Grüne und Linke wollen berufliche Karenzzeit für Senatoren in Berlin
Berliner Senatorinnen und Senatoren sollen nach ihrer Amtszeit nicht mehr ohne Weiteres Jobs in der freien Wirtschaft antreten dürfen. Grüne und Linke wollen dafür das Gesetz ändern und eine Karenzzeit einführen. Der Gesetzentwurf liegt dem rbb vor, er wird am Donnerstag erstmals im Abgeordnetenhaus eingebracht.
In den ersten zwei Jahren nach Ende ihrer Amtszeit sollen ehemalige Senatsmitglieder demnach dem neuen Senat melden müssen, wenn sie ein Jobangebot außerhalb des öffentlichen Dienstes annehmen wollen.
Die neuen Koalitionspartner in spe, SPD und CDU, haben ihre jeweilige Regierungsmannschaft offiziell vorgestellt. Einige Personen sind schon länger im Amt, andere wiederum sind ganz neu. Alle Senatoren und Senatorinnen im Überblick.
"Politik darf nicht einmal den Anschein von Käuflichkeit haben"
Ein vom Abgeordnetenhaus gewähltes Gremium aus drei unabhängigen Expert:innen muss dann entscheiden, ob möglicherwiese eine zu große Nähe zur früheren Tätigkeit im Senat vorliegt und Interessenskonflikte entstehen könnten. Das Gremium könnte dann laut dem Gesetzentwurf der Linken und Grünen dem Senat empfehlen, einem ehemaligen Senatsmitglied zu untersagen, eine solche Stelle vor Ablauf der zweijährigen Karenzzeit anzutreten. Ex-Senator:innen, die einen Wechsel in die freie Wirtschaft nicht transparent machen, würden ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro riskieren.
"Politik darf nicht einmal den Anschein von Käuflichkeit haben", sagte der rechtspolitische Sprecher der Linken, Sebastian Schlüsselburg, dem rbb. Die Karenzzeit solle verhindern, dass vor allem Unternehmen "das Adressbuch, den Terminkalender oder die Kennverhältnisse von Senatorinnen und Senatoren einkaufen", um Profite zu machen. Als Negativbeispiel aus der Vergangenheit nannte Schlüsselburg den Fall des Ex-Bausenators Peter Strieder von der SPD, der nach seinem Rücktritt 2004 in die Bauwirtschaft wechselte. Mit der Gesetzesänderung wolle man auch versuchen, das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken, so Schlüsselburg.
Das neue Gesetz respektiere das Recht auf freie Berufsausübung, sagte Julia Schneider, die Grünen-Sprecherin für Personal und Verwaltung, dem rbb. "Um Interessenskonflikten entgegenzuwirken, bevor der Verdacht überhaupt entsteht, wollen wir die Karenzzeit explizit regeln."
Ausgerechnet dort, wo es schon jetzt an Fachkräften fehlt, wird die nahende Verrentungs- und Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst besonders hart zuschlagen. Zu spüren ist das schon jetzt beim Thema Bauen. Von Wolf Siebert und Christina Rubarth
Jobs in der Berliner Verwaltung von Karenzzeit ausgenommen
Für Jobs in der Berliner Verwaltung würde die Karenzzeit hingegen nicht gelten, betonte Schneider. Ziel sei es, frühere Mitglieder des Senats für leitende Aufgaben in den Landesbehörden zu gewinnen, statt ihr Wissen an die Wirtschaft zu verlieren. Das neue Gesetz würde zudem regeln, dass frühere Staatssekretäre, die aus der Verwaltung ins Amt wechselten, in ihre alte Verwendung zurückkehren dürfen. Bislang sei das nicht möglich, so Schneider, weswegen sich häufig erfahrene Verwaltungsmitarbeitende nicht für die Staatssekretärsposten beworben hätten.
Berlin ist bislang eins von sechs Bundesländern, die noch keine Karenzzeit für Ex-Regierungsmitglieder hat. Ein entsprechendes Gesetz wurde zwar vom rot-grün-roten Senat bereits beschlossen, nicht aber im Abgeordnetenhaus. Grüne und Linke hoffen nun, dass die SPD auch weiterhin hinter dem Vorhaben steht, so Schlüsselburg. Zudem hätten auch CDU-geführte Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Hessen Karenzzeitregelungen für Regierungsmitglieder.