Mehr als 38 Milliarden Euro pro Jahr
Bezirke, Schulen, Polizei und Feuerwehr: Berlins neue Regierung rechnet in den kommenden beiden Jahren mit Rekordausgaben. Unterdessen sind bei den Steuereinnahmen keine Rekorde zu erwarten.
Der Berliner Senat hat den Entwurf für den neuen Doppelhaushalt für die Jahre 2024/25 beschlossen. Vorgesehen sind Ausgaben in Höhe von 38,63 Milliarden Euro im kommenden Jahr. 2025 sollen es laut Entwurf sogar 39,87 Milliarden Euro sein.
Damit wird das Land Berlin im nächsten und übernächsten Jahr noch einmal deutlich mehr ausgeben als bisher. Im aktuellen Jahr belaufen sich die Ausgaben auf 37,7 Milliarden Euro. Im Spätsommer und Herbst wird der Etatentwurf in den Ausschüssen des Abgeordnetenhauses weiter beraten. Voraussichtlich im Dezember soll er dann vom Parlament beschlossen werden.
"Es ist ein Chancenhaushalt und es ist ein Zukunftshaushalt", sagte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Dienstag bei der Vorstellung des Zahlenwerks. Der Senat setze klare Schwerpunkte für bessere Bildung, mehr Sicherheit durch mehr Investitionen in Polizei und Feuerwehr, eine starke Wirtschaft, mehr Digitalisierung und soziale Sicherheit, so Wegner.
Ein ähnlicher Zuwachs ist bei den Steuereinnahmen nicht zu erwarten. Zahlreiche Prognosen sagen ein eher schwaches Wirtschaftswachstum voraus. Im Bereich der Grunderwerbssteuer muss Berlin aufgrund der Flaute auf dem Immobilienmarkt mit nennenswerten Einbußen rechnen. Dagegen wird das Aufkommen aus Umsatz- und Lohnsteuer dem Entwurf zufolge steigen. Allerdings ist hier die Inflation der wesentliche Antrieb.
Zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft dem Entwurf zufolge eine Lücke von rund 2,8 Milliarden Euro (2024) beziehungsweise 2,5 Milliarden Euro (2025). Damit das Land Berlin nicht noch tiefer in die Verschuldung rutscht, aktiviert der Senat für den neuen Doppelhaushalt Rücklagen in Höhe von 4,6 Milliarden Euro, die bislang nicht genutzt wurden.
Der Schuldenberg des Landes bleibt nahezu unverändert bei rund 66 Milliarden Euro.
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) betonte, das finanzielle Umfeld mit Inflation und steigenden Zinsen sei schwierig, trotzdem schaffe der Senat Spielräume, "um Berlin zukunftsfest zu machen." Weil die geplanten Ausgaben die Einnahmen um mehrere Milliarden übersteigen, musste der Senat laut Evers "quer durch den Garten der Landesrücklagen spazieren, um Spielräume zu schaffen."
Größter Block im Etat-Entwurf ist der Einzeletat für die Berliner Bezirke. Hier veranschlagt der Senat für 2024 rund 10,81 Milliarden Euro und 2025 sogar 10,98 Milliarden Euro. Einige Bezirke hatten zuletzt vehement mehr Geld gefordert.
Daraufhin waren den Bezirken noch einmal 100 Millionen Euro pro Jahr mehr versprochen worden. Finanzsenator Evers hatte auch darauf hingewiesen, dass alle Bezirke zusammen über Rücklagen von insgesamt 336,7 Millionen Euro verfügen.
Zweitgrößter Einzelposten ist der Etat der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familien mit 5,38 Milliarden Euro allein im kommenden Jahr. Für den Bereich Wissenschaft, Gesundheit, Pflege sind demnach 3,48 Milliarden Euro eingeplant.
Die Ausgaben für Investitionen machen pro Jahr etwa 3,8 Milliarden Euro aus und liegen damit um knapp 200 Millionen Euro unter dem Ansatz für 2023.
Zu den Prioritäten des neuen Senats zählt die Digitalisierung der Verwaltung. Dafür soll es 43 Millionen Euro zusätzlich geben.
Im Bereich Inneres soll es in den kommenden beiden Jahren einen Aufwuchs um 2.275 Stellen geben. Der Schwerpunkt liegt laut Wegner bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Bei der Polizei sollen in den kommenden zwei Jahren 205 zusätzliche Stellen geschaffen werden, bei der Feuerwehr 92 zusätzliche. Die Berliner Feuerwehr hatte 733 zusätzliche Stellen gefordert.
Für Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ist der Haushaltsentwurf Ausdruck einer allmählichen Rückkehr zur Normalität, nachdem es seit 2020 wegen der Corona-Pandemie und dann wegen des Ukraine-Kriegs Krisenhaushalte gegeben habe. Giffey stellte unter anderem heraus, dass die Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf jährlich 1,5 Milliarden Euro verdoppelt würden.
Für das geplante 29-Euro-Ticket für Busse und Bahnen sind pro Jahr rund 300 Millionen Euro vorgesehen. Zur Umsetzung des Billig-Tickets seien unterschiedliche Modelle erarbeitet worden, erläuterte Giffey den aktuellen Stand. Nächster Schritt für den Senat sei, eines davon auszuwählen und in die Diskussion einzubringen.
Finanzielle Einschnitte beim Ausbau der Radwege plant der Senat laut Etatentwurf nicht. Die dafür für 2024 und 2025 vorgesehenen Mittelansätze - zusammen rund 59,1 Millionen Euro - blieben im Vergleich zum Doppelhaushalt 2022/23 faktisch auf gleichem Niveau, sagte Evers, wobei zuletzt tatsächlich nicht alle Mittel beansprucht wurden.
Zu den geplanten Ausgaben könnte noch Geld aus dem geplanten, zunächst fünf Milliarden Euro schweren Sondervermögen für mehr Klimaschutz hinzukommen, so Evers. Hierzu ist aber noch nichts entschieden.
Die Opposition kritisierte den Haushaltsentwurf erwartungsgemäß. Grünen-Fraktionschef Werner Graf monierte unter anderem, dass Rücklagen "verbrannt" und die Bezirke nicht ausreichend finanziell ausgestattet würden. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker
erklärte, der Entwurf des Senats gefährde die finanzielle Zukunftsfähigkeit Berlins, unter anderem, weil keine Schuldentilgung vorgesehen sei.
Der Bund der Steuerzahler äußerte sich besorgt über die erneute Steigerung der Ausgaben. "Ein Sparhaushalt ist das nicht", erklärte der Landesvorsitzende des Verbands, Alexander Kraus. Zu kritisieren sei auch, dass der Senat an der Schuldenbremse und dem Haushalt vorbei mit dem geplanten Sondervermögen zum Klimaschutz erhebliche neue Schulden plane.
Es gibt aber auch Lob für den Entwurf des Berliner Senats: Die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg hält das Sondervermögen für richtig. Der ökologische Verkehrsclub VCD begrüßt, dass der Senat für den Radwege-Ausbau keine Kürzungen vorsieht. Demnach sollte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) "am Berliner Beispiel orientieren und die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt ebenfalls korrigieren".
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.07.2023, 8 Uhr
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