Sofortprogramm des schwarz-roten Berliner Senats
Bei Senatsklausuren sollen neue Pläne geschmiedet und der Teamgeist gestärkt werden. Den Teamgeist lobte Berlin Regierender Bürgermeister in den höchsten Tönen. Was die Pläne angeht, kam es auf die Zwischentöne an. Von Ute Schuhmacher
Eine neue Regierung sieht sich immer genötigt, Tempo zu machen, konkretes vorzulegen. Um das zu tun, reiste die schwarz-rote Berliner Regierung zur Senatsklausur nach Döllnsee in die Schorfheide. Strahlend verkündete Kai Wegner (CDU) anschließend, man habe 52 ganz konkrete Maßnahmen beschlossen, damit die Stadt spürbar besser funktioniert.
Beim Blick auf die 52 Punkte beschränkten sich so einige auf das, was schon im Koalitionsvertrag stand. So verspricht die Koalition auch im Sofortprogramm das Fernwärmenetz der Stadt kaufen zu wollen, entschieden gegen Organisierte Kriminalität vorzugehen, den Schul- und Kitabau zu beschleunigen, für das 29-Euro-Ticket zu kämpfen und einiges mehr. Aber das Sofortprogramm besteht nicht nur aus Bekanntem, Ankündigungen von zu gründenden Arbeitskreisen oder Papieren und Plänen an denen man arbeiten will. Ein paar Neuigkeiten sind schon dabei.
Das geplante neue Fünf-Milliarden-Euro-Sondervermögen für den Klimaschutz soll beispielsweise nächstes Jahr konkrete Projekte fördern können. Der Termin ist neu. Wer erwartet hatte, dass da dieses Jahr noch etwas passiert, dem erklärte Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU), dass Berlin das Programm innerhalb eines halben Jahres ausarbeiten wolle. Das sei schnell, andere Bundesländer brauchen für so etwas nach seinen Worten doppelt so viel Zeit. Der Gesetzentwurf für das Sondervermögen Klimaschutz soll im Juli vorliegen, zusammen mit dem Doppelhaushalt für 2024/25.
Ganz konkret wurde nach der Senatsklausur Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Sie kündigte an, dass in Zukunft nicht nur Mieterinnen und Mieter, sondern auch Eigenheim- und Kleingartenbesitzer sich den Kauf eines sogenannten Balkonsolarmoduls fördern lassen können. Halbkonkret wird der neue Senat zu den Bürgerämtern. Berlins Regierender Bürgermeister hofft, dass bis Jahresende ein Bürgeramtstermin innerhalb von 14 Tagen zu haben sein wird. Eine Zusage ist das noch nicht. Wegner glaubt aber daran, dass das klappt, weil die Digitalisierung der Verwaltung vorankomme. Beispielsweise sollen ab Oktober alle Meldebescheinigungen komplett digital beantragt werden können. Explizit dankte Wegner an der Stelle der Vorgängerregierung für ihre Vorarbeit in Sachen Digitalisierung der Verwaltung.
Wie Berlin die Geflüchteten unterbringen kann, die weiterhin in die Hauptstadt kommen, war auch ein wichtiges Klausurthema. Hier setzt die Koalition weiter darauf, zusammen mit den Bezirken mehr Standorte für sogenannte Modulare Ergänzungsbauten (MUF) zu finden. Ein Ziel, an dem seit 2015 bereits drei Regierungen gearbeitet hatten – mit mäßigem Erfolg. Gerade mal ein Drittel der während der ersten Flüchtlingskrise vorgesehenen MUF-Standorte sind inzwischen realisiert.
Sozialsenatorin Cancel Kiziltepe (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister versprechen sich dennoch viel von der kürzlich eingerichteten Taskforce für Geflüchtete. Hier wollen sie gemeinsam mit den Bezirken Lösungen finden und Standorte vereinbaren. Über ein ähnliches Modell hatte das während der ersten Flüchtlingswelle der damalige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) versucht. Zentraler Krisenstab hieß das damals. Das Problem bleibt weiterhin weit davon entfernt, gelöst zu sein.
Keine gute Idee findet die schwarz-rote Koalition den Vorschlag der Grünen, dass das Land Berlin Hotels und Hostels aufkaufen soll, um Geflüchtete unterzubringen. Bisher werden sie angemietet. "Das Land ist kein Hotelbetreiber", wischte Berlins Finanzsenator den Vorschlag weg und stichelt Richtung Grüne, die ihre Oppositionsrolle wohl noch nicht gefunden hätten. Auch Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) wollte den wichtigen Tourismus nicht durch Aufkäufe von Hotels behindern. Grüne und Linken bedauerten das sehr. Sie sehen es als notwendig an, um alle Geflüchteten unterbringen zu können.
Die Koalition erwarteten in diesem Jahr noch 10.000 bis 12.000 Geflüchtete. Die sollten im Notfall lieber in Großunterkünften (Leichtbauhallen) untergebracht werden. Und die könnten laut Sozialsenatorin Kiziltepe beispielsweise in Tegel entstehen. Weitere Orte nannte sie nicht.
Im Herbst will der Senat überprüfen, wie er mit seinen Plänen vorangekommen ist. Dann ist er auch über 100 Tage im Amt. Die Hoffnung bleibt, dass es dann konkreter wird.
Sendung: rbb24 Abendschau, 11.06.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Ute Schuhmacher
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