Pausierte Projekte in Berlin
Die Berliner Verkehrsverwaltung setzt Radweg-Projekte des vorigen Senats auf den Prüfstand. Einige sollen umgesetzt werden, andere nicht. Fördergelder für pausierte Vorhaben könnten nun wegfallen - zum Unmut von Bezirksvertretern.
Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hat eingeräumt, dass Fördergelder für mehrere pausierte Radwege-Projekte in Berlin verfallen könnten. "Wenn sich bestimmte Maßnahmen verzögern durch eine vertiefte Prüfung, die aber absolut notwendig ist aus verkehrssicherheitstechnischen Aspekten, dann ist es möglich, dass das ins nächste Jahr rutscht", sagte sie am Donnerstag.
Allerdings sei sie zuversichtlich, dass es auch im neuen Jahr Förderprogramme geben wird und "keine Mittel verlorengehen", so Schreiner. "Qualität vor Schnelligkeit."
Genau daran gibt es in den Bezirken allerdings erhebliche Zweifel. Das bisherige Förderprogramm "Stadt und Land" des Bundes laufe aus, so die Verkehrsstadträtin von Mitte, Almut Neumann (Grüne). "Es soll ein neues Radinfrastrukturprogramm aufgelegt werden, aber uns sind keine Details bekannt", sagte die ehemalige Richterin bei einer Veranstaltung der Bezirke am Mittwoch. "Und man müsste sich auch neu bewerben - mit der Unklarheit, nicht zu wissen, ob es klappt oder nicht."
Zudem sehe die neue Landesregierung Kürzungen im nächsten Doppelhaushalt vor. Damit sei unklar, ob Berlin auch im kommenden Jahr noch genug Mittel hätte, den notwendigen Eigenanteil bei Bundesförderprogrammen aufzubringen.
Schreiner hatte zuvor mehrere geplante Radwege auf Eis gelegt, um die Projekte zu überprüfen. Dagegen gab es heftige Kritik in den Bezirken, bei der Opposition und von Verbänden. Inzwischen hat die Verkehrsverwaltung mehrere Radwege-Projekte wieder freigegeben, fünf bleiben allerdings gestoppt.
Kritik an Schreiners Vorgehen kommt auch aus der Wirtschaft. "Natürlich bedauern wir sehr, dass ausgerechnet der Umbau der Grunewaldstraße in Schöneberg noch auf Eis liegt", sagte IHK-Vizepräsident Robert Rückel dem rbb. Gerade für diesen Radweg habe es die Senatsverwaltung gemeinsam mit der IHK "einen beispielhaften und umfassenden Beteiligungsprozess durchgeführt und gemeinsam Vorschläge entwickelt, wie eine gerechte Neu-Aufteilung des Straßenraums gelingen kann".
Dennoch sei die Prüfung der Radwege-Projekte nachvollziehbar und sinnvoll, so Rückel weiter. "Wir erwarten nun, dass die Prüfungen zügig abgeschlossen werden, damit der Umbau der Grunewaldstraße starten kann und keine Bundesfördermittel verfallen."
Groß ist weiterhin der Ärger in den Bezirken, die auf Freigabe ihrer Radwege warten müssen. "Der Stopp der Radverkehrsanlagen auf Haupt- und Grunewaldstraße ist für die Verkehrspolitik im Bezirk verheerend", sagte Lars Rauchfuß, Kreisvorsitzender der SPD in Tempelhof-Schöneberg.
"Das können wir schon deshalb nicht hinnehmen, weil im Koalitionsvertrag anderes - nämlich der Ausbau sicherer Radwege - verabredet ist." Rauchfuß forderte den Senat auf, die Entscheidung zurückzunehmen. "Wir werden auch prüfen lassen, ob die Absage der Maßnahmen rechtlich haltbar ist und zum Fortfall von Fördermitteln führt."
Eine ähnliche Prüfung hatte zuvor schon Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt. "Unser Rechtsamt ist zu dem Schluss gekommen, dass die Landeshaushaltsordnung eine temporäre Außerkraftsetzung nicht vorsieht", sagte die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann. Sie forderte, dass der Senat die gestoppten Finanzierungszusagen umgehend wieder einhält. "Man greift nicht in Planungen ein, die durchfinanziert sind", fügte Mitte-Verkehrsstadträtin Neumann (Grüne) hinzu. "Da ist sehr viel Vertrauen verloren gegangen."
Sendung: rbb24 Abendschau, 06.07.2023, 19:30 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen