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Video: rbb24 Abendschau | 27.07.2023 | Leonie Schwarzer | Quelle: dpa

Geflüchteten-Unterbringung

Berlin bereitet sich auf neue Zeltstädte vor

In der Flüchtlingspolitik stehen schwierige Entscheidungen an. Denn es kommen immer mehr Geflüchtete nach Berlin und die Suche nach neuen Standorten wird zunehmend schwieriger. Die Stadt ist am Limit. Von Leonie Schwarzer und Sabine Müller

"Wir sehen hier eine Brachfläche. Hier muss noch einiges geschehen, wenn das Gelände überhaupt ausgewählt wird", sagt Oliver Igel, der SPD-Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, und blickt über eine große Fläche an der Schnellerstraße in Treptow. Gerade läuft die Prüfung, ob dieses Gelände als Standort für eine neue Flüchtlingsunterkunft in Frage kommt. Bürgermeister Igel ist skeptisch – hier wurden mal Lacke hergestellt, möglicherweise ist der Boden verseucht. Und überhaupt, sagt er: "Wir sind hier faktisch in einem Gewerbegebiet, es gibt keine soziale Infrastruktur in der Umgebung – öffentlicher Nahverkehr, Schule, Kita – das ist nicht so ideal." Die einfach zu bebauenden Grundstücke seien längst weg, beklagt Igel, jetzt gebe es nur noch "Schrottimmobilien mit großen Problemen".

7.473 ankommende Flüchtlinge registriert

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Neue Standorte müssen gefunden werden

Weil Berlins Bezirke immer öfter sagen, dass angedachte Flächen nicht in Frage kommen, hat der schwarz-rote Senat ein riesiges Problem. Denn die neu gegründete Task Force "Unterbringung und Integration Geflüchteter" muss dringend neue Standorte für Unterkünfte finden, da die Aufgabe mit jedem Tag größer wird.

Von Januar bis Juni wurden 6.531 Asylsuchende in Berlin registriert, das waren 34 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dazu kamen 8.500 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, insgesamt also mehr als 15.000 Menschen. Aktuell kommen täglich etwa 110 Geflüchtete hinzu, die ein Dach über dem Kopf brauchen.

Die Unterkünfte des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sind aber bereits fast komplett voll. 32.019 Plätze in Aufnahme- und Gemeinschaftseinrichtungen sind belegt, mit Stand Donnerstag waren nur 547 Plätze frei.

Neue Flächen für den Bau von Unterkünften zu finden, ist schwierig. Gleichzeitig gibt es praktisch keinen Spielraum mehr für sogenannte Nachverdichtung, also weitere Menschen an den bestehenden Standorten unterzubringen.

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Keine Kapazitäten mehr

Peter Hermanns arbeitet für die IB Berlin-Brandenburg gGmbH, eine Mitbetreiberin der Container-Unterkünfte, die in den Hangars 2 und 3 am ehemaligen Flughafen Tempelhof stehen. "Hier geht gar nichts mehr", sagt Hermanns. "Wir haben jetzt schon zu wenig Räume, um Angebote zu machen. Und Sie sehen ja, die Container stehen dicht an dicht. Hier gibt es definitiv keine Möglichkeiten mehr."

Von den 840 Plätzen seien aktuell 800 besetzt. Die noch unbesetzten Plätze werden nicht lange frei bleiben - weil ständig neue Geflüchtete kommen und weil die meisten viel länger bleiben müssen als gedacht. So wie der 31-Jährige Hussein Rezaei aus Afghanistan, der mit seiner Frau und drei kleinen Kindern seit mehr als sieben Monaten in der Aufnahmeeinrichtung in Tempelhof lebt. Zwölf Quadratmeter in einem Container für fünf Menschen. Er sei nicht zufrieden hier, sagt Rezaei: "Aber was soll ich machen? Wir haben keine andere Wahl."

Im Herbst kann es eng werden

"Wir haben den Geflüchteten wie auch den Betreibern in den vergangenen Monaten enorm viel zugemutet, weil eine ganze Reihe von Unterkünften nochmal nachverdichtet worden ist", beschreibt LAF-Sprecher Sascha Langenbach die Lage. Wenn sich viele Menschen sehr wenig Platz teilen müssten, sei das eine große Belastung.

Noch bekommt das Landesamt die Menschen irgendwie untergebracht, aber im Herbst, wenn die Zahl der ankommenden Flüchtlinge erwartbar nochmal deutlich ansteigt, könnte es "ganz schön knifflig" werden, so Sprecher Langenbach.

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Kiziltepe fasst Leichtbauhallen als Alternative ins Auge

So knifflig, dass Sozial- und Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) bereits an einer "Notlösung“ arbeitet: Leichtbauhallen. Also riesige Zelte wie im Ukraine-Ankunftszentrum in Tegel, wo die Menschen noch beengter leben als in den Containern und praktisch ohne Privatsphäre. Senatorin Kiziltepe schätzt, dass bis Ende des Jahres weitere 10.000 bis 12.000 Geflüchtete kommen.

Es gebe "Potentialflächen", sagte sie, auf denen zur Not innerhalb weniger Tage Leichtbauhallen aufgebaut werden könnten: "Diese Flächen gibt es und die werden wir auch als Notlösung für die Unterbringung der geflüchteten Menschen nutzen." Dazu, in welchen Bezirken neue Zeltstädte entstehen könnten, sagt Kiziltepe auch auf mehrfache Nachfrage nichts.

Leichtbauhallen, Zeltstädte – das ist nicht der Unterbringungsstandard, den das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten eigentlich anstrebt. Allerdings werde der Standard durch die Nachverdichtung auch jetzt schon teilweise unterlaufen, räumt Kiziltepe ein. Es gehe aber nicht anders. Mit Blick auf den Herbst und Winter gibt sich die Senatorin trotzdem weiter optimistisch: "Es ist unsere humanitäre Pflicht, diese Menschen unterzubringen und gemeinsam mit den Bezirken werden wir das auch schaffen."

Schul- und Kita-Fragen folgen

Aus den Bezirken kommen deutlich skeptischere Töne. Bürgermeister Oliver Igel aus Treptow-Köpenick warnt: "Wenn jetzt halb Berlin vollgestellt wird mit diesen Unterkünften, haben wir trotzdem die Frage von Schule oder Kita. Das hört ja nicht mit dem Gebäude auf. Danach geht's zur Sache."

Nach der Sommerpause stehen für die Task Force des Senats harte Entscheidungen an.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.07.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Leonie Schwarzer und Sabine Müller

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