Milieuschutzgebiet in Berlin-Neukölln
Der Berliner Senat unterstützt Pläne des Bezirks Neukölln, nach längerer Pause wieder ein Vorkaufsrecht für ein Wohnhaus in einem Milieuschutzgebiet auszuüben.
Die Senatsverwaltung für Wohnen habe alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bezirk für das Gebäude in der Weichselstraße 52 das Vorkaufsrecht aussprechen könne, erklärte Senator Christian Gaebler (SPD) am Freitag.
"Neben dem Schutz der Mieterinnen und Mieter ging es dabei auch um ein Zeichen, dass dem Land Berlin der Milieuschutz und die Vorkaufsrechte sehr wichtig sind", so Gaebler weiter: Sollte ein potenzieller Käufer keine Abwendungserklärung zum Schutz der Mieter unterschreiben und sich damit auf Einhaltung sozialer Standards verpflichten, werde der Senat einen Erwerb über ein landeseigenes Wohnungsbauunternehmen finanzieren.
Nach früheren Angaben umfasst das Gebäude in der Weichselstraße 21 Wohnungen mit rund 50 Mietern und zwei Gewerbeeinheiten.
Sevim Aydin, SPD-Sprecherin für Wohnen und Mieten, begrüßte die Entscheidung: "Das kommunale Vorkaufsrecht ist ein wichtiges Instrument, um Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt zu regulieren und Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung zu schützen." Berlin setzte mit der Ausübung des Vorkaufsrechts in der Weichselstraße 52 "ein wichtiges Signal an die Bundesebene und den Mieter*innenschutz", so Aydin weiter.
Die FDP müsse ihre Blockade aufheben und den von Clara Geywitz vorgelegten Gesetzesentwurf zum Vorkaufsrecht endlich beschließen, "damit das Vorkaufrecht wieder vollumfänglich angewendet werden kann und nicht nur bei vernachlässigten Immobilien greift", fügte die SPD-Politikerin an.
In Berlin war es bis 2021 recht verbreitet, dass Bezirke bei der Veräußerung von Wohngebäuden in sozialen Schutzgebieten ein Vorkaufsrecht zugunsten kommunaler Gesellschaften ausübten. Erklärtes Ziel war, Bewohner vor starken Mieterhöhungen und Verdrängung zu schützen. Das Bundesverwaltungsgericht entzog dieser Praxis mit einer Entscheidung im November 2021 jedoch die Grundlage.
Die Annahme, dass der andere Käufer Mieter mutmaßlich verdrängen könnte, sei keine ausreichende Grundlage. Seither ist die Ausübung von Vorkaufsrechten in den Berliner Milieuschutzgebieten zum Erhalt der Sozialstruktur praktisch zum Erliegen gekommen. Im konkreten Fall sehen der Bezirk Neukölln und nun auch der Senat diese Möglichkeit, weil das Haus in einem schlechten baulichen Zustand ist. Um Vorkaufsrechte wieder im Umfang wie vor der Gerichtsentscheidung im November 2021 anwenden zu können, müsste auf Bundesebene das Baugesetzbuch geändert werden.
Gaebler appellierte daher an die Bundesregierung, das Vorkaufsrecht für die Kommunen gesetzlich wieder zu vereinfachen.
Sendung: rbb24, 15.09.2023, 13 Uhr
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