Brandenburg-Paket
Zwei Milliarden Euro hat Brandenburg als Nothilfe-Kredit aufgenommen. Damit sollen die Folgen des Krieges in der Ukraine abgemildert werden. Der Landesrechnungshof sieht bei einigen Förderprojekten diesen Zusammenhang nicht gegeben. Von Nico Hecht
Folgendes Szenario: Wenn in Potsdam die Lampen ausgehen, weil flächendeckend der Strom ausfällt, sollen an 16 sogenannten Katastrophenschutz-Leuchttürmen die Lichter weiter brennen. In gut 24 Stunden sollen Feuerwehr und Technisches Hilfswerk etwa in Turnhallen Sitzplätze für gut 150 bis 200 Menschen einrichten, Licht- und Wärmeaggregate installieren und für Getränke sorgen. Für die Ausrüstung dieser Katastrophenschutz-Leuchttürme will die Stadt Potsdam 1,95 Millionen Euro ausgeben.
Bezahlt wird das mit Geld aus dem Brandenburg-Paket, einem zwei Milliarden Euro starken Nothilfeprogramm zur Abmilderung der Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der daraus resultierenden Energiepreiskrise. Der Landtag hatte dafür eine Notsituation erklärt, um trotz vorgeschriebener Schuldenbremse neue Kredite aufnehmen zu können.
Der Landesrechnungshof warnt, Fördergelder aus dem Nothilfeprogramm würden bisher zu lax gewährt. "Umso länger das (Programm) andauert, desto eher schleicht sich die Versuchung ein, dass hier Dinge gefördert werden, die man immer schon haben wollte", sagte LRH-Präsident Christoph Weiser dem rbb.
Mit dem Brandenburg-Paket dürfen nur solche Maßnahmen gefördert werden, die sich direkt aus den Folgen des Ukraine-Krieges und den Energiepreissteigerungen ergeben. Ob das so ist, müssten die Landtagsabgeordneten prüfen, so Weiser. "Ob die konkreten Maßnahmen sich im verfassungsmäßigen Rahmen befinden, muss geprüft werden. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben sein. Die Maßnahmen müssen aufgrund der Notlage notwendig sein. Und das muss in jedem Einzelfall geprüft werden."
Doch kontrolliert würde bisher viel zu wenig, so der Landesrechnungshofpräsident: Projektanträge mit einem Fördervolumen bis zu 7,5 Millionen Euro bekommen die Landtagsabgeordneten gar nicht zu sehen. Hier entscheide einzig das Finanzministerium. Das könne eine Verletzung des Budgetrechts des Parlamentes sein.
Auch die Förderung der Katastrophenschutz-Leuchttürme müssen die Landtagsabgeordneten also nicht prüfen. Gut 300 sollen in ganz Brandenburg entstehen. Sie sind einige von vielen Einzelprojekten, die insgesamt gut 40 Millionen Euro kosten sollen.
Aber ob hier ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine besteht, bezweifelt Landesrechnungshofpräsident Weiser. Er erkennt darin eine Maßnahme zum Schutz kritischer Infrastruktur. Das aber habe schon vor dem Krieg auf dem Aufgabenzettel gestanden. Es sei jetzt nur drängender geworden.
Und Weiser nennt weitere Maßnahmen, bei denen nicht auf den ersten Blick zu erkennen sei, wie damit die Kriegsfolgen abgemildert werden sollen: zum Beispiel besonders geschützte SUV-Autos für das Innenministerium oder auch das 49-Euro-Ticket. "Da muss der Gesetzgeber ausführlich begründen, warum das mit dem Ukraine-Krieg zu tun hat und warum das erforderlich ist", so Weiser.
Der Sprecher des Brandenburger Finanzministeriums, Ingo Decker, unterstreicht, dass bei den Förderungen alles korrekt laufen müsse. Aber es müsse auch schnell gehen, um auf die aktuelle Krise reagieren zu können. "Da wird jetzt auch nicht fünf Jahre vorher geprüft bis mal ein Euro ausgezahlt wird", so Decker.
Decker verteidigte auch die 7,5-Millionen-Euro-Grenze, ab der Förderprojekte durch den Finanzausschuss geprüft werden müssen. Diese sei nicht willkürlich festgelegt, sondern mit dem Parlament abgesprochen. Eine rein pragmatische Festlegung, so Decker: "Weil wir jetzt nicht wegen jeder Bewilligung von 50.000 Euro in den Finanz- und Haushaltsausschuss laufen wollen. Das würde das ganze Getriebe irgendwann zum Erliegen bringen."
Insgesamt, bilanziert der Finanzministeriumssprecher, werde das Brandenburg-Paket gut genutzt. Im ersten Halbjahr 2022 seien bereits 227 Millionen Euro abgeflossen und Förderungen in Höhe von rund einer Milliarde Euro bereits bewilligt worden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.08.2023, 16:50 Uhr
Beitrag von Nico Hecht
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