Friedrichshain-Kreuzberg hat rechtliche Zweifel an Anordnung zu Radwegen
Verkehrssenatorin Schreiner (CDU) will zahlreiche Radwegprojekte in Berlin auf den Prüfstand stellen. Besonders die Grünen laufen dagegen Sturm. Ein von ihnen regierter Bezirk schaltet jetzt sein Rechtsamt ein.
Friedrichshain-Kreuzberg überprüft Anordnung der Verkehrsverwaltung
Bezirksbürgermeisterin verweist auf beschlossenen Haushalt
Verkehrsverwaltung: Es geht nur um in Planung befindliche Projekte
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lässt von seinem Rechtsamt prüfen, ob die Anordnung der Senatsverkehrsverwaltung zu Einschränkungen beim Radwege-Bau rechtlich bindend ist. "Ich stelle infrage, ob es dafür zumindest für das aktuelle Haushaltsjahr eine Rechtsgrundlage gibt", sagte Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
"Es gibt einen durch das Abgeordnetenhaus beschlossenen Haushalt. Und es gibt keine Haushaltssperre, die die Senatsfinanzverwaltung erlassen hätte", argumentiert Herrmann. Das stelle infrage, ob eine Senatorin einfach so vom Parlament beschlossene Mittel aus dem laufenden Haushaltsjahr außer Kraft setzen dürfe. "Und das prüfen wir jetzt."
Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hat den kurzfristig verhängten Finanzierungstopp für Radwege verteidigt. Projekte, die bereits in der Umsetzung seien, würden als erste angeschaut, damit es nicht zu einem zeitlichen Verzug komme. Von Christoph Reinhardt
In einem Schreiben an die Bezirke von Dienstag heißt es, die Leitung der Verkehrsverwaltung habe entschieden, alle bisher von der Senatsverwaltung erteilten Finanzierungszusagen für das laufende und alle künftigen Haushaltsjahre temporär außer Kraft zu setzen. Diese Regelung gelte ab sofort für alle Maßnahmen, für die noch keine vertraglichen Verpflichtungen zur Umsetzung der eigentlichen Baumaßnahmen eingegangen wurde.
Viele Details seien weiterhin unklar, beispielsweise, ob es der Senatsverwaltung nur um Radwegeprojekte an Haupt- oder auch an Nebenstraße gehe, kritisierte Herrmann. Die Bezirke seien aber aufgefordert worden, der Senatsverwaltung bis Ende des Monats mitzuteilen, welche Vorhaben bei ihnen betroffen seien.
Der neue Berliner Senat redet von mehr Miteinander auf den Straßen - und stellt gleichzeitig Radstreifen in der ganzen Stadt auf den Prüfstand. In Reinickendorf könnte sogar ein schon fertiggebauter Radstreifen wieder wegfallen. Von Jan Menzel
Grüne Stadträte fühlen sich widersprüchlich informiert
Auch von den Grünen und Linken im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es deutliche Kritik am Vorgehen von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). Grünen-Landeschef Philmon Ghirmai und grüne Stadträte aus acht Bezirken teilten am Donnerstag mit, sie seien entsetzt über das Gebaren der Verkehrsverwaltung. "Täglich erreichen die Bezirksverwaltungen neue E-Mails und Informationen mit teils widersprüchlichen Informationen, die immer neue Fragen aufwerfen", kritisierten sie. Antworten gebe es keine.
Die Planungen für neue Radwege basierten auf einem komplexen Abwägungsprozess. "Wir Grüne, die in den Bezirken Verantwortung für die Verkehrssicherheit von zahllosen Menschen tragen, sind entsetzt darüber, dass alle diese fachlichen Prozesse nun von der Senatorin jäh gestoppt wurden."
Neue Verkehrssenatorin, neue Pläne für Berliner Straßen: Geplante Radwege sollen vorerst nicht weiter ausgebaut werden, wenn dafür ein Parkplatz oder Fahrstreifen wegfallen würde. Nicht nur Verbände sehen das kritisch, sondern auch Bezirkspolitiker.
Viele Fragezeichen um Ollenhauerstraße
Welche Folgen das Umsteuern der Verkehrsverwaltung beim Radwegebau im Detail hat, ist derweil noch schwer abzusehen. Aktuell lasse sich noch keine Größenordnung nennen, um wie viele Radwege es geht, teilte die Verkehrsverwaltung am Mittwoch mit. "Zurzeit erfolgt eine Bestandsaufnahme mit nachfolgender Überprüfung der Radwegeprojekte."
In Reinickendorf ist in dem Zusammenhang ein neuer, fast fertiger Radweg zum Gesprächsthema geworden, der nun nicht genutzt werden könnte. Auf der Ollenhauerstraße sind die weißen Zeichen auf dem Asphalt, die den Radweg markieren sollten, inzwischen mit gelben Kreuzen überklebt.
Bei der angekündigten Priorisierung gehe es aber um Projekte, die in der Planung seien, nicht um bereits umgesetzte, hieß es dazu aus der Verkehrsverwaltung. Verkehrssenatorin Schreiner selbst antwortete am Mittwoch auf die Frage nach der Ollenhauerstraße und möglichen Rückzahlungen von Fördermitteln, dazu könne sie nichts sagen. "Ich kenne das Projekt gar nicht so ganz genau."