Brandenburger Innenministerium stoppt Aufnahme von syrischen Verwandten
Zehn Jahre lang konnten in Brandenburg syrische Geflüchte mit Hilfe eines Aufnahmeprogramms ihre Familie nachholen. Das Innenministerium stoppt nun das freiwillige Programm zum Jahresende. Daran gibt es deutliche Kritik.
Das Brandenburger Aufnahmeprogramm für Menschen aus Syrien mit Verwandten wird zum Ende dieses Jahres gestoppt. Das teilte das Innenministerium am Dienstag mit.
"Die überwiegende Zahl der Bundesländer hat ihre entsprechenden Landesaufnahmeordnung für syrische Flüchtlinge bereits in den vergangenen Jahren eingestellt", hieß es aus dem Ministerium. Deshalb habe sich auch Brandenburg nach zehn Jahren entschieden, das freiwillige Landesaufnahmeprogramm nicht zu verlängern. Eine konkrete Laufzeit für das Programm sei im Koalitionsvertrag nicht festgelegt worden.
Das Programm besteht seit 2013 und ermöglicht es syrischen Flüchtlingen, deren Angehörige in Brandenburg leben, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Voraussetzung ist, dass die in Brandenburg lebenden Verwandten sich für fünf Jahre verpflichten, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.
Nach Angaben der Integrationsbeauftragten übernimmt die Gesundheitskosten für die Aufgenommenen das Land. Die über das Landesprogramm aufgenommene Menschen erhielten außerdem direkt nach ihrer Einreise die Möglichkeit zu arbeiten.
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Ministerium verweist auf neue Regelungen vom Bund
Das CDU-geführte Innenministerium begründet das Auslaufen unter anderem damit, dass das allgemeine Migrationsgeschehen 2022 und 2023 massiv zugenommen und die Brandenburger Kommunen an die Grenze ihrer Aufnahmekapazitäten gebracht habe. Außerdem seien seit dem ersten Beschluss der Landesaufnahmeordnung in den vergangenen Jahren zahlreiche weitere Aufnahmeprogramme des Bundes und des Landes ins Leben hinzugekommen.
Ausschlaggebend sei jedoch die neueste Maßgabe des Bundesinnenministeriums zur Zustimmungserfordernis für die Aufnahme der betroffenen Personen. "Die kommunalen Ausländerbehörden sollen ab 2023 im Einzelfall nachweisen, dass die betroffenen Personen nicht nur vor dem Bürgerkrieg geflohen sind, sondern sich auch aktuell in Not oder Bedrängnis befinden", so der Ministeriumssprecher. "Die syrischen Verwandten von in Deutschland lebenden solventen Personen sind in der Mehrzahl jedoch meist nicht so hilfebedürftig, dass eine aktuelle Not oder Bedrängnis vorläge."
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Landesintegrationsbeauftrage entsetzt
Die Überprüfung der Angaben der Betreffenden zur aktuellen Not oder Bedrängnis sei für die Ausländerbehörden in Brandenburg schwierig bis unmöglich. Unter diesen Voraussetzungen sei das Aufnahmeprogramm nicht mehr umsetzbar.
Die Integrationsbeauftragte des Landes, Doris Lemmermeier, zeigte sich von der Entscheidung entsetzt. "Viele Syrerinnen und Syrer haben in den letzten Jahren über dieses Programm ihre Familienangehörigen sicher nach Brandenburg bringen können", teilte sie mit. Es sei unverständlich, dass man Familienangehörige von Menschen, die hier lebten, einen legalen Weg der Einreise verschließe.
Den Kommunen entstünden dabei keinerlei Kosten, auch die Kosten für das Land seien sehr überschaubar. "Hier wird erneut Stimmung gemacht." Menschen, die auf der Flucht beziehungsweise hilfsbedürftig seien, würden gegeneinander ausgespielt, indem eine Verbindung zwischen dem Familiennachzug aus Syrien und der Einwanderung anderer Menschen hergestellt werde.
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Lemmermeier fordert Programmverlängerung
In zehn Jahren seien 964 Menschen über die Landesaufnahmeanordnung aus Syrien nach Brandenburg eingereist. "Das Land übernimmt die Gesundheitskosten und die aufnehmenden Menschen geben für fünf Jahre eine Verpflichtungserklärung ab, so dass sie für Unterbringung und Lebenshaltungskosten der Familienangehörigen komplett selbst aufkommen", so Lemmermeier.
Die Landesaufnahmeanordnung für syrische Flüchtlinge sei eine Form des legalen Wegs nach Europa, was die CDU seit langem fordere. "Aus meiner Sicht gibt es nur eine Option: Die Landesaufnahmeanordnung für syrische Flüchtlinge muss um ein weiteres Jahr verlängert werden."