Meinung | Bauernproteste
Auf den größeren Straßen in Brandenburg geht aufgrund der Bauernproteste wenig bis gar nichts. Es regiert die Wut der Landwirte auf die Ampel-Koalition. Doch auch Protest sollte Grenzen haben. Ein Kommentar von Andreas Oppermann
Demonstrations- und Versammlungsfreiheit gehören zu Recht zum Kern der unveräußerlichen Menschenrechte. Deshalb ist es auch legitim, wenn sich Bürger gegen Regierungshandeln zusammenschließen, um zu protestieren. Auch landesweiter Protest ist völlig in Ordnung.
Aber dennoch sollte es auch Grenzen geben. Demokratie verträgt auf Dauer keine Maßlosigkeit. Das, was von vielen Landwirten in den vergangenen Tagen zu hören war, ist aber maßlos.
Wenn die Bundesregierung einen Großteil des bekämpften Subventionsabbaus streicht, dann war die Ankündigung des Protests allein schon erfolgreich. Dann ist jetzt der Moment des Gesprächs und nicht der Steigerung des Protests.
Egal was man von der Kommunikationsfähigkeit der Bundesregierung hält, auch Protest muss verhältnismäßig sein. Egal ob man sie am liebsten los wäre oder doch noch darauf hofft, dass das ideologisch zerstrittene Bündnis in Schwung kommt. Und dass der Bundeskanzler endlich beginnt seine Politik zu erklären, für Verständnis zu werben und im Idealfall sogar zu überzeugen. Ansonsten delegitimiert er sich.
Das gilt auch für die Form. Warum haben Besitzer von riesigen Maschinen mehr Macht bei Versammlungen und Demonstrationen als der Normalbürger? In der geheizten Fahrerkabine eines Traktors die Zufahrt einer Autobahn zu sperren, ist im Kern feige und natürlich auch maßlos.
Wer mit vielen Traktoren und Lkw viele Autobahnen und Verkehrskreisel dicht machen kann, hat die Macht, uns allen die gewohnte Freiheit zu nehmen. Verkehrsstillstand ist ein Eingriff in die Freiheit von uns anderen, in die Gewerbefreiheit, in unser aller Freizügigkeit. Oder das Recht auf Bildung, wenn die Kinder nicht in die Schule gehen können.
Es ist also Zeit für Mäßigung. Wenn der Bauernverband dahin nicht zurückkehrt, sind auch alle Distanzierungen von rechtsradikalen Protest-Trittbrettfahrern obsolet. Denn so wie die Bauern auftreten, sind sie selbst militant. Wenn sie ihren Protest nicht absagen, eröffnen sie den noch militanteren die Chance im Schatten der Bauern ihre Umsturzphantasien auszuleben. Zum Schaden der Demokratie. Zu unser aller Schaden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 08.01.2024, 12:25 Uhr
Beitrag von Andreas Oppermann
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