Brandenburg
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen ist verärgert. Das Betätigungsverbot von Hamas und Samidoun in Deutschland sei zu früh von Kanzler Scholz verkündet worden. Die Vereine seien so vorgewarnt gewesen.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat das Vorgehen der Bundesregierung für ein Verbot des palästinensischen Netzwerks Samidoun und ein Betätigungsverbot für die Hamas kritisiert. Es sei definitiv ein Fehler gewesen, das Verbot anzukündigen, sagte Stübgen am Samstag in Potsdam. Die betroffenen Vereine hätten lange Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Brandenburg werde prüfen, welche Möglichkeiten es durch diese Verfügung zusätzlich gebe, um gegen propalästinensische und antisemitische Akteure vorzugehen. Es sei aber unwahrscheinlich, "dass wir da jetzt noch was finden", sagte Stübgen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte das Netzwerk am Donnerstag verboten und gleichzeitig ein Betätigungsverbot für die islamistische Palästinenserorganisation Hamas ausgesprochen. Überraschend kam dies - anders als normalerweise bei Verbotsverfügungen - nicht. Denn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte diesen Schritt bereits am 12. Oktober im Bundestag angekündigt, wohl um ein politisches Signal zu senden, nachdem die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas am 7. Oktober in Israel Massaker unter Zivilisten angerichtet und zahlreiche Geiseln verschleppt hatte.
Auch andere Innenpolitiker der Union hatten die Ankündigung der Verbotsverfügung kritisiert. Sie sagten, durch diese Vorwarnung sei womöglich eine Beschlagnahmung von Vermögen verhindert worden. Außerdem merkten sie an, dass vielleicht Beweismaterial, das im Falle einer Klage gegen die Verbotsverfügung relevant sein könnte, beiseitegeschafft wurde.
In Brandenburg werden antisemitische oder antiisraelische Äußerungen nach Einschätzung des Verfassungsschutzes von mehreren Akteuren verbreitet. Das "Islamische Zentrum Fürstenwalde" ist ein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes Brandenburg, der den Verein den islamistischen Gruppierungen Hamas sowie der Muslimbruderschaft zuordnet. Der Verfassungsschutz stufte den Verein im Juli als gesichert extremistische Bestrebung ein.
Auf Bundesebene nimmt das Bundesinnenministerium jetzt die Social-Media-Kanäle des palästinensischen Netzwerks Samidoun ins Visier. Eine Ministeriumssprecherin erklärte am Samstag auf Anfrage: "Jetzt werden die nächsten Schritte eingeleitet". Dazu gehöre, dass die Betreiber sozialer Netzwerke über das Verbot informiert würden, damit sie entsprechend handelten. Nicht mehr erlaubt sei zudem die Bereitstellung der Internetseite des Vereins.
"Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar", heißt es im Vereinsgesetz. Das Samidoun-Netzwerk veröffentlichte in der Nacht zum Samstag in sozialen Medien eine Fotomontage, die Faeser, die Verbotsverfügung und eine Packung Baklava zeigt. Daneben steht unter anderem "Lang lebe unser tapferer Widerstand" und "Wir sehen uns im Gerichtssaal!" Samidoun hatte nach dem Blutbad in Israel am 7. Oktober für Entrüstung gesorgt, weil kurz danach Mitglieder des Netzwerks als Ausdruck der Freude Süßigkeiten auf der Sonnenallee im Berliner Bezirk Neukölln verteilten.
Die Hamas wird von der EU und den USA schon seit Jahren als Terrororganisation eingestuft, womit sie de facto in Deutschland schon verboten war. Das Betätigungsverbot macht es jedoch einfacher, Maßnahmen gegen die islamistische Gruppierung durchzusetzen, etwa bei Versammlungen einzuschreiten. Hinter der Hamas stehen nach Schätzungen des Verfassungsschutzes in Deutschland rund 450 Menschen, von denen viele deutsche Staatsbürger sind. Einen offiziellen Ableger der islamistischen Gruppierung gibt es hierzulande nicht. Vereine, die der Bewegung nahestanden, wurden bereits vor Jahren verboten.
Sendung: Antenne Brandenburg, 04.11.2023, 19:30 Uhr
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