Landwirtschaft in Brandenburg
Das Pestizid Glyphosat ist seit Jahren stark umstritten. Es steht im Verdacht, kebserregend und schädlich für die Umwelt zu sein. Die EU-Kommission hat am Donnerstag dennoch beschlossen, den Stoff für zehn weitere Jahre zuzulassen.
Die Europäische Union (EU) wird die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat verlängern. Diese Entscheidung habe die EU-Kommission getroffen, teilte sie am Donnerstag mit. Das Pestizid darf nun für weitere zehn Jahre in der EU genutzt werden. Es werde aber neue Auflagen und Einschränkungen geben, heißt es.
Die bisherige Zulassung wäre Mitte Dezember abgelaufen. Weil die Mitgliedsstaaten in Abstimmungen des Berufungsausschusses keine Mehrheit über das Vorgehen hatten bilden können, durfte die Kommission im Alleingang entscheiden.
Um den Einsatz von Glyphosat wird seit Langem gestritten. Das Mittel steht im Verdacht, krebserregend zu sein und Gefahren für die Umwelt zu bergen.
Der Wirkstoff wurde in den 70er Jahren vom US-Unternehmen Monsanto entwickelt. Glyphosat wird als Unkrautvernichter vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt. Es lässt bestimmte Pflanzen absterben, wie Gräser, Sträucher und Moose. So können Bauern ihre Felder frei von Unkraut halten, bevor sie Nutzpflanzen aussähen.
2015 hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), ein Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Allerdings schränkten die Experten selbst ein, dass diese Feststellung noch nicht besagt, dass die tatsächliche Anwendung zu Krebskrankheiten führt.
Der Bayer-Konzern, zu dem Monsanto seit 2018 gehört, führt zahlreiche Studien an, denen zufolge das Pflanzenschutzmittel "bei sachgemäßer Verwendung sicher" ist. In den USA landeten mutmaßlich durch Glyphosat verursachte Krebserkrankungen dennoch in mehreren Fällen vor Gericht und Bayer wurde teils rechtskräftig zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt.
Eine Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kam vor Kurzem zwar zu dem Ergebnis, dass es keine inakzeptablen Gefahren gebe. Gleichzeitig wies die Untersuchung aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hin. Dazu zählen unter anderem die ernährungsbedingten Risiken für Verbraucher und die Auswirkungen auf den Artenschutz.
Die EU-Kommission knüpfte die künftige Verwendung von Glyphosat daher auch an einige Bedingungen. Unter anderem sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, Risikobewertungen durchzuführen und anschließend Maßnahmen zur Minderungen der Risiken einzuleiten, unter anderem für pflanzenfressende Säugetiere wie Wühlmäuse oder Nichtzielpflanzen wie Wildblumen. Auch Aufwandhöchstmengen sollen festgesetzt werden. Zudem wird die Verwendung als Trockenmittel mit der Absicht den Erntezeitpunkt zu kontrollieren verboten.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zeigte sich unzufrieden mit der Entscheidung der EU-Kommission: "Zu gewichtig sind die Bedenken der Mitgliedsstaaten, was eine Wiedergenehmigung angeht: Die Kommission kann eben nicht ausschließen, dass Glyphosat der Artenvielfalt schadet. Wir haben in Brüssel wiederholt klargemacht, wie entscheidend es ist, das Artensterben in Europa ernst zu nehmen."
Der Brandenburger Bauernverband hingegen war für die Verlängerung auf Basis der Efsa-Studie. Wenn Glyphosat verboten würde, müssten Bauern wieder zum Pflug greifen, um ihre Böden von Unkraut zu befreien und damit viel Diesel verbrennen, hatte ein Experte des Bauernverbands argumentiert.
Unabhängig von der Entscheidung der EU-Kommission obliegt es allerdings ohnehin den einzelnen Mitgliedsstaaten, ob Glyphosat enthaltende Mittel in der jeweiligen Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen. Im Koalitionsvertrag der deutschen Regierung ist ein Vermarkungsstopp ab 2024 festgelegt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.11.2023, 13:20 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen