Berliner Haushaltspläne
In Berlin wird weiter über die Verkehrspolitik des Senats gestritten. Die mitregierende SPD will keine Kürzungen bei Radprojekten mitmachen. Ein Verband spricht von bewusster Politik gegen Radfahrer.
Die Überlegungen im Senat, künftig weniger Geld für den Radwegeausbau ausgeben zu wollen, stoßen im Berliner Abgeordnetenhaus und bei Verbänden auf deutliche Kritik. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) sieht die Gefahr, dass "bewusst Politik gegen Radfahrer" gemacht werde. Die Grünen zeigen sich irritiert und die SPD will keine Kürzungen hinnehmen. Die CDU relativierte die Haushaltsplanung.
Die mitregierende SPD geht deutlich auf Distanz zu den Überlegungen des Senats. Ihr verkehrspolitischer Sprecher Tino Schopf sagte zu möglichen Streichungen: "Das wird es mit der SPD nicht geben." Die schwarz-rote Koalition habe mehr und sichere Radwege verabredet. "Dieses Ziel erreichen wir mit Sicherheit nicht, wenn wir jetzt mit einem spitzen Bleistift Finanzmittel für den Radverkehr minimieren."
Die radverkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Oda Hassepaß, gab zu, dass die Grünen in ihrer Regierungszeit nicht alle selbst gesteckten Ziele erreicht, aber vieles angeschoben hätten. Wenn jetzt alles blockiert werde, sei der "Schwung einfach weg", warnte sie. Nach dem Radwege-Stopp solle nun auch der Geldhahn abgedreht werden. "Alleine in 2023 - wenn diese Projekte nicht gestoppt worden wären - wären 50 weitere Kilometer sichere Radwege auf den Weg gebracht worden. Es läuft jetzt gut an. Jetzt könnte man wirklich ins Machen kommen", so die Abgeordnete.
Ähnlich bewertet auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club die Situation. Der ADFC sieht einen "Doppelschlag" aus Radwegestopp und einer Halbierung von Haushaltsmitteln. "Wir befürchten, dass das eine mutwillige Verhinderung ist, den Verkehr in Berlin endlich auch nur annähernd sicher und fair für alle zu gestalten", sagt ADFC-Sprecher Karl Grünberg. Sein Verband frage sich inzwischen, ob es dem Senat um "bewusste Politik gegen Radfahrer" gehe.
Der Automobilverband ADAC begrüßte das Vorhaben grundsätzlich. Claudia Löffler, Pressesprecherin ADAC Berlin-Brandenburg: "Für eine wachsende Metropolregion ist ein leistungsfähiges Verkehrssystem unerlässlich", so Claudia Löffler, Pressesprecherin des ADAC Berlin-Brandenburg. "Daher ist das Vorgehen der neuen Landesregierung richtig, zunächst eine Bestandsaufnahme zu machen und davon ausgehend wirksame Lösungen für alle Verkehrsteilnehmenden zu entwickeln. In der Vergangenheit hatten wir oft das Gegenteil, ideologisierte Debatten gegen das Auto. Individuelle und klimagerechte Mobilität müssen sich aber nicht ausschließen."
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Johannes Kraft, relativierte derweil die Befürchtungen. Noch sei man in einer frühen Phase der Haushaltsberatungen, in der es normal sei, dass ein Finanzsenator in einer schwierigen Haushaltslage nach Einsparmöglichkeiten suche. "Wenn man sich mal anschaut, was die Diskussionsgrundlage ist, dann reden wir immer noch darüber, dass im Doppelhaushalt 2024/25 noch deutlich mehr Geld eingestellt wurde als 2022 abgeflossen ist und verbraucht wurde." Es mache wenig Sinn, hohe Beträge in den Haushalt zu schreiben, die am Ende nicht ausgegeben werden, so Kraft.
2022 konnten viele Mittel allerdings nicht ausgegeben werden, weil Berlin in der vorläufigen Haushaltswirtschaft war. Das führte zu einer Haushaltssperre in der ersten Jahreshälfte. Kraft deutete an, dass es durch das geplante Fünf-Milliarden-Euro umfassende Sondervermögen für Klimaschutz noch finanzielle Spielräume geben könnte. "Der Verkehrssektor, der in erheblichem Umfang zum CO2-Ausstoß beiträgt, wird natürlich auch aus diesem Sondervermögen profitieren können."
Kraft zeigte sich zuversichtlich, dass der neue Senat deutlich mehr in die Radinfrastruktur investieren werde, dort wo es "sinnvoll und notwendig" ist, so Kraft gegenüber dem rbb.
Sendung: rbb24 Inforadio, 04.07.2023, 14:13 Uhr
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