mikro-Depots und elektrische Lastenräder oder Kleinst-Transporter sollen auch weiter gefördert werden.
Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) kündigte an, ihre Verkehrsverwaltung werde einen Leitfaden zur Ermittlung des Bedarfs an Liefer- und Ladeverkehrsflächen erarbeiten. Außerdem soll "eine Austauschplattform Wirtschaftsverkehr" für den Austausch zwischen Wirtschaft und den zuständigen Stellen aus Politik und Verwaltung genutzt werden.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Antje Kapek, warf der schwarz-roten Koalition vor, das Mobilitätsgesetz "entkernt" zu haben. So gut wie alle Regelungen für mehr Klimafreundlichkeit, Flächengerechtigkeit und einen besseren ÖPNV seien gestrichen worden. "Nach dem Radwege-Ausbau bremst die CDU jetzt die komplette Verkehrswende aus", so Kapek.
Sie warf vor allem der neuen Verkehrssenatorin Schreiner vor, die ursprünglichen Ziele des Mobilitätsgesetzes zu missachten und forderte die SPD auf, die Änderung zu stoppen. "Sollten sie den Schreiner-Entwurf einfach durchwinken, ist klar, dass sich die SPD aus der Mobilitätspolitik verabschiedet hat", so Kapek.
Der Regierende Bürgermeister Wegner verteidigte den Kurs seiner Partei und griff seinerseits die Grünen und deren Verkehrspolitik an: "Die Bilanz nach sechs Jahren Verkehrsverwaltung durch die Grünen ist alles andere als gut", sagte Wegner am Dienstag. Schreiners Vorgängerin Bettina Jarasch (Grüne) habe von angekündigten 40 Kilometern Radweg pro Jahr nur 26,5 Kilometer umgesetzt, so Wegner. Er finde, das sei keine gute Bilanz und kündigte an: "Die Bilanz, die Frau Jarasch hingelegt hat in einem Jahr, die werden wir locker überbieten." Auch seine Partei habe den Anspruch Radwege zu bauen.
Der dritte Teil des Mobilitätsgesetzes sollte eigentlich schon unter der rot-grün-roten Landesregierung verabschiedet werden. Der Versuch scheiterte allerdings kurz vor der Wiederholungswahlim Februar. Nun sagte Wegner, die Änderungen sollten bereits am Donnerstag, bei der nächsten Plenarsitzung im Abgeordnetenhaus, behandelt werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.06.2023, 14:00 Uhr
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