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Audio: radioeins | 30.01.2024 | Alexandra Nestmann | Quelle: dpa/Kubirski

Kritik an Nachtabschiebungen

Berlin hat 2023 deutlich mehr Menschen abgeschoben als in den Jahren zuvor

In Berlin gab es im vergangenen Jahr so viele Abschiebungen wie seit 2017 nicht mehr.
Von Januar bis Dezember 2023 wurden 1.370 ausreisepflichtige Ausländer abgeschoben. Das waren knapp 53 Prozent mehr als im Jahr davor (2022: 897 Abschiebungen).

Laut Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Jian Omar, die dem rbb exklusiv vorliegt, wurden die meisten Abgeschobenen nach Moldau (684) und Georgien (183) ausgeflogen. Beide Länder hat die Bundesregierung inzwischen als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.

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Grüne: "Verheerend" für "sicheren Hafen" Berlin

Mit großem Abstand folgen in der Tabelle der Berliner Abschiebungen im vergangenen Jahr die Staaten Serbien (63), Bosnien und Herzegowina (55), Polen (45), Afghanistan (35) und Türkei (34).

Der migrationspolitische Sprecher der Berliner Grünen-Fraktion, Jian Omar, bezeichnet den deutlichen Anstieg bei den Abschiebungen gegenüber dem rbb als "verheerend" für eine Stadt, "die sich als sicherer Hafen für Geflüchtete versteht". Berlin liege mit seiner Abschiebungspraxis über dem bundesweiten Durchschnitt.

Für die Rückführungen von Januar bis April 2023 (insgesamt 291) war noch die rot-grün-rote Regierung zuständig, von Mai bis Dezember verantwortete der schwarz-rote Senat 1.079 Abschiebungen.

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Kritik an Abschiebungen in der Nacht

Jian Omar kritisiert, in den ersten drei Monaten 2023 habe es insgesamt 132 Rückführungen gegeben - damit sei der von Rot-Grün-Rot vereinbarte Winterabschiebestopp, der bis Ende März galt, umgangen worden. Grundsätzlich ist während des Winterstopps die Abschiebung von Straftätern möglich. Omar beklagt, die zuständige Innenverwaltung mache aber keine Aussagen dazu, welche Delikte den Abgeschobenen zur Last gelegt wurden. Deshalb könne das Parlament nicht kontrollieren, ob diese Abschiebungen trotz Winterstopp gerechtfertigt gewesen seien.

Als "inhuman" kritisiert der migrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, dass 13 Prozent der Abschiebungen (insgesamt 180 Fälle) "Nachtabschiebungen" gewesen seien, die zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens stattfanden. Auch geflüchtete Menschen hätten einen Anspruch auf Nachtruhe und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, so Omar. "Innensenatorin Iris Spranger tritt humanitäre Grundsätze mit Füßen."

15.786 Menschen ohne Aufenthaltsrecht

Aus der Innenverwaltung heißt es, bei den 180 Abschiebungen sei eine "sogenannte Ereigniszeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr durch die Polizei Berlin dokumentiert". Dies beziehe sich aber oft auf den Beginn des Einsatzes vor Ort und spiegele nicht immer die konkrete Betretungszeit der Wohnung wider.

In Berlin lebten Ende 2023 insgesamt 15.786 Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben und damit eigentlich ausreisepflichtig sind. Die große Mehrheit von ihnen (13.866 Personen) hatte allerdings eine Duldung. Das heißt, die Abschiebung ist vorübergehend ausgesetzt - zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, wegen einer laufenden Ausbildung oder fehlender Papiere. Tatsächlich durchführbar wäre eine Abschiebung also bei maximal 1.920 Menschen.

Sendung: Inforadio, 30.01.2023, 16:20 Uhr

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