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Quelle: dpa/Bildagentur-online

Hürden beim Treuhändermodell

Was die Wiederbelebung von "Geisterhäusern" in Berlin so schwierig macht

Trotz massiven Wohnungsmangels stehen in Berlin mehrere Wohnhäuser leer und verfallen. Ein mögliches Mittel zur Wiederbelebung solcher "Geisterhäuser" ist der Einsatz von Treuhändern. Doch der ist kompliziert. Von Wolf Siebert und Jonas Wintermantel

In Berlin fehlt Wohnraum an jeder Ecke - gleichzeitig stehen in der ganzen Stadt Wohnhäuser leer und verfallen. "Geisterhäuser" werden sie oft genannt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 bewegt sich die Zahl dieser "Problemimmobilien" im niedrigen zweistelligen Bereich.

Das Land Berlin plant schon länger, mit Treuhändern verwahrloste und jahrelang leerstehende Wohnhäuser wieder bewohnbar machen. Jetzt hat der Senat es erneut im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhaus angekündigt. Getestet werden soll die Idee an drei Objekten in Friedenau, Wedding und Lichterfelde.

Bereits im Dezember 2022 stellte der Senat in Aussicht, in ausgewählten Pilotprojekten mit einem Treuhandmodell neue Wege gegen den Wohnungsleerstand gehen zu wollen. Der rbb berichtete darüber. Es ging dabei um exakt dieselben Objekte wie in der aktuellen Ankündigung: ein Haus auf der Odenwaldstraße in Friedenau, eins auf der Kameruner Straße im Wedding, sowie ein Objekt an der Ecke Gardeschützenweg/Hindenburgdamm in Lichterfelde.

Getan hat sich seither wenig - alle drei Objekte stehen noch immer leer. Woran liegt das?

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Wie funktioniert das Treuhand-Modell?

Der rechtliche Rahmen für den Einsatz eines Treuhänders wurde bereits im Jahr 2018 geschaffen. Seit diesem Jahr gilt in Berlin ein verschärftes Zweckentfremdungsverbot-Gesetz, das den Bezirken den Einsatz von Treuhändern ermöglicht. Das Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum soll Wohnungen vor Zweckentfremdung durch Leerstand, Abriss und der Umwandlung in Gewerberaum und Ferienwohnungen schützen.

Vereinfacht gesagt handelt es sich beim Treuhandmodell um eine vorübergehende Enteignung. Nachdem ein Eigentümer auf die Aufforderung des Bezirksamts, Wohnräume wieder bewohnbar zu machen, nicht reagiert hat, kann das Bezirksamt einen Treuhänder einsetzen, zum Beispiel eine Wohnungsbaugesellschaft, einen Rechtsanwalt oder eine gemeinnützige GmbH.

Dieser Treuhänder handelt dann anstelle des Eigentümers: Er beauftragt Handwerker, gegebenenfalls Architekten, verwaltet das Grundstück – und das alles, um die Wohnungen wieder fit für die Vermietung zu machen. Alle Rechnungen muss der Treuhänder dem Eigentümer und dem Bezirksamt vorlegen.

Bezahlt der Eigentümer diese Rechnungen nicht in einer noch festzulegenden Frist, kann das Bezirksamt in Vorleistung gehen. Sobald die Wohnungen saniert sind, endet die Funktion des Treuhänders. Vermietet der Eigentümer die sanierten Wohnungen nicht, kann das Bezirksamt erneut einen Treuhänder einsetzen, der die Vermietung übernimmt.

Wieso wird das Mittel kaum angewendet?

Der Einsatz von Treuhändern ist ein scharfes Schwert der Verwaltung, denn es handelt sich um einen schweren Eingriff in die Eigentumsrechte. Das Mittel wird daher nie leichtfertig genutzt. Die Verwaltungen müssen auch mit Klagen rechnen - entsprechend brauchen die Bezirke Rechtssicherheit im Verfahren.

Offiziell ist der Einsatz von Treuhändern ausschließlich Sache der Bezirke selbst. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird nicht müde, das immer wieder zu betonen. Die Bezirke aber haben kaum Geld und viel zu wenig Personal, um sich intensiv um die leerstehenden Häuser zu kümmern.

Vor einem Jahr nahm daher der damals neue Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) das Thema auf seinen Tisch und traf mit den drei Bezirken und mit der Finanzverwaltung Verabredungen. Die drei genannten Häuser werden daher nun als Pilotprojekte des "Treuhändermodells" durchgezogen; der Senat unterstützt mit Geld (etwa bei möglichen Prozesskosten), Know-How und gegebenenfalls auch mit Personal.

