Weltklimakonferenz in Dubai
Vor acht Jahren haben 197 Staaten auf der Weltklimakonferenz in Paris beschlossen, die Erderwärmung zu stoppen. Gelingen kann das nur, wenn die großen Metropolen wie Berlin mitziehen. Doch bis zur Klimaneutralität ist es noch ein gutes Stück. Von Jan Menzel
Berlin war schon mal ganz weit vorne, wenn auch unfreiwillig. Als nach 1990 ganze Industrien im Ostteil der Stadt zusammenbrachen, verbesserte sich mit einem Schlag die CO2-Bilanz der Stadt. Seitdem hat sich beim Energiesparen zwar einiges getan, aber lange nicht genug.
"Wir haben wirklich wahnsinnig viel Zeit verloren. Nach der deutschen Wiedervereinigung hätte man sehr viel mehr machen müssen, gerade was energetische Sanierung angeht. Dann wären wir heute fast durch mit den Zielen", sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Experten schätzen, dass in Deutschland rund 40 Prozent der CO2-Emmissionen auf den Gebäudesektor entfallen.
Dass hier jede Menge zu tun ist, weiß auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey. Die SPD-Politikerin betont, dass es nicht nur darauf ankomme, Häuser besser zu isolieren. Giffey will in erster Linie dafür sorgen, dass die Heizungswärme anders erzeugt wird.
"Wir müssen die Wärme klimaneutral machen, damit wir Berlin klimaneutral machen können". Deswegen bemühe sich das Land auch so intensiv darum, das Fernwärmenetz mitsamt der Kraftwerke zurückzukaufen. "Die Fernwärme wieder zurück nach Hause holen", nennt Giffey das.
Doch allein ein Rückkauf der Netze und Kraftwerke ist noch kein Garant dafür, dass es beim Klimaschutz Fortschritte gibt. Noch immer ist nicht klar, welcher Energieträger künftig zum Einsatz kommen soll. Wasserstoff, sagen etwa die Manager von Vattenfall. Dem Konzern gehört das Fernwärmesystem, die Schweden verhandeln aber mit Berlin über einen Verkauf. Umweltschützer warnen dagegen: Grüner Wasserstoff sei viel zu teuer und gar nicht ausreichend verfügbar.
Was aber geht, wenn Gesetze geändert werden und Fördergelder fließen, zeigt sich an anderer Stelle, beim Solarausbau. Lange hinkte Berlin hier dem eigenen Anspruch hinterher. Inzwischen zeichnet sich eine Trendwende ab. Von Januar bis Oktober wurden in der Stadt fast 9.500 neue Photovoltaikanlagen angeschlossen. Das sind dreimal so viele wie im Vorjahr. Allerdings muss noch deutlich mehr passieren, bis tatsächlich ein Viertel des städtischen Strombedarfs auf heimischen Dächern erzeugt wird.
Diese Vorgabe stammt noch von der rot-grün-roten Vorgängerkoalition. Deshalb ist der grüne Energieexperte Stefan Taschner eigentlich auch ganz zufrieden mit der Entwicklung, die in Gang gekommen ist. An einer Stelle würde er aber gerne nachsteuern. "Wie können wir gerade bei den Balkon-Solarkraftwerken auf unsere landeseigenen Wohnungsunternehmen Einfluss nehmen, damit sie Mieterinnen und Mieter unterstützen, an diese Balkonsolare ranzukommen und ihnen eben keine Steine in den Weg legen?" fragt Taschner und kritisiert, dass es hier noch zu viele Hindernisse gebe.
Neben den Gebäuden ist das andere große Sorgenkind der Verkehr. Die Zahl der Autos in Berlin nimmt nicht ab. Auch wenn kürzlich ein privater Anbieter meldete, dass jede Woche 50 neue Ladepunkte an Laternenmasten dazukommen, bleibt der Anteil von E-Autos auf Berlins Straßen überschaubar. Umweltschützer argwöhnen ohnehin, dass in der schwarz-roten Koalition der klimafreundliche Radverkehr buchstäblich unter die Räder kommt.
Dafür machen aber die Verkehrsbetriebe Fortschritte. U-Bahn und Straßenbahn fahren seit fast zehn Jahren mit Öko-Strom. Inzwischen ist auch fast jeder fünfte Bus elektrisch unterwegs. Das soll aber nur ein Anfang sein, bekräftigt die BVG-Aufsichtsratschefin, Wirtschaftssenatorin Giffey. "Wir haben das Ziel, dass wir bis 2030 die komplette Busflotte mit mehr als 1.550 Bussen umrüsten beziehungsweise neu beschaffen wollen."
Diese Umstellung vom Diesel auf Elektro für sich genommen ist schon eine Riesen-Investition. Um das Stromnetz fit für Wärmewende, tausende neue E-Autos und die Ansiedlung großer Data-Center zu machen, braucht es noch einmal zwei Milliarden Euro. Diese Summen nannten Experten bei einer Anhörung im Parlament. In der gleichen Preisliga spielen auch der Umbau der Fernwärme, die Nutzung von Geothermie und der Bau von Großwärmepumpen.
Weil letztlich so viel am Geld hängt, blickt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mit großer Sorge auf die aktuelle Diskussion über das geplante Berliner Klima-Sondervermögen. "Wenn das ausgebremst werden sollte, ist das wieder ein herber Rückschlag. Und wir können ja nicht immer noch mehr Zeit verlieren, wir müssen endlich vorwärtskommen."
Sendung: rbb24 Inforadio, 30.11.2023, 6 Uhr
Beitrag von Jan Menzel
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