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Lernleistungen
In der neuesten Pisa-Studie schneiden deutsche Schülerinnen und Schüler in Mathematik und beim Lesen so schlecht ab wie noch nie. Unternehmen in Berlin und Brandenburg warnen vor deutlichen Konsequenzen für die regionale Wirtschaft.
Die deutschen Schülerinnen und Schüler haben in der Pisa-Studie zum internationalen Vergleich von Lernleistungen so schlecht abgeschnitten wie noch nie. Laut den am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Berlin veröffentlichten Ergebnissen verschlechterten sich die Leistungen in den drei untersuchten Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz deutlich.
Als einen Grund sieht die OECD die Folgen der Schulschließungen in der Coronapandemie - allerdings gebe es in Deutschland wie in vielen anderen Ländern einen auch schon vor der Coronakrise begonnenen Trend zu schlechteren Schulleistungen.
In Mathematik lag der für Deutschland ermittelte Mittelwert bei 475 Punkten. Das sind 25 weniger als 2018. Der Mittelwert liegt nur noch knapp über dem OECD-Durchschnitt, der um 15 auf 472 Zähler sank.
Die Spitzenreiter Singapur (575), Japan (536) und Südkorea (527) liegen im Bereich Mathematik weit vorn, aber auch Nachbarländer wie die Schweiz (508) und die Niederlande (493) liegen klar vor der Bundesrepublik.
In Sachen Lesekompetenz rutschte Deutschland um 18 auf 480 Punkte ab, was ebenfalls knapp über dem OECD-Schnitt liegt, der um 10 auf 476 Zähler nachgab.
Ein weiterer Aspekt der Pisa-Studie: Die Schulleistungen unterscheiden sich je nach Geschlecht. Schüler schneiden in Mathematik besser ab, Schülerinnen im Lesen.
Gefragt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie auch nach ihrem Wohlergehen. Nach wie vor antworteten zwar rund drei Viertel der Schülerinnen und Schüler in Deutschland, sie fühlten sich ihrer Schule zugehörig. Gestiegen ist aber der Anteil der 15-Jährigen in Deutschland, die mit ihrem Leben allgemein nicht zufrieden sind - von 17 Prozent 2018 auf 22 Prozent im vergangenen Jahr.
Für die neueste Pisa-Studie wurden Schülerinnen und Schüler aus 81 Staaten in Mathe, Lesen und Naturwissenschaften getestet. Die Pisa-Daten werden regulär alle drei Jahre erhoben, wegen der Coronapandemie wurden die Tests zuletzt allerdings um ein Jahr auf 2022 verschoben. Ergebnisse zu einzelnen deutschen Bundesländern liegen nicht vor.
Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) sagte bei der Vorstellung des Berichts, wichtig sei nun, die Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Damit müsse - wie schon in Berlin - bereits in den Kitas angefangen werden.
Die Berliner AfD sieht sich in ihrer Kritik am Berliner Bildungssystem bestätigt. "Der zentrale Baustein für die Schule der Zukunft liegt im Wandel der Schulkultur und in der Konzentration auf Kernfächer wie Deutsch oder Mathematik. Mit Verhätschelung und Absenkung von Standards tut man den Schülern keinen Gefallen; sie müssen gefördert und gefordert werden, um Lernfreude und Leistungswillen zu entwickeln", teilte der AfD-Bildungspolitiker Thorsten Weiß mit.
Auch Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) unterstrich in seiner Reaktion, man müsse sich auf die Kernfächer konzentrieren. Brandenburg habe bereits im vergangenen Jahr nach der nationalen IQB-Bildungsstudie reagiert und den Unterrichtsschwerpunkt auf Mathematik und Deutsch gelegt, sagte Freiberg am Dienstag in Potsdam. Und am 1. April sei das Projekt "Abako" zur Förderung mathematischer Basiskompetenzen an Grundschulen gestartet worden, erklärte Freiberg.
Zur Einordnung der jüngsten Pisa-Ergebnisse gehöre aber auch, dass die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse ab April 2022 an den Pisa-Tests teilgenommen hätten, sagte der Minister. "Dieser Jahrgang ist erheblich von den Einschränkungen des Unterrichts in der Corona-Pandemie betroffen."
Die mitregierende CDU sprach von "alarmierenden Ergebnissen". Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Gordon Hoffmann, forderte konkret: "Am Ende der Klasse 4 braucht es für wirklich alle Schülerinnen und Schülern eine Lesen-Schreiben-Rechnen-Garantie."
Von den Brandenburger Grünen hieß es, die Pisa-Ergebnisse seien "erschreckend" - aber zugleich wegen der Pandemie und des Lehrkräftemangels "leider vorhersehbar". "Wir brauchen mehr individuelle Angebote, damit alle Schüler*innen ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden", teilte die Grünen-Bildungspolitikerin Petra Budke mit. Lehrkräfte bräuchten Entlastung durch multiprofessionelle Teams.
Unterdessen warnt der Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Sven Weickert, vor Pisa-Folgen für die regionale Wirtschaft: "Die wirtschaftlichen Folgen des jahrelangen Nicht-Handelns werden uns schon bald einholen. Nationen, die ihren Nachwuchs besser ausbilden, werden uns noch stärker Konkurrenz machen", teilte er am Dienstag mit. Für den Strukturwandel, die Künstliche Intelligenz und andere Zukunftstechniken brauche die junge Generation "erstklassige digitale Kompetenzen".
Am Geld liege der aktuelle Misserfolg nicht, so der Unternehmer weiter. Deutschland gebe pro Kopf fast doppelt so viel für Bildung aus wie der OECD-Schnitt. Vielmehr brauche es "eine Zeitenwende auch in der Bildung". Vor allem in Berlin und Brandenburg brauche es mehr und besser qualifiziertes Personal und eine gezielte Förderung und Integration von benachteiligten Kindern, gerade beim Spracherwerb.
Sendung: rbb24 Inforadio, 05.12.2023, 11 Uhr
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