"Sollte ein Bezirk ein entsprechendes Pilotverfahren anstreben, werden die zuständigen Senatsverwaltungen unterstützen und aus den dann generierten praktischen Erfahrungen soweit möglich allgemeine Handlungshilfen für weitere Treuhändereinsätze ableiten", heißt es in einem Schreiben vom Dezember 2022, das dem rbb vorliegt.

Doch auch bei diesen drei Pilotprojekten ergeben sich praktische Probleme im Verfahren.

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Beispiel Odenwaldstraße: Kein Mitwirken durch die Eigentümerin

Sowohl die Senatsverwaltung als auch die zuständigen Bezirke betonen auf Anfrage, dass durch fehlende Mitwirkung der Eigentümer das Treuhänder-Verfahren immer wieder verzögert würde.

Das zeigt sich unter anderem am Beispiel des Hauses in der Odenwaldstraße in Friedenau. Das zuständige Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hatte die Eigentümerin hier bereits im Januar 2021 aufgefordert, ein Gutachten zu den Mängeln in ihrem Haus vorzulegen. Es wurde zwar ein Jahr später - im Februar 2022 - vorgelegt, blieb jedoch weit hinter den Forderungen des Bezirksamtes zurück.

Im nächsten Schritt stellte der Bezirk im April 2023 der Eigentümerin eine erste "Instandssetzungsanordnung" zu. Sie wurde darin aufgefordert, die Gebäudehülle zu schützen und Gefahrenstellen im Inneren zu beseitigen. Die Eigentümerin hatte bis Ende September 2023 Zeit, der Anordnung nachzukommen - sie tat es nicht.

An diesem Punkt kommt nun der Einsatz eines Treuhänders als Zwangsmittel der Verwaltung infrage. Doch auch das geht nicht ohne Weiteres - zunächst müsse nämlich ein entsprechender Treuhandvertrag erarbeitet werden, der die Beauftragung regelt, heißt es.

"Dessen Erarbeitung hat sich leider aufgrund von Personalmangel und hoher Arbeitsbelastung erheblich verzögert", teilte die Bezirksstadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Eva Majewski (CDU), auf rbb-Anfrage mit. "Deshalb habe ich die Senatsverwaltung um Unterstützung gebeten, die mir von dort auch zugesagt wurde."

Sollte die Eigentümerin weiter untätig bleiben, wolle der Bezirk schließlich einen Treuhänder einsetzen. Die Frage des rbb, wann mit diesem Schritt zu rechnen sei, konnte Majewski nicht beantworten.

Beispiel Lichterfelde: Ersatzvornahme statt Treuhänder

Bei einem Mietertreffen am vergangenen Dienstag sagte Staatssekretär Stephan Machulik (SPD), das Haus im Gardeschützenweg in Steglitz werde das erste Treuhänder-Projekt sein - hier seien alle juristischen Fragen geklärt. Demnach könne das Treuhänderverfahren spätestens im Februar eingeleitet werden. Als Treuhänder würde eine städtische Wohnungsbaugesellschaft eingesetzt werden.

Gegenüber dem rbb hat nun aber der zuständige Steglitzer Stadtrat Tim Richter (CDU) deutlich gemacht, dass er ein anderes Vorgehen favorisiert, nämlich die sogenannte Ersatzvornahme durch den Bezirk. Er begründet das unter anderem mit "erheblichen Defiziten und Unklarheiten in den heute geltenden Regelungen" für den Fall eines Treuhänder-Einsatzes. Der Bezirk sei deshalb mit der Senatsverwaltung im Austausch.

Wie beim Beispiel Odenwaldstraße hatte der Bezirk auch den Eigentümer des Hauses im Gardeschützenweg in Lichterfelde aufgefordert, ein Gutachten über die erforderlichen Maßnahmen und Kosten einer Instandsetzung zu erstellen. Eine entsprechende Aufforderung erging Mitte 2023. Die Aufforderung blieb ebenso wie die Verhängung von Buß- und Zwangsgeld erfolglos.

Ohne eine Entscheidung über die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen kann der Bezirk jedoch keine Treuhänder einsetzen. Daher soll durch die Ersatzvornahme nun der Bezirk selbst aktiv werden, um ein entsprechendes Gutachten anzufertigen.

Das heißt: Der Bezirk selbst beauftragt einen Architekten oder Bauingenieur, um das Gutachten zu stellen. Er tritt in Vorleistung und kann die Kosten später beim Eigentümer in Rechnung stellen. Doch hier verweist der Bezirk auf offene Rechtsfragen. Die Unterstützung durch die zuständige Senatsverwaltung sei demnach "unabdingbar".

Das Verfahren scheint nun also eine weitere Runde zu drehen. Eine baldige Wiederbelebung des Hauses ist auch in Steglitz nicht in Sicht.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.01.2024, 13:30

Beitrag von Wolf Siebert und Jonas Wintermantel

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