Aus Kostengründen
Nach vielen Jahren endete zum Start des neuen Schuljahres der Wachschutz an zwölf Neuköllner Schulen - aus Kostengründen. Besonders eine Schule am Hermannplatz sorgt sich nun um die Sicherheit ihrer Schülerinnen und Schüler.
Für insgesamt zwölf Neuköllner Schulen beginnt die erste Schulwoche des Jahres mit einer großen Veränderung: Ihnen wurde der langjährige Sicherheitsdienst gekürzt. Schulen wie das Albert-Schweitzer-Gymnasium am Hermannplatz konnten sich seit 2007 fast durchgehend auf einen Wachschutz verlassen. Die Schulen liegen in der Nähe besonders kriminalitätsbelasteter Orte.
Betroffene reagieren mit großem Unverständnis auf die Entscheidung des Bezirks. Eltern, Lehrer und Schüler mehrerer Neuköllner Schulen demonstrierten wegen der Kürzung des Sicherheitsdienstes am Mittwochnachmittag vor dem Rathaus des Bezirks und besuchten die anschließende Bezirksverordnetenversammlung, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken. Zuvor hatte der Tagesspiegel (externer Link) über die Kürzung des Wachdienstes berichtet.
Die Schülerinnen und Schüler, die am Nachmittag vor dem Rathaus demonstrierten, hielten Plakate mit Aufschriften wie "Wir wollen uns in der Schule sicher fühlen" hoch. Besonders viele von ihnen gehen auf das Albert-Schweitzer-Gymnasium. Dessen Schuldirektorin, Karin Kullik sagt dem rbb: "Wir befürchten, dass unerwünschte Personen, Suchtkranke, psychisch kranke, vielleicht aggressive Menschen, die am Hermannplatz anzutreffen sind, wieder in die Schule kommen könnten. Das ist schon mal passiert, als der Wachschutz fehlte. Damals (Anm. d. Red.: 2012) hatten wir zwei suchtkranke Menschen auf der Toilette."
Auch Zerrin Duran, die Gesamtelternsprecherin des Albert-Schweitzer-Gymnasiums äußert sich entsetzt: "Das gefährdet die Sicherheit der Kinder und des Schulpersonals", sagt sie dem rbb. Ihr Sohn gehe in die 11. Klasse, wäre er aber jünger, würde sie deshalb überlegen, ihn von der Schule zu nehmen. Eine andere Mutter sagt der rbb24 Abendschau: "Manchmal ist der Schulweg schon nicht so schön, mit dem U-Bahnhof am Hermannplatz. Die Sorge ist, dass es jetzt auch in der Schule weiter geht."
Der Bezirk begründet die Kürzungen mit fehlendem Geld. Der Wachdienst koste rund 700.000 Euro im Jahr, sagt die Neuköllner Bezirksstadträtin für Bildung, Karin Korte (SPD). Für dieses Kalenderjahr seien bereits 450.000 Euro ausgegeben, nachdem erhoffte Rückzahlungen im Sommer nicht gekommen wären, habe man den Wachdienst kurzfristig kürzen müssen.
Die Proteste von Eltern, Schülern und Lehrkräften könne sie verstehen, so Korte. Ändern könne sie es aber nicht, sie habe das Geld dafür nicht. "Wir haben uns den Wachschutz seit vielen Jahren geleistet in Neukölln, indem wir immer wieder versucht haben, Mittel zu finden durch Querfinanzierung. In diesem Jahr ist es aber so, dass wir dieses Geld einfach nicht mehr haben", sagte Korte. Sie könne nicht an den Lehrmitteln oder am Mittagessen sparen, um eine Querfinanzierung hinzukriegen.
Korte sagte, sie wünsche sich, dass der Senat mehr Geld bereitstelle, damit der Wachschutz zumindest in den Jahren 2024 und 2025 wieder finanziert werden könne.
Kurzfristig müssen wohl andere Lösungen gefunden werden. Am Albert-Schweitzer-Gymnasium und dem ebenfalls besonders schutzbedürftigen Albrecht-Dürer-Gymnasium (in der Nähe des S-Bahnhof Neukölln) könnten beispielsweise verbesserte Schließanlagen an den Türen installiert werden, stellt Bezirkstadträtin Korte in Aussicht.
Vorerst muss sich das Kollegium im Albert-Scheitzer-Gymnasium aber anders organisieren. Schon an den ersten Tagen seit dem Wegfallen des Wachschutzes sei es dazu gekommen, dass Personen in die Schule eindringen wollten, schildert ein Lehrer. "Den Schulbetrieb, wie wir ihn haben wollen, mit einer sicheren Atmosphäre, den kann ich im Moment nicht gewährleisten", sagt Schuldirektorin Kullik.
Sendung: rbb24 Abendschau, 30.08.2023, 19.30 Uhr
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