Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Häftlingen aus deutschen Gefängnissen Recht gegeben, die wegen niedriger Löhne in Gefängnissen geklagt hatten. Nun wollen Berlin und Brandenburg ihre Regelungen überprüfen.
Niedrige Löhne für Gefangene sind verfassungswidrig, wenn dahinter kein wirksames Konzept zur Resozialisierung der Betroffenen steht. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag entschieden. Zwei Häftlinge aus Bayern und Nordrhein-Westfalen hatten gegen ihre geringe Bezahlung geklagt.
Laut Gericht lag der Stundenlohn für Strafgefangene zuletzt zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro - je nach Qualifikation. Von dem Geld müssen manche unter anderem Familienangehörige unterstützen, Opfern Wiedergutmachung leisten oder Schulden tilgen. Solche Ziele der Resozialisierung müssten mit dem Geld auch erreicht werden können, hieß es vom Gericht. Wie hoch ein angemessener Lohn für Gefangene sein müsste, gab das Bundesverfassungsgericht nicht vor.
Das Gericht verpflichtete Bayern und NRW nun dazu, eine gesetzliche Neuregelung bis zum Sommer 2025 zu finden.
Berlin kündigte aber bereits an, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts seine Regelungen auch überprüfen zu wollen. Das teilte die Senatsverwaltung für Justiz am Dienstag auf Anfrage mit.
In Berlin waren die Grundlöhne für arbeitende Häftlinge nach den Angaben zuletzt im Oktober 2022 um drei Prozent erhöht worden, im Oktober 2023 stehe nochmals eine Erhöhung um zwei Prozent an. Derzeit liegt der niedrigste Stundenlohn laut Senatsjustizverwaltung bei 1,66 Euro, der höchste bei 2,66 Euro. Etwa 70 Prozent der rund 3.450 Häftlinge in Berlin arbeiten demnach.
Aus Brandenburg hieß es, man werde die Entscheidung des BVerfG gründlich prüfen und auswerten, wie ein Sprecher des Justizministeriums dem rbb sagte.
In Brandenburg wird der Lohn für Gefangene auf gleiche Weise wie in Bayern und NRW berechnet. Er entspricht neun Prozent des Durchschnittseinkommens des vorvergangenen Jahres.
Brandenburger Gefangene erhalten demnach, laut Ministerium, einen Stundensatz von 1,96 Euro, wobei Zu- und Abschläge möglich sind. Im Gegensatz zu den beanstandeten Regelungen in Bayern und NRW bestehe im Brandenburger Strafvollzug allerdings keine Pflicht zur Arbeit.
Arbeit hinter Gittern ist in den meisten Bundesländern Pflicht und soll der Resozialisierung dienen, also der Wiedereingliederung von Menschen in die Gesellschaft. Die Kläger etwa arbeiteten in der anstaltseigenen Druckerei und als Kabelzerleger in einem Betrieb.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.06.2023, 19.30 Uhr
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